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“Nicht jeder mag das turbulente Treiben in Berlin”

Köln hat seinen festen Platz auf der Startup-Landkarte des Landes! Doch was genau spricht überhaupt für Köln als Startup-Standort? "Der Kölsche Klüngel hat oft einen negativen Ruf, ist in Köln aber oft eine besondere Art des Netzwerkens", sagt der Rheinländer Alexander Kaiser von pooliestudios.
“Nicht jeder mag das turbulente Treiben in Berlin”
Mittwoch, 16. Oktober 2019VonTeam

In Köln gibt es schon lange eine sehr umtriebige Startup-Szene. Zahlreiche große und kleine Jungfirmen haben ihren Sitz in der Domstadt. Doch was genau spricht überhaupt für Köln als Startup-Standort?  Hier einige Antworten von waschechten Colognepreneuren.

Köln ist übersichtlich und die Menschen sind sehr offen und vor allem hilfsbereit. Das sprichwörtliche rheinische Gemüt haben wir immer als sehr hilfreich wahrgenommen. Man kennt ja vielleicht den fast sprichwörtlichen Paragraphen aus dem kölschen Grundgesetz: “Et iss noch immer joot jejange”. Das klingt nun vielleicht ein wenig Gründer-untypisch “passiv” und nicht bis ins letzte durchgeplant, andererseits steckt da aber auch unheimlich viel Optimismus drin. Und natürlich geht man als Gründer immer wieder auch durch anstrengende, vielleicht auch mal ausweglos erscheinende Situationen und da hilft es dann schon, wenn man die Dinge hin und wieder gelassen nimmt. Mir fällt da ein Beispiel aus dem letzten Jahr ein: wir hatten alles für den Ironman Hawaii gebucht, Team, Unterkunft, Ware die hingeschickt wurde und etwa vier Wochen vor dem wichtigsten Event des Jahres sagte man uns das Cafe ab, welches wir anmieten wollten. Und so standen wir vor einem Berg von Kosten und potentiell keiner Möglichkeit diese über Vorort Verkäufe zu refinanzieren. Bei einem gemeinsamen Mittagslauf ist uns dann aus einem der Vorjahre ein kultiger Eisverkäufer in einem Bambus-Truck in den Sinn gekommen. Zu ihm nahmen wir Kontakt auf und brandeten den Eistruck dann in letzter Minute und hatten so zumindest einen kleinen mobilen Pop-Up Store. Das war schonmal super. Da unser Mitgesellschafter und sportliches Aushängeschild Jan Frodeno wegen einer Verletzung nicht starten konnte, hat er aus Spaß dann ein kleines Video gepostet wo er aus dem Eistruck heraus Eis verkauft. Und dieses Video ist dann ziemlich viral gegangen und diverse Medien sind drauf gesprungen.  Aus der eigentlichen Katastrophe der Absage unseres Pop-Up spots wurde also eine geniale Viralaktion.  Im besten Sinne war also “alles joot jejange”
Mario Konrad, Ryzon
In Köln ist die Startup-Szene gerade im Kommen. Das hat vor allem beim Recruiting große Vorteile. NRW ist sehr dicht besiedelt, hier gibt es viele Universitäten und ganz viele motivierte Menschen, die sich als Berufseinstieg einfach nicht die Arbeit in einem Konzern vorstellen können. Mit den typischen Startup-Benefits für Mitarbeiter hat man hier einen echten Recruitment Vorteil.
Benedikt Kolbinger, snabBus
Der Kölsche Klüngel hat oft einen negativen Ruf, ist in Köln aber oft eine besondere Art des Netzwerkens und bietet vielen Startups und Unternehmen eine Chance, die man in anderen Städten vielleicht nicht so wieder findet – getreu dem Motto: Man kennt sich, man hilft sich. Am besten geht das natürlich bei einem Kölsch.
Alexander Kaiser, pooliestudios 
Der Einzugsbereich um geeignete Mitarbeiter zu finden ist viel größer als in Berlin. NRW ist ja das größte Bundesland. Viele kommen aus dem Umland wie Ruhrgebiet, Düsseldorf, Bonn, Koblenz, etc. um in Köln zu arbeiten. Der Wohnungsmarkt ist ähnlich angespannt wie in Berlin, aber im Umland etwas zu finden ist nicht so schwer. Die Lebens- und Freizeitqualität im Rheinland ist sehr hoch. Köln ist sehr weltoffen und nicht jeder mag das turbulente Treiben in Berlin. Hinzu kommt, dass die Landesregierung gegenüber Startups sehr offen ist und die Digitalszene unterstützt wird. Immerhin hat NRW mit Prof. Pinkwart einen renommierten Digitalminister, Berlin hat meines Wissens keinen. Wir haben also gute Chancen, hier geeignete Kollegen zum Auf- und Ausbau eines Startups zu finden.
Harald Meurer, Creative Shopping
Grundsätzlich ist Köln und das Rheinland ziemlich gut geeignet für Food-Start-ups. Es gibt hier viele Food-Unternehmen aller Größenordnungen und auch eine gute Anbindung an den Handel mit der Rewe und der Metro. Des Weiteren sind die wichtigsten Leitmessen der Welt in Köln beheimatet. Als Gründer haben wir in Köln ja ziemlich alle Etappen mitgenommen: Von der heimischen WG-Küche über einen Büroplatz im Gründungszentrum der Uni Köln und dem – mittlerweile geschlossenen – Solution Space, bis hin zu den eigenen Büros im Forum Food und Nachhaltigkeit. In Köln gibt es für alle Situationen und Phasen der Unternehmen passende Formate: Von Frühphasenförderung und Wettbewerbe über lässige Netzwerktreffs bis hin zu professionellen Unternehmerrunden. Co-Working-Spaces sind in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Es gibt alles, aber – noch – nicht zu viel. Durch die karnevalistische Art sagt man Köln ja häufig eine Unverbindlichkeit in Beziehungen nach. Im professionellen Umfeld kann ich das aber nicht bestätigen. Man läuft sich hier gezwungener Maßen hin und wieder über den Weg, die Wege sind kürzer, man trifft sich einfach mal auf einen kurzen Kaffee oder schnelles Kölsch. Während meiner Zeit in Berlin habe ich eher erlebt, dass die Menschen durch die Größe der Stadt ein wenig träge werden und die professionellen Beziehungen dadurch etwas oberflächlicher.
Timo Bäcker, Swarm Protein

Kölle is e jeföhl – #Köln


In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

Foto (oben): Shutterstock