#Gastbeitrag

So unterscheiden sich US-amerikanische und europäische Investoren

Zwischen US-amerikanischen und europäischen Geldgebern kann es immense Unterschiede geben: Mindset, „Silicon Valley-Kapitalismus“ vs. „soziale Marktwirtschaft“, andere Erwartungshaltungen – es gibt viele Faktoren, die eine Investoren-Startup-Beziehung beeinflussen.
So unterscheiden sich US-amerikanische und europäische Investoren
Donnerstag, 5. September 2024VonTeam

Im dynamischen Umfeld des Risikokapitals stehen Startup-Gründer vor wichtigen Entscheidungen hinsichtlich ihrer Investitionsquellen. Vor allem zwischen US-amerikanischen und europäischen Geldgebern und Venture Capital-Gesellschaften kann es immense Unterschiede geben: Mindset, “Silicon Valley-Kapitalismus” vs. “soziale Marktwirtschaft”, andere Erwartungshaltungen – es gibt viele Faktoren, die eine gute Investoren-Startup-Beziehung beeinflussen. Gründer sollten sich deshalb vor ihren Finanzierungsrunden gut überlegen, für welchen Investorentyp sie sich entscheiden. Sowohl US-amerikanische als auch europäische Investoren haben unterschiedliche Vorteile, die man bei so einer wichtigen Entscheidung abwägen sollte:

US-Investoren: High Risks, High Rewards

  1. Große Fonds und große Einsätze: US-Investoren verwalten in der Regel größere Fonds, oft im Bereich von Hunderten von Millionen Dollar. So können sie höhere Investitionen tätigen, in der Regel zwischen 10 und 20 Millionen Dollar, und sie sind eher bereit, Unternehmen höher zu bewerten und entsprechende hohe Summen zur Verfügung zu stellen. Amerikanische Investoren gehen mehr ins Risiko. Sie wollen das nächste Unicorn im Portfolio haben, das ihren Fonds zurückzahlt. Sie drängen auf hohe Wachstumsraten bei hohen Burnrates. Gelingt das bei einer von zehn Investitionen, reicht das für einen performanten Fonds aus. Das bedeutet allerdings auch: Startups, die es nicht zum Unicorn schaffen, fallen schnell aus der Gunst der Investoren. Folgerunden sind dann, wenn überhaupt, nur zu schlechteren Konditionen (Downrounds) möglich.
  2. Marktanerkennung und Zugang zu Talenten: Eine Investition von einem prominenten US-Fonds kann sofortige Marktanerkennung in den USA bringen. Diese Sichtbarkeit kann Türen zu weiteren Finanzierungsrunden öffnen und Top-Talente anziehen, insbesondere in den USA, wo ein bekannter Investor auf der Liste der Anteilseigner starkes Überzeugungsargument für die Rekrutierung erfahrener Fachleute sein kann.
  3. Expertise und Ressourcen: US-Investoren bringen oft eine Fülle von Fachwissen mit, insbesondere im Skalieren von Unternehmen im US-Markt. Für Startups, die aggressiv expandieren und globaler Marktführer werden möchten, kann diese Erfahrung von unschätzbarem Wert sein.

Europäische Investoren: Stetiges Wachstum und nachhaltige Unterstützung

  1. Ausgewogenes Risikomanagement: Mit einem Fokus auf nachhaltiges Wachstum investieren europäische Investoren typischerweise Beträge, die mit der aktuellen Kapazität des Startups zur Expansion im Einklang stehen, ohne sich zu überfordern. So reduziert sich das Risiko, dass Startups zu schnell Kapital verbrauchen und erhöhte Erwartungen nicht erfüllen können.
  2. Breiter Portfolioansatz: Europäische Investoren setzen darauf, dass sich ihr Portfolio in der Breite entwickelt. Ihre Strategie zielt darauf ab, die Fondsperformance nicht von einem Unicorn abhängig zu machen, sondern vielmehr darauf, die Fondsrendite über eine breitere Basis von Investitionen sicherzustellen. Dieser vorsichtigere Ansatz bedeutet, dass sie eher für den Erfolg jedes Portfolio-Unternehmens kämpfen, um es zu einem nachhaltigen und profitablen Unternehmen zu machen. Damit bieten europäische Investitionspartner Startups vergleichsweise mehr Sicherheit und stetige Unterstützung. 
  3. Langfristiges Engagement: Europäische Venture Fonds und sind weniger geneigt, Unternehmen aufzugeben, die nicht sofort aggressive Wachstumsziele erreichen. Sie bieten kontinuierliche Unterstützung, sind Meilenstein-orientiert und arbeiten eng mit Startups zusammen. Gemeinsam können Gründer mit ihren Investitionspartnern Herausforderungen bewältigen und Wachstumsstrategien über einen längeren Zeitraum optimieren.

Implikationen für Startup-Gründer und ihre Firmen

Für Startup-Gründer hängt die Wahl zwischen europäischen und US-Investoren von mehreren Faktoren ab, beispielsweise Wachstumsstadium, Marktstrategie und Risikobereitschaft.

  1. Early Stage-Investment: In einer Seed- oder Serie-A-Phase könnte ein europäischer Investor besser geeignet sein. Ein solcher Partner kann einen vorsichtigen, unterstützenden Ansatz bieten, der gut zur Trial-and-Error-Natur des Wachstums in der Frühphase passt. Die Stabilität und die praxisorientierte Unterstützung können für Erstgründer, die ihre Geschäftsmodelle noch verfeinern, entscheidend sein.
  2. Growth Stage: Wenn Startups reifen und solide Wachstumsraten vorweisen können, kann es von Vorteil sein, einen US-amerikanischen Investor als Partner mit einzubeziehen. Zu diesem Zeitpunkt sind Startups besser positioniert, um größere Investitionen zu managen. Gleichzeitig können sie die Expertise und Netzwerke der US-Investoren nutzen, um schnell zu skalieren und neue Märkte zu erschließen.
  3. Strategischer Fit: Letztendlich ist der beste Investor jemand, der an die Mission des Startups glaubt und die richtige Mischung aus Kapital, Fachwissen und Unterstützung bieten kann. 

Zusammenfassend bieten sowohl europäische als auch US-amerikanische Investoren einzigartige Vorteile. Gründer sollten ihre spezifischen Bedürfnisse, das Wachstumsstadium und ihre Marktstrategie berücksichtigen, um den Investor auszuwählen, der am besten zu ihrer langfristigen Vision passt.

Über den Autor
Wolfgang Krause, Managing Partner bei
Hi Inov, verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den Bereichen Unternehmertum, Investitionen und Geschäftsentwicklung. Er leitet das Deutschlandgeschäft von Hi Inov und hat in Frankreich, Großbritannien und den USA gelebt und gearbeitet. Wolfgang hält einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Universität München.

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Foto (oben): Shutterstock