#Gastbeitrag
Mediation ist ein probates Mittel, um Streitigkeiten beizulegen
Immer mehr Familienunternehmen investieren in Startups, um sich frischen Wind ins Haus zu holen und neue Ideen oder Technologien für sich zu erschließen. Startups wiederum profitieren von der Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen durch deren Erfahrung, Vertriebsstrukturen, Netzwerke und nicht selten auch vom bekannten Namen. Aus dieser Symbiose ergeben sich enorme Chancen für beide Seiten, jedoch treffen dabei bisweilen wahrlich Welten aufeinander.
Vielfach wird unterschätzt, was es bedeutet, wenn eine gewachsene Unternehmenskultur, oftmals mit traditionellen Strukturen, auf ein Team trifft, das meist noch nicht die Gelegenheit – oder den Bedarf – hatte, betriebliche Strukturen zu entwickeln und sich in vielerlei Hinsicht noch ausprobiert. Jede Seite hat ihre Berechtigung und ist in ihrem Bereich erfolgreich. Aber das damit verbundene Konfliktpotential ist ebenso absehbar wie vermeidbar.
Gegenseitiges Verständnis ist ein zentraler Faktor für die erfolgreiche Zusammenarbeit
Je nach gesellschaftsrechtlicher oder sonstiger vertraglicher Grundlage sind Verantwortlichkeiten und Hierarchien strukturell angelegt. Wenn es schon innerhalb eines Betriebes oft nicht einfach ist, die Beteiligten an einem Strang ziehen zu lassen, ist es erst recht eine Kunst, die Stakeholder aus zwei verschiedenen Unternehmenskulturen in ein Boot zu holen. Das betrifft nicht nur Gesellschafter und Geschäftsführer, sondern auch die Belegschaften der Partner. Dabei geht es nicht um Kicker und Obstkorb, sondern um Strukturen, Umgangsweise, Hierarchien und gegenseitiges Verständnis.
Das wirkliche Potential der Zusammenarbeit zwischen Startups und Familienunternehmen wird erst dadurch gehoben, dass man sich persönlich austauscht, gegenseitig versteht und respektiert. An dieser Stelle kann die Mediation einen wertvollen Beitrag leisten.
Mediation als strukturiertes Kennenlernen unter professioneller Moderation
In erster Linie wird Mediation als ein Mittel der alternativen Streitbeilegung gesehen. Das ist es vom Ursprung her eigentlich auch. Aber da der beste Streit derjenige ist, der von vornherein vermieden wird, führen wir zunehmend Mediationen oder Coachings durch, ohne dass ein konkreter Konflikt im Raum steht. Das bietet sich schon an beim Beginn der Zusammenarbeit, quasi als strukturiertes Kennenlernen unter professioneller Moderation.
Ob Mediation, Workshop oder Coaching mit Mediationselementen – wie man es nennt, ist letzten Endes egal. Der erfahrene Mediator erkennt mögliche Konflikte, arbeitet gemeinsam mit den Medianten die Interessen und Bedürfnisse heraus. Bestenfalls läuft die Mediation in entspannter Atmosphäre ab und kann sogar richtig Spaß machen.
Bei der Beschäftigung mit dem Gegenüber ist auch die Betrachtung des eigenen Unternehmens wichtig
Neben der Allparteilichkeit des Mediators ist ein weiteres Grundprinzip die Vertraulichkeit. Das ist für Startups und Familienunternehmen gleichermaßen wichtig. Denn weder möchten Startups gleich am Anfang schon Konflikte in die Öffentlichkeit tragen, noch hat eine Unternehmerfamilie ein Interesse daran, den traditionsreichen Namen mit Auseinandersetzungen in Verbindung gebracht zu sehen.
Oft kommt am Ende viel mehr heraus, als die Parteien eingangs gedacht haben – und zwar zum Wohle aller. Die sog. „Ergebnisoffenheit“ ist daher ein weiteres wichtiges Grundprinzip der Mediation.
Nicht selten werden im Rahmen von Mediationen zwischen Unternehmen (hier: zwischen Startups und Familienunternehmen) auch Themen innerhalb der jeweiligen Einheit sichtbar. In der Regel rate ich ohnehin dazu, dass man sich vor dem gemeinsamen Termin die Zeit für eine interne Sitzung nimmt, um die Positionen der eigenen Einheit klar zu haben, bevor man in einem gemeinsamen Termin dem Partner gegenübertritt.
Entrepreneurs in den entscheidenden Positionen
In Familienunternehmen sind oft noch die Unternehmer der ersten Stunde an Bord, die heute die Generation der Senioren sind, aber seinerzeit selbst Gründer waren, als man hierzulande noch längst nicht von Startup sprach. Seither hat sich einiges verändert. Geblieben ist das Entrepreneurship, das die neuen Partner vereint. Es ist die Motivation, gemeinsam ein Unternehmen aufzubauen oder zu erhalten und als Team buchstäblich durch dick und dünn zu gehen.
Die neue Generation steht auch in vielen Familienunternehmen in den Startlöchern oder hat bereits unter den Augen der älteren Generation ihre ersten Runden gedreht. Für die (designierten) Nachfolger in Familienunternehmen ist die Zusammenarbeit mit einem Startup die willkommene Gelegenheit, eigene Akzente zu setzen.
Auch wenn der Konsens und die präventive Mediation in diesem Beitrag im Vordergrund stehen, die Mediation ist ein professionelles und vor allem probates Mittel, um auch ausgewachsene Streitigkeiten beizulegen. So kann oftmals der Weg zu Gericht vermieden werden.
Über den Autor
Kai T. Stelzner ist Rechtsanwalt, Mediator und Partner der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Hamburg. Mit eigener mehrfacher Gründungserfahrung berät er Unternehmen, vom Startup bis zum Traditionsunternehmen, deren Geschäftsführungen und Gesellschafter ganzheitlich in allen wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Ein Schwerpunkt liegt in der gerichtlichen und außergerichtlichen Interessenvertretung bei streitigen Angelegenheiten sowie in der Streitvermeidung.
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