#Gastbeitrag
Universitäten müssen zu Ideen-Schmieden werden
Neben dem Mittelstand gewinnen auch Startups immer mehr an Wichtigkeit für die deutsche Wirtschaft, denn sie stehen für Innovation, Fortschritt und Unternehmergeist. Als Standort mit einer starken Forschungsinfrastruktur liegt es nahe, den Wissenstransfer aus den Universitäten in Business Cases zu befördern. Welche Besonderheiten diese Gründungen vereint und welchen Stellenwert sie in der Startup-Landschaft einnehmen, erklärt dieser Gastbeitrag.
Startups sind ein wichtiger Motor für die deutsche Wirtschaft, der Innovationen vorantreibt und zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Daher wird ihre Rolle von Politik und Wirtschaft zunehmend anerkannt und gefördert. Durch frische Ideen und Perspektiven, gerade auch in traditionellen Branchen, fördern sie den technologischen Fortschritt und sind ein wichtiger Treiber in Sachen digitale Transformation.
Laut des Deutschen Start-Up Monitors 2023 ist die Startup-Landschaft stark akademisch geprägt. So haben 84,5 Prozent der Gründer:innen einen akademischen Abschluss, knapp ein Drittel sogar auf Master-Niveau und höher – 87,6 Prozent der akademischen Founder haben diesen Abschluss in Deutschland erworben. So werden auch die Nähe zu Universitäten (75,6 %) und das Netzwerk zu anderen Startup-Gründer:innen (70,5 %) als wichtigste Faktoren innerhalb des deutschen Startup-Ökosystems bewertet. Diese Zahlen spiegeln, welch große Bedeutung Hochschulen als Schnittstelle zwischen Innovation und Unternehmertum zukommt. Da überrascht es kaum, dass an zahlreichen Universitäten – allen voran Top 9 der von Founder:innen besuchten Hochschulen – versuchen, ein optimales Umfeld für Neugründungen zu schaffen.
Was sind Startup-Inkubatoren?
Zunächst einmal sind Hochschulen natürlich für die Ausbildung von potenziellen Gründer:innen wichtig, die im Optimalfall durch den Austausch mit Gleichgesinnten mit der Entwicklung innovativer Ideen einhergeht. Die Rolle von Universitäten hat sich durch die Etablierung sogenannter Startup-Inkubatoren jedoch stark gewandelt und geht heute weit über die Lehre und Forschung hinaus.
Das Wort “Inkubator” kommt ursprünglich aus der Biologie und stellt eine Art Brutkasten dar, der das Heranwachsen befördert. Startup-Inkubatoren sind demnach Organisationen oder Programme, die versuchen optimale Bedingungen für Startups zu schaffen. Sie dienen dazu, angehende Unternehmer:innen und ihre Startups in den frühen Phasen der Unternehmensgründung zu unterstützen, zu fördern und zu beschleunigen. Beispiele sind die TUM Venture Labs und die UnternehmerTUM der Technischen Universität München oder das Center for Entrepreneurship der Technischen Universität Berlin. Diese Inkubatoren bieten in der Regel eine Vielzahl von Ressourcen, Dienstleistungen und Infrastrukturen, um den Gründer:innen zu helfen, ihre Geschäftsideen zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen. Hier sind einige der Merkmale und Angebote von Startup-Inkubatoren:
- Beratung und Mentoring: Austausch mit erfahrenen Mentor:innen und Berater:innen, die den Gründer:innen bei verschiedenen Aspekten der Unternehmensführung, wie Geschäftsmodellentwicklung, Markteintrittsstrategien, Produktentwicklung und Finanzplanung, unterstützen
- Räumlichkeiten und Infrastruktur: Günstige oder kostenlose Büroflächen, Arbeitsplätze und Meetingräume für eine professionelle Arbeitsumgebung
- Bildungs- und Schulungsprogramme: Fortbildungsangebote, um fachübergreifendes Wissen wie das Unternehmer-Einmaleins zu vermitteln
- Zugang zu Netzwerken und Ressourcen: Zugang zu wertvollen Ressourcen, Partnerschaften und Geschäftsmöglichkeiten durch Verbindungen zu Industrieexpert:innen, Investor:innen, potenziellen Kunden und anderen wichtigen Akteuren
- Finanzierung und Kapital: Unterstützung und Beratung bei Finanzierungsmöglichkeiten und -anträgen oder beim Pitchen vor potenziellen Investor:innen
Inkubator ist nicht gleich Inkubator
