#Interview

Ein Startup, das Punkte fürs Händewaschen verteilt

Händewaschen ist jetzt auf einmal hip! "Bei unserer App bekommen Mitarbeiter in einem Unternehmen Punkte für das Händewaschen und für das Hände desinfizieren, welche anschließend gegen Preise eingetauscht werden können", sagt Sebastian Roßkothen von Herr Westermann.
Ein Startup, das Punkte fürs Händewaschen verteilt
Donnerstag, 23. Juli 2020VonAlexander

Das Kölner Startup Herr Westermann, das von Tobias Strelow und Sebastian Roßkothen gegründet wurde, will das Händewaschen bzw. das Desinfizieren in großen und kleinen Unternehmen fördern und gleichzeitig die Mitarbeiter miteinander vernetzen. Gamification darf dabei selbstredend nicht fehlen: Die App belohnt die Nutzer mit virtuellen Punkten. Im Interview mit deutsche-startups.de stellt Herr Westermann-Macher Roßkothen sein Startup einmal ganz genau vor.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Herr Westermann erklären?
Bei unserer App bekommen Mitarbeiter in einem Unternehmen Punkte für das Händewaschen und für das Hände desinfizieren, welche anschließend gegen Preise eingetauscht werden können.

Welches Problem genau wollt Ihr mit Herr Westermann lösen?
Deutschlands Arbeitgeber hatten in den vergangenen Jahren zunehmend mehr Kosten durch kranke Mitarbeiter. Zwischen 2010 und 2018 hat sich der Betrag für die Lohnfortzahlungen durch Krankheitsausfall fast verdoppelt. Die häufigsten Krankheitsursachen sind Atemwegsinfekte und Magen-Darm-Erkrankungen, also Krankheiten mit einem hohen Ansteckungsrisiko. Nicht jeder Mitarbeiter bleibt bei einer Erkrankung zu Hause und geht weiterhin zur Arbeit und jeder Dritte wäscht sich nicht ausreichend oder regelmäßig die Hände. Trotzdem werden Türklinken, Computertastaturen oder an Kaffeeautomaten. Dort sammeln sich die Krankheitserreger. Richtiges Händewaschen oder Desinfizieren reduziert die Übertragungsrate von Viren. Weniger Viren – weniger kranke Mitarbeiter.

Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet Herr Westermann ein Erfolg?
Purer Wille. Es hat große Vorteile, wenn zwei Gründer bei dem Thema Erfolg dickköpfig und durchsetzungsstark sind. Und wenn beide Dickköpfe ein gemeinsames Ziel haben und zielstrebig und voller Leidenschaft an einem Projekt arbeiten steht einem Erfolg Nichts mehr im Weg. Ein weiterer Erfolgsfaktor wird unsere Agilität und Flexibilität sein.

Wer sind eure Konkurrenten?
Es gibt aktuell zwei Apps mit 10.000+ Downloads, die das Händewaschen kontrollieren. Trotz der aktuellen Thematik ist der Erfolg der aktuellen Konkurrenten jedoch gering, da die Nutzer einen geringen Mehrwert durch die Nutzung erhalten. Unser Konzept hat einen grundlegend anderen Ansatz. Mit Spaß, Challenge und Gewinnen setzen wir gezielte Anreize sich die Hände zu waschen.

Wo steht Herr Westermann in einem Jahr?
Wir beginnen mit einem MVP-Ansatz der das Händewaschen bzw. das Desinfizieren fördert. So wollen wir unseren Beitrag dazu leisten in der Corona Zeit zu helfen. Eine unserer großen Stärken ist die Kreativität, sodass wir die App nach dem erfolgreichen Markteintritt kontinuierlich mit neuen Funktionen erweitern werden. Wir werden die App weiter ausbauen, sodass die App für SMEs als Unternehmens App genutzt werden kann. Dazu werden wir in der App weitere, für Unternehmen interessante Funktionen, integrieren – zum Beispiel Zeiterfassung, ToDos. Unterstützt werden wir bei der strategischen Erweiterung von Mentoren und Kooperationspartnern.

Reden wir zudem noch über den Standort Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Das Ökosystem Köln wird aufgrund des Fokus auf Berlin sehr unterschätzt. In den letzten Jahren hat sich das Startup-Ökosystem im gesamten Rheinland stark verbessert. Durch Universitäten, wie der RWTH Aachen oder der Uni Köln, gibt es hier unserer Meinung nach mit die besten Voraussetzungen talentierte, ambitionierte und junge Leute für die Unternehmensgründung zu gewinnen.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Die Startup Szene in Köln profitiert von dem engen, fast familiären Zusammenhalt und von den Personen, die ihr Handwerk sehr gut verstehen und von denen man tagtäglich profitiert, wie von Anna-Lena Kümpel oder Lukas Gräf.

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
Die große Anzahl an Informatikern, welche an der RWTH oder FH Aachen studieren. In Köln und dem Umland ist die Knappheit an guten Entwicklern nicht so groß wie in anderen Standorten Deutschlands. Dadurch wird eine gute und digitale Umsetzung mit einem gut aufgestellten Team eher möglich.

Was fehlt in Köln noch?
Dem Standort Köln fehlt ein Top Accelerator-Programm.

Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens: Einen Top-Accelerator. Zweitens: Besseres Netzwerk aus Mentoren, Investoren und Acceleratoren. Drittens: Höhere Aufmerksamkeit in den Medien.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.