#Gastbeitrag

CFOs im Startup – auf sie kommt es jetzt an

Wie gehen CFOs mit der Krise um? Welchen Anforderungen müssen sie gerecht werden? Antworten aus der eigenen Praxis - und zwar der Suche nach den besten CFOs für Deutschlands Digitalwirtschaft – kann Christoph Oelrich geben, Co-Gründer der Executive Search Beratung Steerer. 
CFOs im Startup – auf sie kommt es jetzt an
Freitag, 17. Februar 2023VonTeam

Wir befinden uns inmitten einer Polykrise, besonders in Tech Companies und Startups jagt eine Kündigungswelle die nächste und Hypergrowth findet ein jähes Ende. Statt um Wachstum geht es nun vor allem um Profitabilität – und für manche gar ums schiere Überleben. Deutsche CFOs bewerten im Deloitte CFO Survey vom Herbst 2022 die wirtschaftliche Situation so schlecht wie noch nie. Grund für diesen Pessimismus ist vor allem die hohe Inflation, die Preissteigerungen und steigende Gehälter zur Folge hat.

Zusätzlich haben sich die Investitionskriterien vieler Risikokapitalgeber verändert – als Reaktion auf die pessimistischen Zukunftsprognosen. Für die Finanzierung von Startups schafft das neue Herausforderungen. Gerade jetzt ist das Trimmen auf Profitabilität ein Muss. Gerade jetzt sollten Führungsteams daher die Köpfe zusammenstecken und CFOs, die erfahrungsgemäß oftmals keine Gründer:innen sind, stärker mit ins Boot holen. Denn gerade in Krisenzeiten können gute CFOs tatsächlich den Unterschied machen. 

Doch wie gehen CFOs mit der Krise um? Welchen neuen Anforderungen müssen sie gerecht werden? Antworten aus der eigenen Praxis – und zwar der Suche nach den besten CFOs für Deutschlands Digitalwirtschaft – kann Christoph Oelrich geben, Co-CEO und Co-Gründer der Executive Search Beratung Steerer. 

CFOs, die die Branche kennen, werden immer wichtiger

Die Frage, ob CFOs branchennah sein sollten, ist kein neue. Für viele Startups, für die ihr schnelles Wachstum in den vergangenen Jahren die höchste Priorität hatte, war jedoch die Branchennähe der CFOs weniger wichtig als beispielsweise Erfahrungen im Venture- Capital- und/oder Private-Equity-Bereich. Doch im Angesicht der Krise stehen viele Geschäftsmodelle nun auf dem Prüfstand, das Trimmen auf Kosteneffizienz ist das „New Normal“ – unabhängig ob es um Hypergrowth oder Breakeven geht. Und genau deshalb bekommt auch die Branchennähe von CFOs eine neue Wichtigkeit. 

So macht es immer mehr einen Unterschied, ob man die Finanzfunktion im Bereich Fintech (in diesem Beispiel mit direktem Kreditgeschäft) oder in einem Startup für autonomes Fliegen betreut. Bei ersterem müssen CFOs in der Lage sein, mit institutionellen Investor:innen zu sprechen, um ein eigenes Kreditportfolio aufzubauen. Bei zweiterem müssen sie Prozessabläufe im Maschinenbau kennen. Nur wenn CFOs Wertschöpfungsketten verstehen oder wissen, wie eine Produktentwicklung aussieht und was sie kostet, können sie die finanziellen Risiken genau identifizieren.

Die Finanzfunktion wird immer dynamischer

Wie auch die Ergebnisse der Deloitte-Studie zeigen, müssen CFOs immer agiler auf das sich verändernde Umfeld reagieren: neue digitale Technologien, neue Anforderungen im Bereich People and Culture, aber auch globale Entwicklungen sowie eigene Wachstumspläne. Das Hinterfragen oder Transformieren des eigenen Geschäftsmodells in der Krise ist aktuell nur die Kirsche auf der Sahnetorte, die die Dynamisierung der Rolle als CFO so notwendig macht. Aber vor allem in Krisen übernehmen CFOs zunehmend eine strategische Rolle. Wo sie vorher nur einzelne Finanzbereiche zu steuern hatten, müssen sie aktuell den Gesamtüberblick haben – über das Startup, aber auch externe Entwicklungen. Hierbei hilft es immer, als CFO bereits Krisen durchlebt zu haben, um gewisse Mechanismen zu verstehen. 

