#Interview
“Als First-time Founders haben wir einige Abhängigkeiten unterschätzt”
Das junge Unternehmen epap aus Hannover, von Sebastian Berger, Jannis Dust, Gerd Trang und Fabian Gruß gegründet, kümmert sich um Beleg- und Finanzverwaltung. “Gestartet sind wir mit der Mission, den Kassenbon neu zu erfinden”, sagt Gründer Gruß. “Wir sind überzeugt, dass Kassenbelege erst dann attraktiv sind, wenn sie ihnen wirkliche Mehrwerte bereiten. Deshalb haben wir mit unserer App einen Ort für alle Bons geschaffen, die wir durch Machine Learning für das automatische Haushaltsbuch unserer User*innen auswerten.”
Wie würdest Du Deiner Großmutter epap erklären?
Also Oma: Mit epap musst du nach dem Einkauf nicht mehr lange dein Haushaltsbuch schreiben, sondern nur deinen Kassenbon fotografieren oder kannst ihn direkt an der Kasse mit dem Handy empfangen – den Rest macht die App. Du benötigst keinen Schuhkarton für deine Belege mehr und sie verblassen nicht, du hast alle Ausgaben auf einen Blick und kannst – wenn du möchtest – auch an Umfragen teilnehmen, um mit deinen Bons sogar Geld zu verdienen. Wir hingegen verdienen unser Geld, indem wir Marken ermöglichen, dich und andere epap Nutzer*innen nach eurem Feedback zu fragen.
War dies von Anfang an euer Konzept?
Gestartet sind wir mit der Mission, den Kassenbon neu zu erfinden. Das begann mit der Digitalisierung des Belegs für den Handel und die Gastronomie an der Kasse sowie auf dem Smartphone für die Endkund*innen. Wir sind überzeugt, dass digitale Kassenbelege für die Kund*innen erst dann attraktiv sind, wenn sie ihnen wirkliche Mehrwerte bereiten. Deshalb haben wir mit unserer App einen Ort für alle Bons geschaffen, die wir durch Machine Learning für das automatische Haushaltsbuch unserer User*innen auswerten. Seit Januar 2022 nutzen wir diese Funktionsweise auch, um Marken und ihre Endkund*innen zu verbinden. Der Fokus unseres B2B-Geschäfts liegt nun statt auf der Digitalisierung an der Kasse vielmehr darauf, den Beleg in wertvolles Wissen zu wandeln.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir sind ein B2B-Research-Tech. Produkthersteller erreichen gegen ein flexibles Pricing-Modell sehr spezifische Zielgruppen im Einzelhandel durch Umfragen, belegbasierte Zielgruppenanalysen oder Cashback-Kampagnen zum kundeninitiierten Belegtransfer. Unsere wichtigsten KPIs dabei sind die monatlich aktiven User sowie die Anzahl der digitalisierten Belege – deshalb ist die epap App in ihrem vollen Funktionsumfang kostenlos.
Wie ist überhaupt die Idee zu epap entstanden?
Die Idee zu epap kam unserem Mitgründer Sebastian Berger und mir bereits 2019 – jedoch vollkommen unabhängig voneinander: beim Bezahlen mit Smartphone oder Smartwatch wurde ein immer noch viel zu langer und vor allem umweltschädlicher Papierbon gedruckt – nicht wirklich zeitgemäß. Als Tech- Enthusiasten haben wir uns beide daran gemacht, eine Alternative zu entwickeln, bis wir über den Gründungsservice der Uni Hannover vernetzt wurden. Gemeinsam haben wir begonnen, den eher unbeliebten Kassenbon in ein Win-Win-Tool für seine Stakeholder zu entwickeln. Seitdem identifizieren wir immer mehr Probleme, die sich mit digitalisierten Belegen lösen lassen – zum Beispiel spezifische Shopper Research mit Kassenbelegen im stationären Einzelhandel.
Wie hat sich epap seit der Gründung entwickelt?
Da unsere App bereits vor der offiziellen Gründung und vor allem zur Einführung der Belegausgabepflicht zum Download verfügbar war, konnten wir bereits im März 2020 unsere erste Pre-Seed-Runde abschließen, die wir im Dezember 2021 noch einmal erweitern konnten. Von uns ursprünglich vier Mitgründern ist unser Team so auf aktuell 11 Kolleg*innen gewachsen. Die wohl wichtigste Kennzahl: mit epap werden monatlich etwa 50.000 Belege digitalisiert – aktuell stehen wir knapp vor der Benchmark von 1.000.000 Gesamt-epaps – wie wir die digitalisierten Belege in unserer App nennen.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Als First-time Founders haben wir anfangs einige Abhängigkeiten unterschätzt, die uns Zeit gekostet haben. Statt uns auf unsere Stärken zu konzentrieren und unser Geschäftsmodell genau darauf auszulegen, sind wir Kompromisse eingegangen, die uns aufgehalten haben. Daraus haben wir gelernt, wie wichtig es ist, sich auf das eigene Potenzial zu verlassen – in unserem Fall die App. Gleichzeitig hat uns dieser Fuck Up auch mutiger in unseren Entscheidungen gemacht.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Definitiv mit der Entscheidung, epap in Richtung Marktforschung zu orientieren. Diese Ausrichtung gibt uns die Möglichkeit, den User*innen unserer App die bestmögliche Bonexperience zu ermöglichen – unabhängig vom Point of Sale. Marktforschung mit Kassenbons ist eigentlich nichts Neues – Belege in einem Panel als Targeting-Kriterium zu verwenden aber schon. Das ermöglicht es uns theoretisch, Insights für jede Marke zu gewinnen und birgt großes Internationalisierungspotenzial ohne großen Aufwand.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Hört von Anfang an auf die Bedürfnisse eurer Zielgruppe, hinterfragt euch immer wieder und habt keine Angst, auch mal eine Idee zu verwerfen.
Wo steht epap in einem Jahr?
Bislang lag unser Fokus darauf, unsere App zu optimieren – jetzt ist es Zeit, zu wachsen. Bis Ende 2023 streben wir 75 Tausend monatlich aktive User an, die wir bei ihrer Buchhaltung und ihren Finanzen unterstützen. Zu unseren ersten Marktforschungskunden gehören Marken wie Dr. Oetker und Veganz – da möchten wir natürlich anknüpfen und vielen weiteren Marken helfen, ihre Zielgruppen besser zu verstehen. Im besten Fall können wir uns im nächsten Jahr Gewinner des ESOMAR YES Awards, einem der größten Newcomer Awards der Marktforschung, nennen, der im September vergeben wird.
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