Gesetzlich oder privat? Die richtige Krankenversicherung für Gründer – Gastbeitrag von Albert Gottelt

Für Unternehmensgründer (ohne Angestelltenverhältnis) und Selbständige entfällt im Gegensatz zu Angestellten bzw. Arbeitnehmern die gesetzliche Versicherungspflicht. Daher können sie frei wählen, ob sie einer gesetzlichen oder einer privaten Krankenkasse beitreten möchten. Beide Systeme […]

Für Unternehmensgründer (ohne Angestelltenverhältnis) und Selbständige entfällt im Gegensatz zu Angestellten bzw. Arbeitnehmern die gesetzliche Versicherungspflicht. Daher können sie frei wählen, ob sie einer gesetzlichen oder einer privaten Krankenkasse beitreten möchten. Beide Systeme bieten in Abhängigkeit individueller Umstände sowohl Vorteile als auch Nachteile. Daher sollten Gründer bei der Entscheidung unbedingt verschiedene Faktoren beachten.* Denn: Die Wahl der Krankenversicherung ist oftmals eine Entscheidung fürs Leben.

Gesetzlich oder privat? Vor- und Nachteile im Überblick

In der privaten Krankenversicherung (PKV) ist der Beitrag einkommensunabhängig und richtet sich – je nach Alter und Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Antragstellung – nach den jeweils gewählten Tarifen und Leistungen. Diese bleiben ein Leben lang konstant. Anders bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Für gesetzlich Versicherte sind die Leistungen nahezu unkalkulierbar. Wenn das Budget aus dem Gesundheitsfonds zur Finanzierung der Krankenkassen nicht mehr ausreicht, muss der gesetzlich Versicherte jederzeit mit Leistungskürzungen rechnen.

Vor der Entscheidung sollten folgende Kriterien berücksichtigt werden, die sowohl die aktuelle Lebenssituation, als auch die künftige Lebensplanung betreffen:

– Alter bei Versicherungsbeginn
– Geschlecht
– Gesundheitszustand bei Versicherungsbeginn
– Einkommen
– Familienplanung

Mit zunehmendem Alter wird die private Krankenversicherung unattraktiver, da Beiträge selbst beim Einstieg höher ausfallen. Solange noch keine “Unisex-Tarife” angeboten werden (ab Ende 2012 Pflicht), zahlen Männer in der privaten Krankenversicherung weniger, da sie eine kürzere statistische Lebenserwartung haben als Frauen.

Vorteile der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für Existenzgründer

Grundsätzlich lohnt die gesetzliche Krankenversicherung für:

– Ehepartner mit Kindern
– Interessenten mit Kinderwunsch
– Personengruppen mit Vorerkrankungen
– chronisch Kranke

Da die GKV die Möglichkeit einer kostenfreien Familienversicherung bietet, sind Ehepartner mit Kindern oder Selbständige, die Kinder in ihrer Familienplanung nicht ausschließen, mit der gesetzlichen Alternative meist besser beraten. Dagegen ist die Familienversicherung in der privaten Krankenversicherung nicht kostenlos: Für Kinder werden eigene PKV Tarife abgeschlossen.

Während Interessenten der privaten Krankenversicherung außerdem aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustandes abgewiesen werden können, greift in der gesetzlichen Krankenversicherung das Solidarprinzip: Jeder wird aufgenommen und zahlt einen am Einkommen orientierten Beitrag. Bei einem zugrunde liegenden Mindesteinkommen von 1.916,25 Euro monatlich können Selbständige zudem zwischen allgemeinem (Krankengeld ab 43.Tag), reduziertem (kein Krankentagegeld) und erhöhtem Beitragssatz (Krankentagegeld ab 22.Tag) wählen. Dennoch müssen Selbständige und Existenzgründer auch einige Aufnahmebedingungen erfüllen.

Formale Voraussetzungen für einen Eintritt in eine gesetzliche Krankenkasse:

– Der Interessent muss in den letzten fünf Jahren vor Eintritt in die Selbständigkeit 24 Monate versichert gewesen sein oder
– eine 12 Monate andauernde gesetzliche Krankenversicherung unmittelbar vor der Selbständigkeit nachweisen.
– Die Anmeldung in der gesetzlichen Krankenversicherung als freiwillig versicherter Existenzgründer muss innerhalb von drei Monaten nach der Unternehmensgründung erfolgen.

Vorteile der privaten Krankenversicherung für Selbständige

Die private Krankenversicherung ist besonders für Existenzgründer in folgenden Lebenslagen lohnenswert:

– junges Alter bei Versicherungsbeginn
– guter Gesundheitszustand (kein Vorliegen von Vor- oder chronischen Erkrankungen)
– ledige Personengruppen ohne Kinder oder Kinderwunsch
– Personengruppen mit einem vergleichsweise hohen Einkommen

Personen, die sich selbständig machen bzw. ein Unternehmen gründen wollen, bezahlen in der PKV häufig günstigere Beiträge als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Außerdem erhalten sie am individuellen Bedarf orientierte Leistungen. Zudem gilt: Je höher das Einkommen, desto attraktiver ist die private Krankenversicherung als Alternative. Da in der GKV bei steigendem Einkommen auch die Beiträge steigen, sind Topverdiener mit einer privaten Krankenkasse meist auf der sicheren Seite.

Doch eine Entscheidung für eine private Krankenversicherung birgt auch immer finanzielle Risiken: Im Gegensatz zu Beamten sind Existenzgründer und Selbständige nicht beihilfeberechtigt und auch ihr Einkommen ist langfristig nicht sicher. Brechen die Einnahmen einmal ein, bleibt meist nur noch ein Wechsel in einen anderen Tarif mit weniger Leistungen. Denn zurück in die gesetzliche Krankenversicherung können Selbständige nur, wenn sie wieder in ein Angestelltenverhältnis wechseln. Ab einem Alter von 55 Jahren ist ein Wechsel zurück dann schließlich beinahe unmöglich.

Fazit:
Wer den Schritt in die Existenzgründung wagt, sollte sich intensiv mit der Wahl der Krankenversicherung beschäftigen. Bis auf einige Ausnahmen haben Selbständige die freie Wahl zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse oder der privaten Krankenversicherung. Welches der beiden Systeme die bessere Wahl ist, hängt maßgeblich von individuellen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand ab. Wer jung und gesund ist und keine Kinder hat, sollte die private Krankenversicherung für sich prüfen. Die gesetzliche Krankenversicherung eignet sich vor allem für Familien und Personen mit Vorerkrankungen.

* Anmerkung: Eine Ausnahme bilden freischaffende Künstler und Publizisten. Sie sollten sich bei der Künstlersozialkasse (KSK) anmelden, um auch als Selbständige nur den Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung selbst zu zahlen. Künstler und Publizisten sind dann meist gesetzlich versichert. Ein Wechsel in die private Krankenversicherung ist dennoch möglich, wenn die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) bzw. die Versicherungspflichtgrenze (2011: 49.500 Euro) für mindestens ein Jahr überschritten war. Berufsanfänger haben über die KSK ebenfalls die Möglichkeit, in die private Krankenversicherung zu wechseln.

Zur Person
Albert Gottelt ist Chefredakteur beim Verbraucherportal 1A Krankenversicherung (www.1a.net), das seit 2003 Infos, Ratgeber und Nachrichten zur Krankenversicherung in Deutschland bietet. Im Fokus stehen dabei gesetzliche Krankenkassen, deren Zusatzbeiträge und der verstärkte Kassen-Wettbewerb. Weitere Schwerpunkte sind die private Krankenversicherung sowie aktuelle Entwicklungen und Trends im Gesundheitswesen.