CFOs als Investor:innenflüsterer

Dass CFOs strategische Entscheidungen fällen müssen, wird auch daran deutlich, dass es je nach Marktsituation momentan zwei Szenarien für Startups gibt: Entweder steht das Geschäftsmodell auf dem Prüfstand und CFOs müssen sich vor allem mit der Frage nach der Profitabilitätsschwelle beschäftigen. Oder Startups befinden sich aktuell in einer anorganischen Wachstumsphase und sind auf M&A-Zukäufe angewiesen. Vor allem in letzterem Szenario können diese von Krisen profitieren, wenn CFOs Erfahrungen in diesem Bereich haben. Bei sinkenden Bewertungen können sie mit starken Investor:innen günstig einkaufen. Was hier auch deutlich wird: CFOs müssen gute Kommunikator:innen sein. Gerade in der Krise kommt es darauf an, dass Startups gute Beziehungen zu Investor:innen haben – mit dem oder der CFO als Schlüsselfigur. 

Buchhalter:innen oder Chief Future Officer?

Krisen machen deutlich: Dass CFOs neue Entwicklungen antizipieren können, ist unabdinglich. Gerade wenn sich Startups Gedanken über Markterschließungen machen, sollten sie globale Entwicklungen erkennen und den Einfluss auf den deutschen Markt deuten können. Können sie das nicht, geht ihre Funktion nicht über die der Buchhaltung hinaus. Was sie dafür vor allem benötigen? Vertrauen innerhalb der C-Level-Ebene. Das ist nämlich entscheidend dafür, wie groß der Einfluss innerhalb des Unternehmens wirklich ist. Sind CFOs nur die Erbsenzähler:innen oder können sie das Geschäftsmodell nach innen und außen überzeugend vertreten? 

Jedes Startup braucht ab Tag eins einen CFO

CFOs müssen strategischer, branchennäher, dynamischer, vorausschauender und kommunikativer werden. Die Anforderungen an die Finanzfunktion in Startups sind schon vor der aktuellen Krise gestiegen. Doch sie funktioniert wie ein Brennglas: Nun wird deutlich, wenn Produktentwicklungsprozesse nicht komplett durchdekliniert, Märkte falsch eingeschätzt wurden oder den Verantwortlichen gar nicht bewusst war, wie teuer ihre Produkte in der Entwicklung tatsächlich sind. Genau deshalb brauchen sie CFOs, die den neuen Anforderungen gerecht werden – je früher desto besser. CFOs, die strategische Entscheidungen treffen können und dabei nah am Geschäftsmodell sind. Doch in vielen Startups sind CFOs – wenn sie vorhanden sind – nicht auf der höchsten Ebene angesiedelt. Die wertschöpfende Funktion von CFOs wird nämlich oft vor allem im Anfangsstadium noch nicht gesehen. Ein fataler Fehler, der sich vor allem in Krisenzeiten bemerkbar macht. 

Was CFOs in Startups jetzt machen können? Das eigene Geschäftsmodell genau unter die Lupe nehmen. Geschlossen im C-Level auftreten und Vertrauen aufbauen. Und Chancen sehen. Für all das müssen CFOs aus der zweiten Reihe hervortreten, in der sie oftmals stehen, und sich einen Gesamtüberblick verschaffen. Nur so können sie die strategischen Chief Future Officers sein, die Startups nicht nur aus Krisen herausholen, sondern auch kommende vermeiden können.

Über den Autor
Christoph Oelrich ist Co-CEO und Co-Gründer der Executive Search Beratung Steerer. 

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Foto (oben): Shutterstock