#Interview

“Ein gesundes Fundament und nachhaltiges Wachstum sind wieder hoch im Kurs”

Das Food-Startup Holy setzt auf "gesündere Softdrinks”. Während viele Food-Startups aktuell Probleme haben, konnte Holy zuletzt über 10 Millionen einsammeln. "Seit April 2021 haben es geschafft, profitabel auf einen achtstelligen Jahresumsatz zu skalieren", sagt Gründer Mathias Horsch.
“Ein gesundes Fundament und nachhaltiges Wachstum sind wieder hoch im Kurs”
Dienstag, 24. Oktober 2023VonAlexander

Das Berliner Food-Startup Holy, 2020 von Philipp Naß, Mathias Horsch und Frederick Jost gegründet, positionierte sich anfangs als Energy Drink für Gamer. Inzwischen möchte sich die Jungfirma allgemeiner als “Marke für gesündere Softdrinks” etablieren. Left Lane Capital, V3 Ventures, OMR, FoodLabs, Simon Capital, Just Spices-Gründer Bela Seebach sowie die YFood-Gründer Benjamin Kremer und Noel Bollmann investierten zuletzt 10,5 Millionen Euro in Holy.

“Seit April 2021 sind wir am Markt und haben es geschafft, profitabel auf einen deutlich achtstelligen Jahresumsatz zu skalieren. Bis dato hat unser rund 25-köpfiges Team über 10 Millionen Getränke ausschließlich online an unsere über 200.000 ‘Holy Squad’ Mitglieder im deutschsprachigen Raum und in Frankreich verkauft. Aktuell schaffen wir es knapp 20.000 Neukunden jeden Monat für Holy zu begeistern und möchten dies nun weiter beschleunigen”, sagt Gründer Horsch zum Stand der Dinge bei Holy.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Holy-Gründer außerdem über Cashburn, Buzzwords und Babystrampler.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Holy erklären?
Liebe Omi, ich habe im Sommer 2020 mit meinen zwei besten Freunden Fredi und Phil eine Getränkefirma gegründet. Unser Ziel ist es, unseren Kunden eine leckere und gesündere Alternative zu zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken wie Coca Cola und Red Bull zu bieten. Aktuell verkaufen wir unsere Produkte ausschließlich in Pulverform zum Selbstanmischen über unseren eigenen Shop im Internet. Nach nur zwei Jahren hat es unser 25-köpfiges Team geschafft über 200.000 treue Kunden im deutschsprachigen Raum und Frankreich für Holy zu begeistern.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Wir haben mit unserem ersten Produkt Holy Energy in der Gaming-Szene begonnen, da dort viele Energy-Drinks konsumiert werden und die Zielgruppe sehr gut zu unserem Community-Ansatz passt. Wir haben jedoch schnell erkannt, dass Holy auch für viele andere Anwendungen geeignet ist, wie zum Beispiel Sport, Lernen oder den Berufsalltag. Im Sommer 2022 haben wir dann unser zweites koffeinfreies Produkt Holy Iced Tea auf den Markt gebracht. Heute ist unsere Community demographisch vielfältig, das Altersspektrum ist gleichmäßig verteilt von 16 bis 55 Jahren und umfasst viele Berufsgruppen wie LKW-Fahrer, Nachtschichtarbeiter, Krankenpfleger, Büroarbeiter und viele mehr.

Wie ist überhaupt die Idee zu Holy entstanden?
Fredi, Phil und ich sind seit fast 20 Jahren eng befreundet. Fredi und ich kamen direkt von unserem Studium an der TU München, während Philipp bereits einige Jahre in einer Marketing-Agentur in New York gearbeitet hatte. Wir wollten gemeinsam gründen und hatten großes Interesse daran, Konsumentenmarken neu zu denken. In unserem Wohnzimmer ist dann die Idee für Holy geboren. Wir trinken alle drei sehr gerne Softdrinks, waren jedoch genervt von dem ständigen Kompromiss zwischen Geschmack und gutem Gewissen. Da dachten wir, dass wir es besser machen könnten, und haben uns voller Naivität und Tatendrang ans Werk gemacht.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Die Stimmung in der Branche hat sich zweifellos verschlechtert. Viele Startups, insbesondere solche mit hohem Cashburn, haben es derzeit schwer und einige sind sogar schon insolvent. Auf individueller Ebene sind solche Schicksale immer traurig. Man darf nicht vergessen, dass hinter Insolvenzen oder Massenentlassungen viele Schicksale stecken. Diese Marktbereinigung ist jedoch aus unserer Sicht nicht nur schlecht. In den vergangenen Jahren ging es teilweise nur um Wachstum um jeden Preis, wobei der eigentliche Zweck eines Startups, “aus wenig viel zu machen”, teilweise verloren gegangen ist. Heute sind ein gesundes Fundament und nachhaltiges Wachstum wieder hoch im Kurs. Das führt langfristig zu besseren Unternehmen und hilft somit der gesamten Szene.

