#Interview

“Der Herdentrieb hat auch einige ungesunde Auswüchse”

Wie lief es 2021 bei limehome? "Wir waren davon ausgegangen, dass wir mit dem Impffortschritt zu Beginn des Jahres weniger Auswirkungen durch die Pandemie spüren würden. Trotz dessen haben wir tatsächlich alle unseren wirtschaftlichen Ziele erreicht", sagt Gründer Josef Vollmayr.
“Der Herdentrieb hat auch einige ungesunde Auswüchse”
Freitag, 31. Dezember 2021VonAlexander

Das Münchner Startup limehome, das 2018 von Lars Stäbe und Josef Vollmayr gegründet wurde, mietet Wohnungen an und richtet diese als Apartments zur kurz- und langfristigen Miete ein. Bauwens, Momeni, Althoff Hotels, HV Capital, Lakestar und Picus Capital investierten in den vergangenen Jahren bereits mehr als 30 Millionen Euro in die Jungfirma.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht limehome-Macher Vollmayr einmal ausführlich über das fast abgelaufene Jahr.

2021 ist fast rum. Was war das Highlight in diesem Jahr bei limehome?
Als Technologieunternehmen haben wir von Beginn an auf ein eigens entwickeltes Betriebssystem gesetzt, das wir immer in den Fokus unserer Arbeit gestellt haben. Das hat sich in diesem Jahr besonders bezahlt gemacht. Wir konnten mit der Expansion in die Niederlande sowie weiteren Standorten in Deutschland, Österreich und Spanien zeigen, dass sich unser Konzept über den Heimatmarkt hinaus an zahlreichen Standorten, in Business- und Leisure-Destinationen, in kleineren und größeren Städten und Properties erfolgreich und effizient umsetzen lässt.
Trotz eines Marktumfeldes, das für unsere Industrie mit ständig wechselnden Regularien und Marktschwankungen bis hin zu kompletten Beherbergungsverboten alles andere als einfach war, konnten wir in diesem Jahr stark expandieren. So war es natürlich ein besonderes Highlight, den Beweis für ein krisenresistentes, funktionierendes Konzept erbringen zu können.

Wie lief 2021 wirtschaftlich für Euch – habt ihr alle eure Ziele erreicht?
Wir waren davon ausgegangen, dass wir mit dem Impffortschritt zu Beginn des Jahres weniger Auswirkungen durch die Pandemie spüren würden. Trotz dessen haben wir tatsächlich alle unseren wirtschaftlichen Ziele, die wir im Herbst letzten Jahres definiert hatten, erreicht. Seit Ausbruch der Pandemie im Februar 2020 konnten wir unseren Umsatz trotz schwieriger Marktlage versiebenfachen. Außerdem haben wir in die Niederlande expandiert sowie unsere Präsenz in Spanien, Deutschland und Österreich ausgebaut. Wir wachsen also weiterhin planmäßig stark und haben weitere Fortschritte in unserem digitalen und physischen Produkt gemacht.

Was lief 2021 bei Euch nicht rund?
Ich würde eher sagen, vieles lief nicht so wie geplant. Durch die sich ständig wechselnden Gegebenheiten mussten wir uns natürlich durchgehend anpassen, ohne unsere langfristigen Ziele aus den Augen zu verlieren. Das hat unseren Mitarbeitenden sehr viel abverlangt. Es war unglaublich wichtig, sich trotz der beschlossenen Pläne ein gutes Maß an Flexibilität zu bewahren, denn nur so konnten wir sie in dieser dynamischen Zeit umsetzen. Deswegen geht ein großer Dank an unser Team, ohne das es nicht möglich gewesen wäre, die Herausforderungen der letzten zwei Jahre zu bewältigen.

Welches Projekt steht bei Euch für 2022 ganz oben auf der Agenda?
Neben dem weiteren Wachstum in unseren Kernmärkten werden wir die Expansion in weiteren europäischen Ländern vorantreiben. insofern ist es eines der zentralen Vorhaben,, unsere eigenen Standorte auszuweiten. Das zweite wichtige Vorhaben für 2022 ist, unser eigens entwickeltes Betriebssystem „limehome connect” flächendeckend umzusetzen. Mit dem Launch unseres digitalen Hotel-Franchisings haben wir in diesem Jahr bereits einen wichtigen Grundstein für die Digitalisierung des Gastgewerbes gelegt. Nun können auch andere Hotelanbieter, vom kleinen Boutique-Hotel bis hin zur Hotelkette, unsere Technologie nutzen. Durch die Digitalisierung von Front- sowie Backend-Prozessen können Betreiber von Hotels und Serviced-Apartments operativen Aufwand um bis zu 80 Prozent reduzieren und über eine AI-basierte Distribution deutlich höhere Umsätze generieren. Das ist besonders spannend für Hoteliers, da in der Implementierung keinerlei IT-Know-How erforderlich ist. Auch unsere Dienstleister wie beispielsweise für den Room Service arbeiten mit unserer Lösung. Gerade in Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, geschultes Personal zu finden, Kundinnen und Kunden sich auf eine digitale Journey eingestellt haben und Hoteliers den Veränderungsdruck spüren, freuen wir uns besonders, dass unser Konzept nun skalierbar am Markt ist.

Die deutsche Startup-Szene erlebt gerade einen ganz großen Boom. Was ist Deine Sicht auf diese absolute Hochphase?
Die mehr als 12 Milliarden US-Dollar an Wagniskapital, die dieses Jahr bereits in die deutsche Startup-Szene geflossen sind, sind natürlich ein starkes Zeichen für den Standort. Im Schatten der großen Vorbilder hat sich nun endlich auch eine breite und starke Basis entwickelt. Das kann Deutschland langfristig nur gut tun und ich hoffe, dass die neue Bundesregierung auch hier langfristig einen größeren Beitrag leistet. Man muss allerdings dazu sagen, dass sich das Kapital auf wenige gehypte Segmente wie (Enterprise-) Software, FinTech, Direct-To-Consumer oder Logistik konzentriert. Hier benötigen die meisten Unternehmen noch einige Zeit, um tatsächlich in die derzeitigen Bewertungen zu wachsen oder sich die Profitabilität des Geschäftsmodells sehr langfristig und hart zu erarbeiten. Der Herdentrieb hat hier auch einige ungesunde Auswüchse. Jedoch sorgen die hohen Bewertungen für Early-Stage-Startups auch dafür, dass viele Talente unternehmerisch tätig werden, was für den deutsche Markt sicherlich von Vorteil ist.

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Foto (oben): limehome

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.