#Umfrage

Das Ruhrgebiet kann inzwischen auch Startups! Aber es fehlt auch noch viel in der Region!

Das Ruhrgebiet hat inzwischen einen festen Platz auf der Startup-Landkarte des Landes. Doch, was genau fehlt im Ruhrgebiet noch? Wir haben einige junge und erfahrene Gründerinnen und Gründer aus der Region genau danach befragt. Hier ihre Antworten.
Das Ruhrgebiet kann inzwischen auch Startups! Aber es fehlt auch noch viel in der Region!
Mittwoch, 11. Dezember 2019VonAlexander

Das Ruhrgebiet ist mehr als ein Lebensraum. Für die Menschen zwischen Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen ist das Ruhrgebiet ein Lebensgefühl. Auch Startups erblühen im Pott inzwischen vermehrt. Es herrscht digitale Aufbruchstimmung an Lippe, Ruhr und Emscher. Überall entstehen neue Initiativen, die Gründer unterstützen.

Allerorts entstehen neue Anlaufstellen für Gründer. Kurzum: Der digitale Pott kocht!  Den Startups quo im Revier kann jeder in unserem Buch #EmscherEinhörner nachlesen! Doch, was genau fehlt im Ruhrgebiet noch? Wir haben einige Gründerinnen und Gründer aus der Region genau danach befragt. Hier ihre Antworten.

Die Überzeugungsarbeit, dass aus einem kleinen Startup etwas Großes werden kann, fehlt im Ruhrgebiet noch. Es gibt auch in unseren Breitengraden viele Erfolgsstorys, die aber auch nach außen getragen werden müssen. Man muss sich nicht profilieren, aber man sollte sich auch nie zu klein machen, denn die bessere Currywurst gibt’s auf jeden Fall bei uns im Ruhrgebiet!
Daniel Marx, Urlaubsguru

Im Gegensatz zu Berlin ist das Ruhrgebiet noch sehr leise, was die eigene Startup-Szene angeht. Die Menschen hier machen vielleicht von jeher weniger Aufheben um sich selbst und sind sehr bodenständig. Hier wird einfach angepackt. Dafür fehlt dann der große Hype, obwohl es in der Region herausragende Startups gibt. So verkauft man sich dann im Vergleich zu anderen Regionen etwas unter Wert und wird nicht so stark wahrgenommen. Hier ist in letzter Zeit schon einiges passiert, aber alle gemeinsam – Gründer, Investoren, Corporates, Hochschulen, Politik – können hier noch mehr machen.
Jens Schütte, GastroHero

Mehr mutige Gründer, die das Potenzial, das hier im Ruhrgebiet zweifelsohne vorhanden ist, ausnutzen.
Stefan Peukert, Masterplan

Sicherlich gilt das nicht nur für Bochum, sondern auch für den Großteil der Republik. Einerseits fehlen mehr erfahrene Gründer, Vorbilder oder Leitfiguren, die Junggründer auf ihrem Weg unterstützen. Und außerdem noch wesentlich mehr Finanzierungsoptionen durch qualifizierte Investoren. Banken sind leider in der Regel mit Fremdkapital keine geeigneten Partner für Startups im Aufbau. Verluste durch Wachstum und Investitionen passen mit ihrer Welt und ihren strengen Regularien einfach nicht zusammen. Daher brauchen wir hier Investoren, die an die Technologien glauben, welche die Geschäftsmodelle verstehen und bereit sind, die Transformation zu begleiten. Gäbe es hier einen vergleichbaren Venture-Background wie in Kalifornien, könnten sich die anderen warm anziehen. Haben wir aber – noch – nicht.
Christian Großmann, Ingpuls

Eine Business-Angels-Struktur ist im Ruhrgebiet vorhanden, und die Anzahl an Business Angels wächst. Jedoch sind vor allem Venture-Capital-Geber im Ruhrgebiet rar. Um diese kennenzulernen, muss man sich in Berlin auf den Events aufhalten. Wenn man in Berlin ein Startup gründet, kann man an fast jedem Tag ein Event besuchen. Die Möglichkeiten der Vernetzung genauso wie die Förderung durch zum Beispiel Seminare sind in Berlin vielfältiger als im Ruhrgebiet.
Lea-Maria Zimmermann, Bauduu

