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Doubledeck: Die mehrdimensionale Investorenverhandlung
Tatsächlich schien dem Doubledeck-Gründer Andreas Kramer, der ein neuartiges Snowboard entwickelt hat, welches das Erlernen des Snowboardens deutlich erleichtern soll und den Fahrspaß erhöhen soll, schon klar zu sein, dass es keine ganz einfache Verhandlung werden wird.
Sein Startgebot von 500.000 € für 5% seiner Unternehmensanteile löste bei den Löwen schon ein paar überraschte Reaktionen aus, doch sein Produkt kann bald überzeugen. Vor allem der Vergleich mit dem Carving-Ski, der zu seiner Zeit den Markt der Skier revolutioniert hat, macht schon früh deutlich, wo er mit seinem Unternehmen hin will.
Auch mit weiteren Argumenten spart er nicht: ein sehr prominenter Snowboarder ist von seiner Entwicklung überzeugt und konnte bereits als Testimonial gewonnen werden, gleich drei Technologien wurden für das Board patentiert, die Marge ist gut und in nur 2 Monaten wurden bereits 100.000 € mit ersten Verkäufen umgesetzt.
Im Weiteren Verlauf wird er seine Expertise als Board-Entwickler noch mit seinem Werdegang untermauern und eine spannende Umsatz-Prognose von satten 10 Millionen Euro auf Basis seiner aktuellen Sales-Pipeline und bereits beginnender Internationalisierung geben.
Ein Traum-Gründer eigentlich, allerdings steigen bald die ersten Löwen aus, weil es einfach nicht ihr Thema ist. Natürlich gibt es dieses Risiko immer, denn gerade privaten Investoren steht es natürlich frei, nur in Dinge zu investieren, für die sie wirklich brennen. So lässt sich leicht Tillman Schulz’ Ausstieg erklären, der ein überzeugter Ski-Fahrer ist, mit Snowboarden aber nichts anfangen kann. Leider handeln auch oft Vertreter institutioneller Investoren so, obwohl das oft nicht im Sinne ihres Arbeitgebers ist.
Strategische Investoren dagegen müssen helfen können und zum Beispiel passende Kontakte oder Absatz-Kanäle bieten können, damit ein Investment für sie Sinn macht.
So sind schließlich fast alle Löwen ausgestiegen bis auf Nils Glagau.
Der ist jedoch sowohl dem Snowboarden zugeneigt als auch dem Geschäftsmodell. Denn er glaubt tatsächlich daran, dass das Doubledeck-Snowboard den gleichen Effekt auf seinem Markt erzielen kann wie der Carving-Ski seinerzeit und eine komplette Revolution einleiten könnte.
Doch mit der Bewertung, zu der er investieren soll, tut der Orthomol-Chef sich schwer. Bei satten 10 Millionen Post-Money-Bewertung will er noch einmal nachverhandeln und macht dem Gründer klar, dass er ihm schon über 10% bieten muss, wenn sein Einstieg realisiert werden soll.
Offensichtlich ist Gründer Andreas von dem Gegenangebot nicht allzu angetan, aber am Löwen selbst interessiert. Doch anstatt wie so viele andere Startups nun um die Prozente zu feilschen, hat er verstanden, dass dem Löwen die Höhe der Anteile wichtig ist und diese wahrscheinlich nicht weiter verhandelbar.
Doch er ist sich bewusst, dass es noch andere Stellschrauben gibt als die reine Beteiligung am Unternehmen, und dieses Wissen nutzt er.
Zunächst fragt er, ob Nils Glagau bereit wäre, die Investmentsumme zu erhöhen, was der Löwe jedoch verneint.
Trotzdem war das ein überaus kluger Schachzug, gerade in der Höhle. Denn die Löwen argumentieren hier sehr häufig, dass sie eine gewissen Anzahl an Anteilen am Unternehmen brauchen, damit es für sie Sinn macht, sich überhaupt so stark zu engagieren. In diesem Fall ist es nicht sinnvoll, um Anteilshöhen zu verhandeln, aber über die Investmentsumme lässt sich eben auch die Bewertung wieder nach oben korrigieren. Und in der Vergangenheit waren entsprechende Versuche schon oft erfolgreich.
Da das in diesem Fall jedoch nicht geklappt hat, zieht sich Gründer Andreas für ein beratendes Gespräch mit seiner Frau zurück, und kommt mit einem weiteren Vorschlag zurück in die Höhle: Der Festlegung von Meilensteinen für Investor Nils Glagau.
Hierbei gibt es einen gewissen Start-Deal, der Löwe kann sich aber weitere Unternehmensanteile durch Erfüllung vorher definierter Ziele “hinzuverdienen”. So würde sich die Bewertung im Nachhinein noch verringern, wenn er denn erfüllt, was er dem Startup versprochen hat.
Das lässt sich jedoch nur in den Fällen anwenden, in denen ein Investor eben auch mit seinem Mehrwert jenseits des Geldes eine geringere Bewertung argumentiert, dann ist es aber eine prima Vorlage, um auch dem Investor ein gewisses Commitment abzuverlangen.
Im Fall von Doubledeck musste die genaue Konstellation noch ein wenig verhandelt werden, schließlich einigte man sich aber auf einen Start-Deal von 500.000 € für 10% und weitere 12,5% bei Erfüllung bestimmter Meilensteine durch Nils Glagau.
Der Gründer bezog also neben den reinen Unternehmensanteilen auch die Investmenthöhe und Meilensteine für den Investor in die Verhandlung mit ein.
Weitere Stellschrauben sind auch die zusätzliche Bereitstellung von Kreditlinien wie zum Beispiel Working Capital für die Vorproduktion von Produkten oder die Vereinbarung von gewissen Auszahlungen an die Investoren – z.B. in Form von Revenue Shares pro verkauften Produkt.
Und selbst hier sind – je nach Investorentyp – die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. Gerade wenn man also das Gefühl hat, dass es gut mit einem Investor passen könnte, gilt es, einmal außerhalb des gewohnten Rahmens zu denken. Denn oft geht es auch Investoren nicht rein um die Bewertung. Wenn man dagegen versteht, worum es ihnen wirklich geht, kann man mit etwas Kreativität oft Lösungen finden, mit denen beide sehr gut leben können – und so ein Investment realisieren, das sonst wohl nicht geklappt hätte.
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