#Interview
“Die Klimapolitik hat wieder viel Unsicherheit verursacht”
Das Hamburger Startup vilisto, 2016 von Christoph Berger, Lasse Stehnken und Christian Brase gegründet, kümmert sich um die “Entwicklung von intelligenten Heizlösungen”. SET Ventures, E.R. Capital Holding und Altinvestoren investierten zuletzt 5 Millionen Euro in das Unternehmen. Zuvor flossen bereits rund 3,5 Millionen in das Unternehmen – unter anderem von KIC InnoEnergy. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Gründer Christoph Berger einmal ausführlich über das kürzlich abgelaufene Jahr.
2023 ist gerade rum. Was war das Highlight im vergangenen Jahr bei Euch?
Ungewöhnlicherweise waren in 2023 die Sommermonate sehr aufregend für uns. Ungewöhnlich ist das, weil unsere Lösung – ein digitales Wärmemanagement für Nichtwohngebäude, um automatisiert Heizenergie einzusparen – naturgemäß eigentlich während der Heizperiode im Winter Hochphase hat. Aber im vergangenen Jahr gab es im Sommer zwei großartige Erlebnisse für uns. Zum einen haben wir im Mai unseren siebten Geburtstag mit über 200 geladenen Gäst*innen im Hamburger Millerntor-Stadion gefeiert. Im Juli folgte dann eine Series-A-Finanzierung in Höhe von fünf Millionen Euro – und damit verbunden ein starkes Mitarbeitendenwachstum und die Weiterentwicklung unserer Energiesparlösung. Dadurch haben wir uns in 2023 fast verdoppelt und suchen auch jetzt noch nach Talenten, die mit uns die Energiewende vorantreiben wollen.
Und was lief 2023 bei Euch überhaupt nicht rund?
Die Klimapolitik hat zu Jahresende wieder viel Unsicherheit verursacht. Zunächst sah es so aus, als käme durch die Verabschiedung des Energieeffizienzgesetzes im September 2023 endlich Bewegung und rechtliche Klarheit zu Klimaschutzbemühung in Unternehmen und der Öffentlichen Hand. Doch im Dezember folgte wieder Ernüchterung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimatransformationsfonds und der darauffolgenden Haushaltssperre. Das hat auch bei unseren Kund*innen zu Bedenken bezüglich der Finanzierung und Förderung ihrer Klimaschutzprojekte geführt. Glücklicherweise ist unsere geringinvestive Maßnahme nicht direkt betroffen und die BEG (Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude) wurde nicht sofort gestoppt, sondern lief bis Ende des Jahres weiter. Doch die angekündigte Erhöhung der Förderung in 2024 wird es nicht geben. Das ärgert uns natürlich, weil uns allen die Zeit davonläuft. Deutschlands Klimaziele sind klar, doch obwohl der Gebäudesektor seit Jahren seine Zwischenziele reißt, hängen Unternehmen und öffentliche Gebäude beim Thema Energieeffizienz hinterher.
Welches Projekt steht bei Euch für 2024 ganz oben auf eurer Agenda?
Damit Deutschland bis 2045 wirklich klimaneutral wird, muss in 2024 eine Menge passieren. Heizkosten und CO2-Emissionen bei unseren Kund*innen einzusparen, ist deshalb weiterhin unsere Priorität. Dafür entwickeln wir unsere intelligenten Heizkörperthermostate weiter und bauen unser Team und unsere Serviceleistungen aus. Außerdem arbeiten wir derzeit an neuen digitalen Lösungen, damit unsere Kund*innen noch einfacher und vor allem noch mehr Energie einsparen können.
Es herrscht weiter Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf 2024?
Als GreenTech bzw. PropTech sind wir – auch aufgrund unser letzten Finanzierungsrunde – für 2024 gut aufgestellt. Wir werden uns weiterhin darin spezialisieren, Klimaschutz auch wirtschaftlich attraktiv zu machen. Denn: Wer möchte schon mehr Geld für seine Heizenergie ausgeben als nötig? Es ist außerdem davon auszugehen, dass der Markt für Erneuerbare Energien weiter wächst. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass Effizienzmaßnahmen wie die intelligenten Thermostate von vilisto der Grundstein sind, um anschließend auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen (vgl. auch Energieeffizienzstrategie 2050 des BMWK). Daher geht es auch in 2024 darum, zu erklären, dass unsere Energiesparlösung nachweislich ein wichtiger Baustein für die Energiewende ist.
Was hast Du Dir persönlich für 2024 vorgenommen?
In 2024 werden bei vilisto über 100 Mitarbeitende für unsere Klimamission arbeiten. Allein im vergangenen Jahr haben wir uns fast verdoppelt. Dieses Wachstum ist natürlich eine Herausforderung auf mehreren Ebenen. Für mein Team und mich bedeutet das, die Unternehmensstrukturen an unsere Größe anzupassen, um weiter skalieren zu können. Ganz wichtig ist mir dabei aber auch die zwischenmenschliche Ebene: unseren Startup-Spirit, der von unserer gemeinsamen nachhaltigen Motivation und Transparenz lebt, zu behalten, viel Mitgestaltung zu ermöglichen und immer noch mit wirklich allen Kolleg*innen im Austausch zu bleiben. Ich bin gespannt, wie mir das gelingt und setze auf das Feedback und die Unterstützung meines tollen Teams.
Tipp: Mehr Rück- und Ausblicke findet ihr in unserem Jahresrückblick.
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