Sicherlich noch eine verbesserte Kommunikation zwischen den Städten untereinander – Kommunen und Unternehmen – und das Zusammenspiel der Unternehmen, wenn es um Knowhow-Transfer geht.
Selcuk Günes, Bannerkönig

Ein fixer Treffpunkt für die Gründer-Szene. Es fehlt in Bochum eine Kreativ-Oase wie das Unperfekthaus in Essen.
Tim Kahrmann, Pflegix

Definitiv mehr Startups und mehr Erfolgsgeschichten, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen.
Philip Müller, Fleetbird

Es wäre klasse, wenn die Universität Duisburg-Essen für uns relevantere Studiengänge anbieten würde. Wir haben derzeit Glück, dass wir viele gute Absolventen von der Uni Bochum gewinnen.
Thorsten Muschler, Maschinensucher

In vielerlei Hinsicht verkauft sich das Ruhrgebiet als Metropole weit unter Wert. Vieles passiert in Köln und eben nicht hier. Und das, was hier passiert, bekommt manchmal über die Grenzen gar keiner so richtig mit: Schon mal bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen gewesen, bei einem der ältesten und größten Theaterfestivals Europas? Der Grimme-Preis wird übrigens jedes Jahr in Marl verliehen. In den Köpfen der Leute ist das Ruhrgebiet nicht präsent genug, und es steht auch für nichts. Ich habe die Erfahrung selbst gemacht: Als ich damals den Job gewechselt habe und von Koblenz nach Bochum gezogen bin, haben mich in der alten Firma alle für bekloppt erklärt, weil keiner verstehen konnte, wie man da freiwillig hinziehen kann – und Bochum ist die schönere Stadt, das weiß nur keiner.
Ralf Biesemeier, Readbox

Dass die Institutionen wie Unis oder Wirtschaftsförderungen auch jenseits der Stadtgrenzen mitdenken und handeln. Wenn’s nach mir geht, dann würde ich das Ruhrgebiet “Metropole Ruhr” nennen und aus den Städten  Stadtteile machen und dann dafür sorgen, dass mehr zusammengearbeitet werden muss.
Sebastian Deutsch, 9elements

Eine bessere Vernetzung der Städte untereinander. Das ist eine Herausforderung. Man muss nicht in Ökosystemen denken, sondern ein großes, übergreifendes Ökosystem schaffen. Wir werden mit der Q.One dazu beitragen, eine zentrale Anlaufstelle für Startups zu bauen.
Carsten Puschmann, Q.One

Ganz sicher ist hier eine kontinuierliche sowie nachhaltige Vernetzung von Startups und Investoren noch sehr unterentwickelt. Es ist deutlich spürbar, dass das Interesse dafür immer mehr zunimmt, jedoch auch noch viel Aufbauarbeit zu leisten ist. Diverse Veranstaltungen, wie der RuhrSummit, tun der Region gut. Wir haben beispielsweise dort bemerkt, wie viel Awareness wir bei einer solchen Plattform generieren. Wir wünschen uns noch viel mehr davon! Förderlich wäre auch eine stärkere Gesamtvermarktung der Region, zum Beispiel ein gemeinsamer Claim, von dem alle profitieren.
Mirco Grübel, Myster.de

Einer der wichtigsten Punkte ist sicher die noch mangelnde Wahrnehmung und vor allem die damit einhergehende fehlende Präsenz von internationalen Investoren. Nicht
nur im Vergleich zu Berlin, sondern auch im Vergleich zu Düsseldorf oder Köln. Es gibt im Ruhrgebiet mittlerweile zwar erste große und bekannte Startups wie Urlaubsguru oder GastroHero sowie millionenschwere Exits – Employour – und stark wachsende Startup-Cluster in den einzelnen Städten, es braucht aber vielleicht das erste Einhorn, um noch stärker zu Startup-Metropolen wie Berlin, aber auch zu Städten wie Hamburg, München oder Köln aufzuschließen. Aber alles ist auf einem guten Weg.
Florian Ziegler, rent-a-guide