Speziell in der Food-Szene nehme ich gerade viel Schatten, sprich Pleiten, wahr. Was macht das Segment derzeit so schwierig?
Unserer Meinung nach haben vor allem zwei Faktoren dazu geführt: Investoren sind zurückhaltender und das Konsumentenverhalten hat sich verändert. Aufgrund des Investitionsklimas müssen Unternehmen, auch in der Lebensmittelbranche, schneller profitabel werden. Wenn die Wiederkaufsraten oder das Margenprofil (noch) nicht stimmen, kann das schwierig sein. Außerdem sind Konsumenten wieder sparsamer und hinterfragen ihre Kaufentscheidungen, wenn Produkte nicht zum alltäglichen Gebrauch gehören oder im Vergleich zu günstigeren Alternativen einen Premium verlangen. Wenn beide Faktoren zusammentreffen, führt dies leider oft zu Insolvenzen.

Trotz kleiner Eiszeit in der Startup-Szene konntet ihr zuletzt 10,5 Millionen einsammeln. Wofür braucht ihr so viel Geld?
Wir möchten die Mittel vor allem in drei Bereichen investieren: den Ausbau unseres Produktportfolios, den Markteintritt in weitere Länder wie zum Beispiel Großbritannien und den Eintritt in den Lebensmitteleinzelhandel. Generell sehen wir bei Holy ein starkes Momentum, um in den kommenden zwei Jahren die führende europäische Marke für gesündere Softdrinks aufzubauen. Daher haben wir uns trotz aktueller Profitabilität dazu entschieden, eine Series A Finanzierungsrunde durchzuführen.

Wie hat sich Holy seit der Gründung entwickelt?
Seit April 2021 sind wir am Markt und haben es geschafft, profitabel auf einen deutlich achstelligen Jahresumsatz zu skalieren. Bis dato hat unser rund 25-köpfiges Team über 10 Millionen Getränke ausschließlich online an unsere über 200.000 ‘Holy Squad’ Mitglieder im deutschsprachigen Raum und in Frankreich verkauft. Aktuell schaffen wir es knapp 20.000 Neukunden jeden Monat für Holy zu begeistern und möchten dies nun weiter beschleunigen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Puh – ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Obwohl wir bisher zum Glück von größeren Krisen verschont geblieben sind, geht natürlich jeden Tag so einiges schief. Wir waren aufgrund der hohen Nachfrage und einigen Problemen in der Lieferkette zum Beispiel über längere Zeiträume fast komplett ausverkauft – das klingt zwar nach einem Luxusproblem, verursacht aber viel Kopfweh bei unseren Kunden, Team und Partnern. Darüber hinaus haben wir bei Holy natürlich auch allerlei der typischen organisatorischen Wachstumsschmerzen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Neben unserem großartigen Produkt sind wir vor allem stolz auf unseren Community-Fokus. Für uns ist Community kein leeres Buzzword, sondern wir haben seit Beginn den Fokus auf authentische Kundenliebe und ein tolles Kauferlebnis gelegt. Wir haben zum Beispiel unseren sogenannten Holy Squad Members bei der Geburt einen Holy Babystrampler geschenkt, GlühHoly Events mit der Community zu Weihnachten veranstaltet und vor kurzem sogar eine Pommesbude über Kleinanzeigen gekauft, um die Community bei der Holy Sommertour auf Deutschlands Marktplätzen zu treffen, kostenlos Holy auszuschenken und das Spektakel medial zu begleiten. Natürlich sind wir auch extrem stolz auf unser rund 25-köpfiges Team und die damit verbundene Holy Kultur. Wir sind ein junges und hungriges Team, das für jede Herausforderung eine kreative Lösung findet, sich nie selbst zu ernst nimmt und einen unglaublichen Zusammenhalt entwickelt hat. Im März 2022 waren wir zum Beispiel als Team auf einer dreiwöchigen Workcation in Südafrika und haben dort das Rapvideo “Holy mit Ice” gedreht.

Wo steht Holy in einem Jahr?
In den kommenden zwei Jahren haben wir die klare Ambition, die führende europäische Marke für gesündere Softdrinks aufzubauen. Innerhalb eines Jahres werden wir daher eine spannende neue Produktkategorie auf den Markt bringen, in Großbritannien Fuß fassen und erste Tests im Lebensmitteleinzelhandel abschließen. Wir werden hunderttausende weitere Squad-Mitglieder für Holy begeistern und viele großartige Kollegen bei Holy begrüßen dürfen. Was weiterhin bestehen bleiben soll, sind unser Fokus auf einem erstklassigen Produkt, unsere community-getriebenen Marke und ein authentisches Kauferlebnis.

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Foto (oben): Holy

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.