#Interview
“Gib niemals auf! Ideen müssen ausprobiert, Konzepte getestet werden”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Maximilian Block, Gründer der Online-Rechtsberatung advocado.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Natürlich mit Kaffee und meinem iPad! Beim Frühstück scrolle ich mich durch die sozialen Medien, Startup-News und die wichtigsten Legal Tech-Seiten, um auf dem Laufenden zu bleiben. Auch ein Blick in die aktuellen advocado-Kennzahlen ist Pflicht. Dann auf ins Büro, das nur wenige Minuten entfernt ist – am liebsten fahre ich die Strecke mit meinem Rennrad. Anschließend lege ich noch einen Kaffee nach, klappe den Laptop auf und digitalisiere den Rechtsmarkt.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Je nach Wetter fahre ich gerne noch eine Runde mit dem Rad. Greifswald liegt ja an der Küste, da kommt ein bisschen Urlaubsfeeling auf. Wenn mir nach Gesellschaft ist, treffe ich mich gern mit Freunden oder meinem Team, zu dem ich glücklicherweise ein tolles, freundliches Verhältnis habe. Besonders meine Partnerin und Sohn bringen mich nach einem anstrengenden Tag immer auf gute Gedanken. Ab und zu schaffe ich es meiner alten Leidenschaft nachzukommen, und besuche Rennveranstaltungen der RC-Szene.
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Mein Mitgründer Jacob und ich sind Erstgründer. Wir kamen direkt aus der Uni, mit 1.000 Euro Startkapital. Anfangs waren uns viele Begriffe und Ansätze der erfolgreichen Startup-Gründung nicht wirklich bekannt. Es dauerte eine Zeit, uns dieses Wissen über Finanzierungen und Unternehmensaufbau für digitale Geschäftsmodelle gemeinsam praktisch anzueignen. Rückblickend hätte ich mir bereits im Studium mehr praxisnahe Tipps und Hilfestellungen für das Gründerdasein gewünscht. Ich habe klassisch die Rechtswissenschaften durchlaufen, mit sehr gutem und direktem Kontakt zu den Professoren. Einer von ihnen schickte mich letztendlich mit meiner Idee in den universitätseigenen Ideen- und Businessplanwettbewerb. Ich war seit jeher von dieser Idee überzeugt und mein bis dato halbes Leben mit der Digitalisierung des Rechtsmarktes befasst. Es war also klar: Ich muss es wagen. Eine direkte Unterstützung oder Mentoring während des Studiums gab es damals leider nicht.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Da gibt es zwei Dinge, die mir spontan einfallen: Gerade in der Early Stage, aber auch jetzt in der Expansion Stage, müssen wir immer wieder Menschen von unserem Geschäftskonzept überzeugen. Das ist zwar normal für ein Startup, aber insbesondere in unserer noch hochregulierten Branche schwierig: Viele Anwälte sträuben sich gegen die fortlaufende Entwicklung, weil sie unsicher oder skeptisch gegenüber den Einsatzmöglichkeiten von Legal Tech sind. Die zweite Hürde zeigte sich in der Praxis. Nicht immer ist die erste Idee gleich die beste – da hilft nur, sie am Markt und vor allem direkt am Kunden zu testen. Nachdem advocado also 2014 von uns gegründet wurde, haben wir unser Konzept 2016 noch einmal grundlegend überarbeiten müssen. Wir hatten in dieser Phase zwei wichtige Learnings: Erstens: Stets hinterfragen, ob das ermittelte Problem in der Praxis tatsächlich ein Problem darstellt, und zweitens: Ist dieses Problem nicht Teil eines viel größeren Problems, das es zu lösen gilt? Dadurch haben wir erkannt, dass der Zugang zum Recht zwar für Anwälte problematisch ist und passende Lösungen benötigt, jedoch der einfache Zugang grundsätzlich aus Mandantensicht beginnt – bei der Anwaltssuche und somit bei der Customer Journey. Diese Sichtweise auf den Markt und die Interessen bilden die Grundlage für unsere heutige, mehrfach ausgezeichnete Dienstleistung. Unsere ursprüngliche Geschäftsidee hinter mir zu lassen, fiel mir nicht leicht. Aber wie man sieht, war es die richtige Entscheidung.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich habe Jura studiert. Das war natürlich kein “Fehler”, doch meine “juristische Brille” begleitet mich seitdem. Dadurch habe ich vor allem in den Anfangsjahren immer wieder einfach und gut klingende Produktentwicklungen, die sich Jacob überlegte, juristisch bis ins Detail geprüft und schlussendlich abgewiesen. Seine Antwort darauf war: “Das, was du juristisch meinst, ist betriebswirtschaftlich totaler Quark”. Mittlerweile habe ich mich angepasst und viel dazu gelernt. Auch das Chef-sein und Delegieren ist ein fortlaufender Lernprozess.