#Interview

“Die Starken wachsen noch stärker, die Schwachen müssen sich neu erfinden”

Die Jungfirma vialytics kümmert sich um bessere Straßen. Kürzlich konnte das Unternehmen 10 Millionen einsammeln. "Tools, die Kosteneinsparung erzielen, werden weiterwachsen und auch Risikokapital anwerben können", sagt Gründer Danilo Jovicic-Albrecht.
“Die Starken wachsen noch stärker, die Schwachen müssen sich neu erfinden”
Montag, 20. Februar 2023VonAlexander

Das Stuttgarter Unternehmen vialytics, das 2018 von Patrick Glaser, Achim Hoth und Danilo Jovicic-Albrecht gegründet wurde, sorgt mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz für bessere Straßen. vialytics erfasst den Zustand der Straßeninfrastruktur und wertet diesen automatisiert aus. Scania Growth Capitalsowie die beiden Altinvestoren EnBW New Ventures und Statkraft Ventures investierten zuletzt 10 Millionen US-Dollar in das Unternehmen. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten derzeit für vialytics.

“Seit Gründung konnten wir unsere Kennzahlen jedes Jahr verdoppeln”, sagt Jovicic-Albrecht. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der vialytics-Gründer außerdem über Jahresverträge, Kosteneinsparungen und Sättigungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter vialytics erklären?
vialytics ist ein digitaler Werkzeugkasten, der den Alltag im Tiefbauamt und Bauhof erleichtert und die Mitarbeitenden bei der Erhaltung kommunaler Straßen unterstützt. Das System erkennt automatisch Straßenschäden und erleichtert die Sanierungsplanung und Aufgabenverwaltung.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Wir starteten im Rahmen eines Incubator-Programms und sollten ein Konzept für das autonome Fahren entwickeln. Die Idee für vialytics entstand, nachdem wir mit Tiefbauämtern über die Verwaltung von Baustellen gesprochen hatten. Uns ist in der Erörterungsphase aufgefallen, dass viele Ämter nicht einmal die dafür notwendigen Daten über den Zustand ihrer Straßen besitzen. Also haben wir beschlossen, zunächst dieses Problem zu lösen, bevor wir das Management der eigentlichen Baustellen digitalisieren.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
vialytics ist ein Software-as-a-Service-(SaaS)-Produkt und wird im Rahmen von Jahresverträgen von Städten und Gemeinden erworben. Nach einem individuellen Onboarding durch unser Customer Success Team erhält jede Kommune ein aktuelles iPhone mit vialytics App zur Datenerfassung sowie unbegrenzten Zugang zum browserbasierten Web-System, mit dem die Daten verarbeitet werden können.

Wie hat sich vialytics seit der Gründung entwickelt?
Seit Gründung im Jahr 2018 konnten wir unsere Kennzahlen jedes Jahr verdoppeln. Unser Team fasst heute 60 Mitarbeitende und wir arbeiten mit 300 Kunden in deutschen und internationalen Partnerkommunen zusammen. Kürzlich konntet ihr 10 Millionen US-Dollar einsammeln.

Wir seid ihr in Kontakt mit euren Geldgeber:innen gekommen?
Unsere Bestandsinvestoren haben wir im Rahmen des Incubators und auf einer Messe kennengelernt. Der Kontakt zum Neuinvestor Scania Growth Capital entstand durch einen Stuttgarter Gründer von Bex, Scania ist dort schon länger beteiligt. Empfehlungen durch Unternehmer-Netzwerke sind immer ein super Startpunkt.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf diese Eiszeit?
Ich glaube, dass manche Märkte und Segmente eine gewisse Sättigung erreicht haben. Startups, die sich in diesen Märkten bewegen, könnten es schwer haben. Im B2B und auch in der öffentlichen Verwaltung jedoch besteht weiterhin der Bedarf nach effizienteren Prozessen. Services und Tools, die direkte Kosteneinsparung erzielen, werden dementsprechend weiterwachsen und auch Risikokapital anwerben können. Die Töpfe sind so voll wie nie, daher erwarte ich, dass attraktive Geschäftsmodelle sogar eine Hochphase erwarten können. Getreu dem Motto: Die Starken wachsen noch stärker, die Schwachen müssen sich selbst neu erfinden.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Mich schmerzen Fehlbesetzungen in Schlüsselpositionen. Ab und zu kam es vor, dass der Lebenslauf uns überzeugt hat, aber in der Praxis die Ergebnisse nicht gepasst haben. Aus diesem Learning haben wir abgeleitet, eine eigene Plattform zu gründen, um unsere Best Practices im gesamten Team und vor allem mit High Potentials zu teilen. Mit unserer vialytics Academy starten wir ein eigenes Ausbildungsprogramm, um erfolgreich mit Kommunen zusammenzuarbeiten.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben eine spannende Zielgruppe in der öffentlichen Verwaltung. Wir konnten rasant wachsen in einem Markt, der einen anderen Ruf genießt, als unsere Zahlen belegen. Daraus schließe ich, dass wir unsere Zielgruppe ziemlich gut verstehen. Von der Kommunikation im Marketing über unseren Vertriebsansatz bis hin zur Kooperation nach Vertragsabschluss – wir lieben es mit Kommunen zusammenzuarbeiten!

Wo steht vialytics in einem Jahr?
Neben der EU-Marktführerschaft haben wir uns auch in den USA als das Straßenmanagementsystem etabliert.

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Foto (oben): vialytics

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.