#Interview

Ein Startup, das autonome Service-Roboter in den Massenmarkt bringt

Varomo setzt auf autonome Servicerobotik. "Wir sorgen dafür, dass sich viele dieser Dinge in Zukunft von alleine bewegen und der Mensch sich auf wichtigere Aufgaben konzentrieren kann", sagt Gründer Thomas Link.
Ein Startup, das autonome Service-Roboter in den Massenmarkt bringt
Dienstag, 26. Januar 2021VonAlexander

Das junge Startup Varomo, das von Fabian Aichele, Marco Dittmann und Thomas Link vorangetrieben wird, entwickelt selbstfahrende und autonome Transportroboter, die verschiedene Aufgaben übernehmen können. “Unser Fokus liegt auf der Software für den Roboter und seiner Intelligenz. Als ersten Anwendungsfall wird das Basismodul mit einem Aufsatz für Oberflächendesinfektion ausgestattet. Der Roboter fährt dann alleine durch Räume und beseitigt mittels UV-C Licht alle Viren und andere Erreger. Ist er in einem Raum fertig, dann fährt er in den nächsten und führt sein Werk fort”, erklärt Gründer Thomas Link das Konzept. Im Interview mit deutsche-startups.de stellt der Varomo-Macher die Idee hinter seinem Startup einmal ganz ausführlich vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Varomo erklären?
Im alltäglichen Leben – in der Arbeit oder zuhause – müssen sehr oft Dinge geholt, weggebracht oder transportiert werden. Dafür wird Zeit und Mobilität benötigt. Hier geht es zum Beispiel um das Essen im Speisesaal von Seniorenheimen oder Reha-Einrichtungen, Verbrauchsartikel, Pflegewagen auf Krankenhausstationen, Werkzeuge in der Fertigung oder Essen, Tabletten, Zeitungen zuhause. Das ist besonders herausfordernd, wenn man eingeschränkt ist. Wir sorgen dafür, dass sich viele dieser Dinge in Zukunft von alleine bewegen und der Mensch sich auf wichtigere Aufgaben konzentrieren kann. Varomo entwickelt einen selbstfahrenden und autonomen Transportroboter, welcher als Basismodul für verschiedene Aufsätze, für verschiedene Anwendungen fungiert. Der Roboter fährt dann selbständig von A nach B, folgt festgelegten Routen oder fährt dem Menschen bei seiner Arbeit hinterher. Unser Fokus liegt auf der Software für den Roboter und seiner Intelligenz. Als ersten Anwendungsfall wird das Basismodul mit einem Aufsatz für Oberflächendesinfektion ausgestattet. Der Roboter fährt dann alleine durch Räume und beseitigt mittels UV-C Licht alle Viren und andere Erreger. Ist er in einem Raum fertig, dann fährt er in den nächsten und führt sein Werk fort.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Varomo lösen?
Wir bringen autonome Servicerobotik in die Massenanwendung. Autonome Robotik-Systeme haben das Problem, dass sie zu teuer und zu komplex sind, um im großen Maßstab außerhalb von Industrieanwendungen eingesetzt zu werden. Jedoch können viele Branchen, wie zum Beispiel das Gesundheitswesen und öffentliche Einrichtungen, von dieser Technologie profitieren. Daher haben wir eine autonome Transportplattform entwickelt, die kinderleicht zu nutzen ist, ohne Einrichtungsaufwand auskommt, mit Aufsätzen für verschiedene Anwendungen ausgestattet werden kann und einen substanziellen Preisvorteil gegenüber dem Wettbewerb bietet.

Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet Varomo ein Erfolg?
Wir sind ein interdisziplinäres Team mit viel Erfahrung im Bereich Robotik, Software und Elektronik. Fabian Aichele kümmert sich als promovierter Informatiker um die Entwicklung der High-Level Software, Marco Dittmann als Mechatroniker bearbeitet die Bereiche Elektronik, Hardware und Low-Level Software und ich als BWLer kümmere mich um den meisten Rest. Durch ein starkes Partnernetzwerk haben wir einen breiten Marktzugang und Zugang zu verschiedenen Technologien, um bestmöglich für die unterschiedlichsten Anwendungen ausgestattet und vorbereitet zu sein. Dank unseres modularen Ansatzes ist unser Roboter für viele verschiedene Bereiche und Zielgruppen interessant und bietet variable Lösungen für unterschiedlichste Problemstellungen. Zu guter Letzt, weil wir von Beginn an den Anwender im Fokus unserer Entwicklung hatten.“

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell für das Basismodul und die Basis-Software ist ein Robotic-as-a-Service (RaaS) Modell. Unseren Robotik-Software-Stack vertreiben wir auch separat in einem Software-as-a-Service (SaaS) Modell. Des Weiteren gibt es verschiedene Soft- und Hardware Erweiterungen für das Basismodul bzw. Aufsätze. Für die Aufsätze haben wir Partner, die in den verschiedenen Branchen auch den Vertrieb und Service übernehmen.

Wer sind eure Konkurrenten?
Im Bereich massenmarkttaugliche Servicerobotik gibt es eine Handvoll internationale Wettbewerber – anders als in der Industrie sind wir hier noch in einem unbesetzten Markt mit sehr hohem Potenzial unterwegs. Wir denken, dass der Markt groß genug für verschiedene Player ist. Am Ende ist es so, dass außerhalb der Industrie noch viel Aufklärungsarbeit und Awareness-Bildung stattfinden muss – da helfen viele Player.

Wie ist überhaupt die Idee zu Varomo entstanden?
Wir haben einem B2C-Anwendungsfall im Gesundheitswesen begonnen: Transport von Alltagsgegenständen im häuslichen Umfeld. Ein Bekannter hatte einen Kreuzbandriss und sein Arzt machte ihn darauf aufmerksam, dass er durch die benötigten Krücken ein Transportproblem im Alltag zuhause bekommen werde. Daraus entstand die Idee eines Transportroboters, der günstig in der Beschaffung und einfach in der Bedienung sein muss. Aus dieser Anwendung hat sich mit der Zeit eine Transportlösung für verschiedene Anwendungen in Einrichtungen des Gesundheitswesens entwickelt – Transport von Essen im Speisesaal oder ein autonomer Pflegewagen beispielsweise. Dann kam die Corona-Pandemie und im Gesundheitswesen gab es andere Prioritäten. Gleichzeitig kam Aufmerksamkeit für das Thema Hygiene und Reinigung auf. Durch viele Gespräche mit Partnern, Investoren und Kunden wurde die Idee der modularen, autonomen Servicerobotik gefestigt und es hat sich eine klare Go-to-market Strategie für die Entwicklung und den ersten Business Case herauskristallisiert.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Natürlich hatte die Corona Pandemie auch für uns große Auswirkungen – wir konnten unter anderem keine Testphasen mehr bei unseren Pilotkunden im Gesundheitswesen durchführen. Daraus hat sich jedoch ergeben, dass wir uns auf die Entwicklung konzentrieren konnten und einen kleinen Schubs in Richtung eines klar definierten Use-Cases für den Markteintritt bekommen haben.

Wo steht Varomo in einem Jahr?
Unser erstes Produkt ist in Serienproduktion, wir sind in mehreren europäischen Ländern am Markt, bauen unseren Software-Stack aus und integrieren weitere Partner für neue Anwendungsfälle.

Start-ups mit Impact powered by Samsung

In unserem Themenschwerpunkt “Start-ups mit Impact” berichten wir regelmäßig über die Zebras unter den Start-ups. Wir begleiten die Geschichten von Gründungsteams mit innovativen technischen Lösungen, die nachhaltige und wirtschaftliche Ziele gleichermaßen verfolgen. Die Rubrik wird gefördert von Samsung in Partnerschaft mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland und dem Impact Hub Berlin, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, an besseren Rahmenbedingungen für soziale Innovationen mitzuwirken. In der Artikelreihe beleuchten wir das Potenzial der Zebra-Szene. Weitere Infos bei: Samsung for Impact.

Foto (oben): Varomo

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.