#Interview

“Die besten Ideen kommen mir, wenn ich nicht arbeite”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Ich kann Stillstand nur schwer aushalten. Meine Ungeduld hat uns daher schon in so manche Situation geführt, die nicht wirklich unserem Ziel zuträglich war", sagt Christian Czupalla, Gründer von weEmpower.
“Die besten Ideen kommen mir, wenn ich nicht arbeite”
Montag, 2. Januar 2023VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Christian Czupalla, Gründer von weEmpower. Das Unternehmen aus Immensee kümmert sich um Leadership und Teamentwicklung.

Wie startest du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Mit einem Kaffee in unserem virtuellen Meetingraum, den wir Monday nennen. Ein offener Begegnungsraum, der in der Pandemie entstanden ist und tagsüber auch die Funktion als eine Art Großraumbüro erfüllt. Gefühlt ist er unser Firmengebäude: Das weEmpower Team und Netzwerk sowie Co-Founderin Michaela Jüngling und ich treffen uns dort täglich zum Austausch und Planen, weil wir Gründer:innen hauptsächlich Remote arbeiten. Wir und unsere Mitarbeitenden sind im ganzen DACH-Raum verteilt.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Die besten Ideen kommen mir, wenn ich nicht arbeite. Gleichzeitig arbeite ich gerne. Wenn ich aber feststelle, dass ich eine Auszeit brauche, nehme ich sie mir auch. Diese Auszeiten verteile ich so, dass ich Aufgaben kreativ und motiviert so lange wie möglich erledigen kann. Sobald ich mich aber mit einem Thema quäle, mache ich eine Pause, um wieder Energie aufzutanken. Diese Zeit verbringe ich mit Motorradfahren, Bewegung an der frischen Luft, Lesen oder einfach mal auch mitten am Tag auf dem Sofa relaxen und meine Lieblingsserie schauen.  Das mache ich ohne schlechtes Gewissen, da ich meine Arbeitszeit nicht in Arbeitstagen oder Wochenenden gedanklich oder planerisch unterteile.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Welche Krisen in so kurzer Zeit auf uns zukommen, obwohl mich das nicht vom Gründen abgehalten hätte.  Aber es hätte uns weniger Zeit gekostet, Konzepte und Bedürfnisse von Kund:innen sowie Märkten besser antizipieren zu können. So manche Ehrenrunde, insbesondere während der Pandemie, wäre uns damit erspart geblieben.

Was waren die größten Fehler, die du bisher gemacht hast – und was hast du aus diesen gelernt?
Ich kann Stillstand nur schwer aushalten. Meine Ungeduld hat uns daher schon in so manche Situation geführt, die nicht wirklich unserem Ziel zuträglich war. Ich habe daraus gelernt, dass ich mich jedes Mal regelmäßig frage: Zahlt das, was wir gerade machen, auch wirklich in unser Ziel ein? Außerdem habe ich mir fest vorgenommen, achtsamer auf die Ratschläge meines Teams zu hören, bevor ich mich wieder in einen Aktionismus verlaufe, der nicht wirklich zielführend ist.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Indem wir uns mit der Frage beschäftigen: Können wir uns vorstellen, dass dieser Mensch sich mit seinen Fähigkeiten, Bedürfnissen und Ansprüchen bei uns im Team mit Freude produktiv einbringen will und kann? Wenn wir diese Frage nicht eindeutig positiv beantworten können, sehen wir wenig Chancen für eine künftige Zusammenarbeit. Zusätzlich hilft es uns, den Bewerber:innen Klarheit darüber zu geben, was  wir im Team als No-Go in der Zusammenarbeit empfinden. Gleichzeitig können wir dann auch die Perspektive aufzeigen, was neben diesen No-Gos für uns alles ok und möglich ist, wenn es in unser Unternehmensziel und in die Vision von weEmpower einzahlt. An der jeweiligen Reaktion lassen sich viele Erkenntnisse ablesen, ob Menschen Spaß daran hätten, aktiv in einer Startup-Dynamik zu arbeiten und sich einzubringen.

Welchen Tipp hast du für andere Gründer:innen?
Gründet wirklich nur dann, wenn Kopf und Bauch eindeutig Ja sagen.  Mit Unsicherheiten solltet Ihr gut leben und umgehen zu können. Ein persönliches und berufliches Umfeld, das Euch bei der Gründung unterstützt, motiviert und als Sparringspartner inspiriert, halte ich persönlich für den wichtigsten Faktor, um erfolgreich zu gründen.

Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Die virtuelle Umgebung von weEmpower ist ein fester USP und Bestandteil unseres Vital@Work Begleitungskonzeptes in Unternehmen, das wir analog und digital umsetzen können. Hätten wir nicht schon am Anfang der Pandemie im Jahr 2020 das Konzept virtuell und digital fokussiert sowie konsequent ausgerichtet, würde es weEmpower heute wahrscheinlich nicht mehr geben, da wir an den Bedürfnissen der Kund:innen und des Marktes komplett vorbei operieren würden.

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Im weEmpower Team und Netzwerk halten es schlecht gelaunte Menschen nicht allzu lange aus.  Unsere Zauberformel ist, dass wir uns in guten, wie in schlechten Zeiten unseren Humor nicht nehmen lassen.

Was war dein bisher wildestes Startup-Erlebnis? 
Im Rahmen einer Veranstaltung von exploreASEAN an der Fachhochschule Nordwestschweiz haben wir 2021 einen virtuellen Vortrag mit vielen interaktiven Elementen gehalten. Eine virtuelle Präsentation in dieser Größenordnung und mit dieser immensen Teilnehmer:innenzahl hatte unser Team zuvor noch nie gehalten. Zwölf Stunden vor dem Vortrag gab es so viele Instabilitäten wegen technischer Probleme, dass es einem Albtraum gleichkam. Diese Ungewissheit und Nervosität, ob alles funktionieren würde, fühlte sich mehr als wild an. Am Ende ging alles gut und der Vortrag wurde ein schöner Erfolg für weEmpower.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): weEmpower