Im Pott fehlt eine übergreifende Wahrnehmung von Startups. Das Thema Startups, insbesondere Startups mit einem Lösungsfokus für die Schwerindustrie, ist noch nicht flächendeckend in der Gesellschaft und Industrie angekommen. So wird man vielfach als Exot wahrgenommen und weniger als ein Partner oder Lieferant auf Augenhöhe. Dies ist in der Regel aber auf die hier angesiedelten konservativen Industrien zurückzuführen. Verschiedene, teilweise von der Politik initiierte oder unterstützte regionale und überregionale Formate haben in der Vergangenheit bereits viel an diesem Denken geändert und werden dies auch in Zukunft vermehrt machen.
Sebastian Kowitz, Talpasolutions

Die Wahrnehmung des Ruhrgebiets ein als Innovationsstandort. Selbst vielen hier ansässigen Unternehmen fehlt noch das Bewusstsein für die Möglichkeiten, die sich vor ihrer Haustür bieten, und sie gehen lieber in die großen Metropolen.
Martin Becker, Puppeteers

Mut zum Gründen und Investieren.
Georg Moser, Soccerwatch.tv

Im Vergleich zu den Startup-Hochburgen fehlt hier ganz klar der Zugang zu relevanten Investoren. Das ist in Berlin natürlich viel besser. Dort kann man viele Leute auf dem kurzen Dienstweg in kurzer Zeit treffen. So ein Prozess dauert aus dem Pott heraus natürlich länger. Und auch wenn man jemanden an der Angel hat, bekommt man leider ständig die Frage gestellt, warum man denn nicht nach Berlin, Hamburg oder München gehen würde. Viele können sich das einfach nicht vorstellen und denken, wir leben hier hinterm Mond. In Sachen Gründergeist hinken wir jedoch noch stark hinterher. Die Angst vorm Scheitern ist hier einfach sehr stark verankert. Aus meinem familiären Umfeld sowie dem Freundes- und Bekanntenkreis waren die meisten sehr skeptisch. Der Großteil hätte so einen Schritt, seine eigene Firma zu gründen und damit eben „alles auf eine Karte zu setzten“, auch nicht gewagt. Auf der anderen Seite bin ich genauso froh, nach Feierabend nicht ständig über irgendwelche Ex-Rocket-Leute, die nächste Finanzierungsrunde und das Uber für X sprechen zu müssen.
Ben Künstner, Pottsalat

Ein klarer Leitfaden zur Existenzgründung. Viele Dinge, die ich nicht wusste, haben sich nur durch Zufall herausgestellt.
Thomas Knappe, Der Palmenmann

Das Mindset des Mittelstands und der Konzerne, aber auch vieler Menschen, was Gründungsförderung anbelangt, ist im gesamten Ruhrgebiet suboptimal. Damit verschwenden wir Potenzial.
Stefan Gerth, Die Bewerbungsschreiber

Eine größere Bereitschaft des lokalen Mittelstands, sich den Startups zu öffnen. Die großen Konzerne sind da schon weiter und bilden Allianzen mit Startups. Den mittelständischen Unternehmen in der Region droht gerade, sich in Sachen der Digitalisierung abhängen zu lassen, obwohl die passenden Partner dafür schon vor Ort sind.
Florian Kruse, Point 8

Um die Startup-Szene hier größer zu machen, fehlen vor allem Geld und Investoren. Ansonsten werden auch in Zukunft die besten Ideen ins Ausland oder nach Berlin abwandern, wo größere Investments locken.
Philip Cappelletti, MySugardaddy

Im Ruhrgebiet fehlt immer noch eine bessere Vernetzung der Städte, auch wenn schon intensiv daran gearbeitet wird. Ich denke, der Prozess dauert einfach eine gewisse Zeit. Zusammengenommen leben hier mehr als fünf Millionen Menschen, die theoretisch ein riesiges Potenzial haben. Generell sind viele andere Entwicklungen noch am Anfang, aber grundsätzlich fühlt man sich als Startup insbesondere durch Institutionen wie den Ruhr:HUB sehr gut aufgehoben und unterstützt.
Hendryk Hosemann, Brytes

