#Interview

“Die Wahrheit ist: Da steckt verdammt viel Arbeit drin”

Mit dem jungen ClimateTech Planted, 2021 gegründet, können Unternehmen zum Klimaretter werden. Im Interview spricht Planted-Gründerin Cindy Schüller über Abomodelle, den Pivot der Kölner Jungfirma und Wind.
“Die Wahrheit ist: Da steckt verdammt viel Arbeit drin”
Mittwoch, 6. Juli 2022VonAlexander

Das Kölner Startup Planted , das 2021 von Jan Borchert, Heinrich Rauh, Cindy Schüller und Wilhelm Hammes gegründet wurde, möchte seinen “Kund:innen die Möglichkeit geben, aktiv etwas gegen die globale Erwärmung zu unternehmen”. Dazu pflanzt das Unternehmen Mischwälder und kompensiert so CO2-Emissionen. neoteq ventures, Smart Infrastructure Ventures, Rivus Capital und Angel-Investoren wie Julius Göllner, Jochen Berger und Friedrich Neumann investierten zuletzt 1 Millionen Euro in die Jungfirma.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Planted-Gründerin Cindy Schüller über Abomodelle, den Pivot der Jungfirma und Wind.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Planted erklären?
Wir ermöglichen Unternehmen auf einfache und schnelle Art, aktive Klimaretter zu werden. Mithilfe unseres transparenten Abomodells kann die komplette Belegschaft einen Beitrag für einen enkeltauglichen Planeten leisten. Hierfür berechnen wir die durchschnittlichen CO?-Fußabdrücke der Mitarbeiter:innen auf Basis ihrer Reise-Emissionen. Die angefallenen Emissionen gleichen wir dann über globale Klimaschutzprojekte aus. Unter Regie unseres hauseigenen Klimaförsters und Mit-Gründers Jan Borchert pflanzen wir zusätzlich für jedes Teammitglied klimastabile Bäume. So entstehen in ganz Deutschland neue Firmenwälder!

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Unseren Pivot! Wir haben uns im Dezember dafür entschieden, unseren Fokus von Privatpersonen auf Unternehmen umzulenken – hier sehen wir den größten Hebel. Unsere Mission bleibt, die Klimakrise zu bekämpfen und das geht nur wenn alle, Privatmenschen und Firmen, mitziehen. Wir sehen, dass die Unternehmen bereit sind, aktiv Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren. Das macht uns Hoffnung auf eine grüne Zukunft.

Wo steht Planted derzeit, welche Zahlen, Daten und Fakten kannst Du mit uns teilen?
Noch ganz am Anfang – und doch schon auf der Überholspur: Innerhalb eines Jahres hat Planted das Vertrauen von mehr als 1.000 klimapositiven Mitarbeiter:innen aus über 100 tollen Unternehmen wie Gerry Weber, XtraFit, Vivawest, MegaBad oder Electronic Sports League gewonnen. So konnten wir über 100.000 klimastabile Bäume in ganz Deutschland pflanzen und sieben globale Klimaschutzprojekte realisieren. Kurz zur Einordnung: Damit konnten wir die CO?-Emissionen von über 60.000 Flügen zwischen Köln und Barcelona ausgleichen. Mittlerweile sind wir ein 10-köpfiges Team und arbeiten auf Hochtouren am next step: einer eigenen Dekabonisierungs-Software. Damit wird der Klimaschutz noch leichter zugänglich für Unternehmen und noch spielerischer für ihre Mitarbeiter*innen. Diese können nämlich durch individuelle Challenges aktiv CO? reduzieren. Das Ziel: Netto-Null-Emissionen! Dass wir jüngst im Mai mit dem Gründer-Award des Jahres 2022 ausgezeichnet wurden, motiviert uns alle zusätzlich und bestärkt uns enorm.