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Es kommt natürlich auf die Entwicklungsphase des Startups an. Am Anfang über das eigene Netzwerk und Empfehlungen. Unseren CTO und ersten Entwickler haben Jacob und ich zum Beispiel im Greifswalder “Humboldt” rekrutiert. Zuvor hatte ich beide über ein Business-Netzwerk angeschrieben und mich auf einen Kaffee mit ihnen verabredet. Sie nahmen es gar nicht als „Bewerbungsgespräch” wahr. Dennoch war es der Startschuss für erfolgreiche Zusammenarbeit, bis heute. Persönlicher Austausch und Gespräche sind vor allem in der Anfangsphase des Startups wichtige Erfolgsfaktoren, um ein gut funktionierendes Team aufzustellen. Letztendlich muss jeder für die Idee und das Unternehmen brennen, wie die Gründer selbst. Auch wenn das Unternehmen schon gewachsen ist, sollte ein Gründer bei den Interviews für wichtige Stellen dabei sein. Oft kann nur Er oder Sie passende Kandidaten erkennen. Das sind dann die mit der Mischung aus den geforderten Skills und Erfahrungen, Sympathie und diesem “Feuer in den Augen”. Hier zitiere ich gern Dr. Wolfgang Kemna, einen unserer Business-Angels und ehemaliger SAP-Manager: „Egal ob es die 500. oder 2000. Einstellung war, einer der SAP-Gründer war immer persönlich dabei. Das war ein wesentliches Erfolgskriterium.” Softskills und Passion sind in einer Bewerbung nicht so ohne weiteres darstellbar.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Ich habe sogar zwei Tipps. Erstens: Wartet nicht zu lange mit der Umsetzung und den ersten Kundenerfahrungen. Tragt eure Ideen schnell in die Welt. Nur so erfahrt ihr, wie die Welt da draußen auf euch und die Geschäftsidee reagiert. Der erste Kontakt zu potenziellen Kunden ist entscheidend. Sie geben dir wichtige Impulse und Hilfestellungen, mit denen du die Ideen, Konzepte und Produkte immer weiter verbessern kannst. Zweitens: Gib niemals auf! Ideen müssen ausprobiert, Konzepte am Markt getestet werden. Nur wer aus den unerwünschten Ergebnissen und Niederlagen die richtigen Rückschlüsse zieht, trifft ausgewogene Entscheidungen. Und die müssen konsequent sein. Platz für Zweifel darf es dann keinen geben.
Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Oha. Ich sage mal so, da wir uns täglich sehr schnell im Unternehmen austauschen, brauchen wir Slack für die schnelle interne Kommunikation und auch mal für das ein oder andere witzige Meme. Trello, um die vielen Aufgaben zu koordinieren und organisieren. Und über LinkedIn sind wir mit anderen Gründern, Legal Tech-Experten und Geschäftsleuten auch international vernetzt. Wenn diese drei Tools fehlten, dann wäre es ziemlich langweilig, chaotisch und einsam im Unternehmen.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
So banal es klingt: Offene Kommunikation und Wertschätzung. Dazu kommen kleine Aufmerksamkeiten wie Eis im Sommer, regelmäßige Teamevents oder wie jetzt gerade ein Adventskalender. Außerdem pflegen wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lob und konstruktiver Kritik. Und egal, wie stressig es gerade ist, wir versuchen immer, ein offenes Ohr für alle zu haben.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Die wenigsten wissen vermutlich, dass Jacob und ich uns anfangs kostenbedingt knapp vier Jahre eine kleine Einraumwohnung teilten und wir auch heute noch gut miteinander auskommen (lacht). Das war schon wild und hart. Dann war da der nennenswerte und wilde Roadtrip mit dem Auto zu einem großen Pitch-Event im Rheinland. Es war Mitte 2015 und uns war damals wie heute jede Minute kostbar und diese durften nicht verschwendet werden. Die Zusage kam rechtzeitig. Anstatt einen Abend früher zu fahren, fuhren wir morgens 800 Kilometer hin und abends 800 Kilometer zurück nach Greifswald – dazwischen dann die 6-stündige Veranstaltung.
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