Absicherung im Freundeskreis: friendsurance definiert Versicherungen neu
Früher, als bekanntlich alles besser war, wandte man sich mit Problemen an die Großfamilie (sofern man eine hatte). Wo dieser Schutz nicht mehr gegeben ist, braucht es Versicherungen. Das Start-up friendsurance (www.friendsurance.de) tritt mit einem neuen und ungewöhnlichen Versicherungskonzept an, das ein bisschen an frühere Zeiten erinnert: “mehr Freunde = weniger Versicherung”. Die Idee: Menschen vernetzen sich mit vertrauenswürdigen Bekannten und springen bei Bagatellschäden mit einer vorher festgelegten Summe ein. Durch diese Privat-Absicherung können die Beteiligten bis zu 70 % ihrer Versicherungsgebühren einsparen. Die mutige Geschäftsidee könnte höchstens am Wahrheitsgehalt des Sprichtwortes “Bei Geld hört die Freundschaft auf” scheitern.
Nur Menschen, denen man vertraut, dürfen ins eigene Versicherungsnetzwerk, das man zum Beispiel über Facebook aufbaut. “Je mehr Freunde man im Sicherheitsnetz hat, um so günstiger wird die Versicherung”, erklärt Mitgründer Tim Kunde – und zwar für alle Beteiligten. Die Mitglieder verpflichten sich schriftlich, bei Schäden mit einem festgelegten Betrag (z.B. 20 Euro) wechselseitig aufzukommen. Der Service betrifft die Bereiche Hausrat-, Haftpflicht- und Rechtsschutz. Auch die Absicherung von Fahrrädern ist möglich, weitere Versicherungsarten folgen im Laufe des Jahres. Durch den Freundesschutz können die beteiligten Versicherungen sehr viel günstigere Konditionen anbieten, da sie vielfältig entlastet werden: Sie müssen weniger Schadensleistungen erbringen, haben geringere Verwaltungsgebühren dank fehlender Bagatellschäden und sitzen weniger Versicherungsbetrüger auf. Denn, so die Annahme: Sobald Freunde mit im Spiel sind, überlegen sich Menschen zweimal, ob sie ein linkes Ding drehen. Wird ein Schadensbetrag nicht ausreichend vom Netzwerk abgedeckt, springt die Versicherung mit ein – der Versicherungsschutz bleibt also bestehen.
Das Konzept lebt von der Rechnung, dass Mitglieder trotz punktueller Selbstbeteiligungen günstiger wegkommen, als wenn sie regelmäßig teure Versicherungsprämien bezahlen. Es geht um eine Mischkalkulation: Existenzielle Absicherungen bleiben in der Hand von Versicherungen. Für die kleinen Missgeschicke im Alltag ist der Freundeskreis eine kostengünstigere Möglichkeit der Absicherung. Damit kombiniert friendsurance die Vorteile herkömmlicher Versicherungen mit den Vorzügen eines sozialen Netzwerkes. In genau dieser Vermischung liegt sowohl das Potential als auch die Gefahr des Ganzen – ähnlich wie bei der Idee, Geld für Produktempfehlungen im Freundeskreis zu bekommen. Manche Menschen werden ein schlechtes Gefühl dabei haben, den Freundeskreis mit einem eigenen Schaden zu belasten. Andere werden den Dienst vielleicht zu häufig an Anspruch nehmen und damit bei den anderen das Gefühl von Ungerechtigkeit hervorrufen. Zwar kann man Schmarotzer oder Drückeberger aus dem Netzwerk ausschließen. Aber inwiefern das möglich ist, ohne dass es der bisherigen Freundschaft Abbruch tut, sei dahingestellt. Trotzdem: Die Idee der fünf Gründer Tim Kunde, Sebastian Herfurth, Sebastian Beuster, Kay Bucksch und Janis Meyer-Plath ist mutig und innovativ. Auf erste Erfahrungsberichte darf man gespannt sein.
Verschiedene Start-ups mit sozialem Touch
Überhaupt scheint sich in der deutschen Start-up Szene ein Bereich zu etablieren, in dem es um fast vergessene Tugenden wie gegenseitiges Absichern, teilen, ausleihen und füreinander Dasein geht – natürlich nicht, ohne auch selbst etwas davon zu haben (abgesehen vom Sozialfaktor)! So kann man über tamyca (www.tamyca.de) sein Auto in der Nachbarschaft verleihen oder über frents (www.frents.com) sämtliche Gegenstände wie Bücher, Beamer, Fahrräder – gelebte Nachbarschaftshilfe! Bei Placeboard (www.placeboard.com) finden Nutzer ein virtuelles Schwarzes Brett, an das sie Belange “pinnen”, die Menschen des eigenen Stadtteils oder sogar der eigenen Straße betreffen – Lokalbezug in den Weiten des Internets. Die Möglichkeiten des Web sorgen also nicht nur für soziale Verarmung sondern machen die Welt auch hier und da sozialer.
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