Gerade konntet ihr 1 Million Euro einsammeln. Wie seid ihr mit euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Um ehrlich zu sein, stellt man sich das von Außen immer ganz leicht vor. Gerade jetzt, wo Green-Tech-Startups hoch im Kurs stehen. Die Wahrheit ist: Da steckt verdammt viel Arbeit drin. Was definitiv geholfen hat, war der Gewinn des Climate Founder Accelerators (2021) und die Teilnahme am SpinLab HHL Accelerator Programms in Leipzig. Dadurch haben wir an Bekanntheit gewonnen und konnten gute Kontakte in die VC-Szene aufbauen. Wichtig ist auch immer das private Netzwerk, dass jeder von uns seit Jahren fleißig pflegt.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Fokus! Es ist verlockend hier und da Opportunitäten mitzunehmen, aber ihr dürft nie das übergeordnete Ziel aus den Augen verlieren. Alles, was dich ablenkt und zu viel Zeit in Anspruch nimmt, muss gecuttet werden.

Wo steht Planted in einem Jahr?
Im Sommer 2023 soll unsere Dekarbonisierungs-Software etabliert sein. Hier wollen wir einen echten Mehrwert für den “unternehmerischen Umweltschutz” leisten – unter anderem durch lokale Klimaschutzmaßnahmen, wie die Wiederbewaldung klimastabiler Mischwälder in Deutschland. Dabei soll jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter eine aktive Rolle einnehmen und Verantwortung für ein zukunftsfähiges Morgen übernehmen. Unsere Software wird die Unternehmen auch bei der Auseinandersetzung mit ESG („Environment, Social, Governance“) unterstützen. Unternehmen müssen ihre ESG-Aktivitäten verbessern und transparent reporten. Mit uns an ihrer Seite werden sie dies noch leichter und sichtbarer schaffen.

Reden wir über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Gute Frage. Berlin sieht sich oft als Nabel der Startup-Welt, was sicherlich auch in vielerlei Hinsicht gerechtfertigt ist – viele sehr gute Talente sitzen in Berlin. Die Startups sind sehr präsent und vor allem stärker im Fokus der VCs, die dort auch mehr vertreten sind. Für Köln spricht: Hier kannst du eine gewisse Zeit unter dem Radar fliegen. Du entwickelst Ideen, nimmst du ausreichend Zeit für die Ausarbeitung und musst nichts schnell übers Knie brechen, um der erste im Markt zu sein. So kannst du die ersten Fehler beseitigen, ohne dass viel Wind darum herrscht.

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Ganz ehrlich: Da fällt mir spontan leider nicht viel zu ein. Außer, wer es in Köln schafft, hat auf jeden Fall alles richtig gemacht. Köln begreift sich nicht gerade als Startup-Metropole, was bei den Potenzialen und Möglichkeiten sehr schade und ausbaufähig ist. Aber die kölsche Art, frei und offen miteinander umzugehen, wird uns dabei sicherlich helfen.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünschst Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens: Unsere Startup-Szene soll weiter wachsen und gedeihen. Ich wünsche mir einen regen Austausch unter den Startups! Der zweite Wunsch geht an das Land NRW: schnellere und einfachere Fördermittel für Gründende! Wir sind die Glücklichen, die sich über das Gründerstipendium freuen durften. Das Stipendium ist eins der wenigen Möglichkeiten, Subventionen zu bekommen. Allerdings dauerte es nach Beantragung über ein Jahr bis wir den Zuschuss bekamen. Eine lange Zeit, gerade in der Gründungsphase. In Ostdeutschland gibt es zum Beispiel deutlich attraktivere Förderungen. Mein dritter Wunsch ist persönlicher Natur: Ich war zuletzt öfters auf Events in Berlin, die von oder für Gründerinnen ausgerichtet wurden. Ich habe so viele spannende und inspirierende Frauen kennengelernt. Für viele Frauen ist Netzwerken oft nicht intuitiv und auch ich musste das erst lernen. Wir sollten uns gegenseitig noch mehr die Hand reichen, uns fördern und uns gegenseitig mitziehen. Ich wünsche mir, dass wir in Köln mehr solcher Networking-Events haben. Um Frauen aktiv zu stärken und sichtbar zu machen.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln werfen wir einen Blick auf das Startup-Ökosystem der Rheinmetropole. Wie sind dort die Voraussetzungen für Gründer:innen, wie sieht es mit Investitionen aus und welche Startups machen von sich reden? Mehr als 550 Startups haben Köln mittlerweile zu ihrer Basis gemacht. Mit zahlreichen potenziellen Investoren, Coworking-Spaces, Messen und Netzwerkevents bietet Köln ein spannendes Umfeld für junge Unternehmen. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderung. #Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

KoelnBusiness

Foto (oben): Planted

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.