Da ich als Schalker im ewigen Streit mit meinen Mitgründern stehe: ein guter Fußballverein. Spaß beiseite – aktuell mangelt es uns eigentlich an nichts. Bundesweit gesehen wird die Attraktivität des Standortes Dortmund allerdings nicht wirklich wahrgenommen; das finden wir sehr schade. Ein großer Unterschied ist auch, dass es in Berlin und München scheinbar leichter ist, junge Menschen für die Arbeit in einem Startup zu begeistern. Viele wollen in diese Städte ziehen und das Abenteuer Startup auf sich nehmen. Aus unserer Erfahrung muss man sich hier mehr strecken, um Absolventen von einer Vision zu begeistern. Vielleicht ist das die Kehrseite der Bodenständigkeit hier in der Region, dass viele Menschen lieber einen Job mit mehr Sicherheit, aber weniger Gestaltungsmöglichkeit suchen.
René Grzeszick, MotionMiners

Ich glaube, ein bisschen mehr Vernetzung und ein engerer Austausch mit anderen Startup-Regionen in Deutschland wie Berlin und München, aber auch auf europäischer Ebene würde uns sicher guttun. Eine starke, eigenständige und unabhängige deutsche bzw. europäische Digitalwirtschaft kann nur entstehen, wenn wir nicht zu kleinteilig denken und die Startup-Hubs sich zusammentun.
Alexander Schüle, Couponplatz

Also wir sind rundum glücklich! Wir bemerken jedoch immer wieder, wie das Ruhrgebiet von Berlinern, Hamburgern oder Münchnern ganz klar unterschätzt wird. Irgendwie bekommen Außenstehende diesen Wandel von der Kohlehauptstadt zum digitalen Ballungszentrum gar nicht mit. Am Ruhrgebietsimage könnte man auf jeden Fall noch etwas basteln, ganz nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber.
Genia Lewitzki, WG Held

Eigentlich fehlt es dem Ruhrgebiet an nichts. Das Ruhrgebiet hat ganz im Gegenteil eine zu stark in der Vergangenheit positionierte Marke. Noch immer verbinden die Menschen in Deutschland und darüber hinaus das Ruhrgebiet mit alten Industrien wie Kohle, Stahl und Automobilbau. Diese Marke gilt es digital neu zu erfinden und bekannt zu machen.
Bastian Siebers, Babymarkt

Es fehlt hier noch der ganz große Riesen-Exit oder die ganz große Finanzierungsrunde. Klar, gab es schon mehrere größere in den letzten Jahren, aber es fehlt so der richtige Leuchtturm für das Ruhrgebiet oder für NRW.
Sebastian Janus, Beautyself

Leider fehlt es Bochum und auch der Metropole Ruhr, trotz vielversprechender Kampagnen, immer noch an einem gesunden Selbstbewusstsein. Ich bemerke zwar eine spürbare Verbesserung dieser Situation, merke aber auch, dass es noch sehr viel Kraft bedarf, das Image als aufgegebenen Kohle- und Stahlstandort abzulegen. Viele Unternehmen, egal ob Startup oder etabliert, tragen maßgebend zur Digitalisierung aller Wirtschaftsbereiche weit über die Grenzen des Ruhrgebiets bei, bleiben aber meist unter einer „medienwirksamen Hörschwelle“.
Andreas Lüning, G Data

Der digitale Pott kocht – #Ruhrgebiet


Mit hunderten Startups, zahlreichen Gründerzentren und -initativen, diversen Investoren sowie dutzenden Startup-Events bietet das Ruhrgebiet ein spannendes Ökosystem für Gründer. ds, die Gründerallianz Ruhr und der ruhr:HUB berichten gemeinsam über die Digitalaktivitäten im Revier.

Einhörner an der Emscher?! #BUCHTIPP

Das Buch “Wann endlich grasen Einhörner an der Emscher – Startups im Ruhrgebiet“ erzählt die spannendsten Startup- und Grown-Geschichten aus dem Ruhrgebiet. Viele mutige Ruhrgebietler setzten in den vergangenen Jahren ihre Ideen um und gründeten eigene Unternehmen. Diese spannenden Startups sind aber oftmals in der Region nicht bekannt. Das will dieses Buch ändern! Jetzt bestellen!

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Foto (oben): Shutterstock

 

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.