So wie die Universitäten sich voneinander unterscheiden, differenzieren sich auch die akademischen Inkubatoren in ihrer Ausrichtung und ihren Angeboten. Der forschungsbasierte Inkubator TUM Venture Labs Heilbronn ist ein Projekt der TUM Venture Labs Management gGmbH, der TUM und der UnternehmerTUM, unterstützt durch die Campus Founders gGmbH und hat sich auf die Bereiche Künstliche Intelligenz (KI) und Software fokussiert. Hier bietet er Zugang zu Spitzenforschung, zur notwendigen technischen Infrastruktur, zu Marktexpertise sowie zu intensiven Vernetzungsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen Branche. Außerdem basiert das Heilbronner Erfolgsrezept auf drei Säulen:
1) die Nähe zur Universität und der starken Fokussierung auf die Herausforderung “Vom Forscher zum Unternehmer”
2) die Spezialisierung auf das Technologiefeld “KI und Software” in Heilbronn (bzw. Vernetzung von 12 Labs mit unterschiedlichen Technologiefeldern an verschiedenen Standorten)
3) die Betreuung über den ganzen Startup-Lebenszyklus von der Idee bis zur erfolgreichen Skalierung
Fast jedes zweite Startup hat in der Vergangenheit Unterstützung durch eine Hochschule oder Forschungseinrichtung erhalten 90,6 Prozent bewerten dieses Angebot als positiv, besonders hervorgehoben wird der Support von Professor:innen als wichtiger Erfolgsfaktor. Das verdeutlich einmal mehr, dass die Vermittlung zwischen Wissenschaft und unternehmerischer Praxis einer der wichtigsten Hebel zur Förderung innovativen Unternehmertums ist und viele deutsche Universitäten hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Welche besonderen Bedürfnisse haben forschungsgestützte Startups?
In welchen Bereichen Startups Unterstützung benötigen, ist stark abhängig vom Unternehmenstyp und der Branche – von der Verwertung von Forschungsergebnissen bis hin zur Nutzung von Infrastruktur. Doch wenn man die Bedürfnisse forschungsgestützter Startups im Vergleich zu anderen Gründungen betrachtet, lassen sich einige Parameter aufstellen, die typisch für Uni-Founder:innen zu sein scheinen:
- Es besteht ein hoher Bedarf an domänenspezifischer Unterstützung, da die Themen oft eine große Komplexität aufweisen und diese durch das allgemeine Unternehmer-Einmaleins nicht abgedeckt werden. Das spricht für eine starke Spezialisierung von Inkubatoren, wie es die TUM Venture Labs beispielsweise vorleben: 12 Labs mit 12 verschiedenen Schwerpunkten von KI und Software, Healthcare und Aerospace über Quantum-Technologien, Robotics und Mobilität bis hin zu additiver Fertigung.
- Oft benötigen forschungsbasierte Startups länger, um an den Markt zu gehen, als “herkömmliche” Startups. Daher ist ein kompaktes drei-monatiges Inkubator-Programm zu kurz gegriffen. Es braucht eine Möglichkeit, die Startups über den ganzen Lebenszyklus zu unterstützen, von erster Idee bis zur erfolgreichen Skalierung.
- Inkubatoren müssen als Organisation angelegt sein, um interdisziplinäre Verschränkungen wie KI in Healthcare oder Sustainability in Aerospace abdecken zu können. Ein Inkubator an jeder Fakultät, der eigenständig agiert, wird den Anforderungen nicht gerecht – es muss Schnittstellen, Synergien und Kooperationen zwischen den verschiedenen Fachbereichen geben.
Fazit
Startup-Inkubatoren und deutsche Universitäten nehmen eine wichtige Funktion als Schnittstelle zwischen Ausbildung und Unternehmertum ein und haben sich in den letzten Jahren stark professionalisiert. Das spiegelt sich in der positiven Bewertung von Gründer:innen. Im internationalen Vergleich – mit Blick auf Stanford, Oxford oder Cambridge – besteht noch viel Potenzial, beispielsweise in Hinblick auf eine engere Anbindung an die etablierte Wirtschaft und das Finanzierungsökosystem. Hier liegt eine große Chance für junge Institutionen wie dem TUM Campus Heilbronn, die in ihrer Ausrichtung praxisnäher sind und einen engen Austausch mit der regionalen Wirtschaft pflegen.
Über den Autor
Jan Mittendorf von den TUM Venture Labs am TUM Campus Heilbronn.
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