#Interview
Wenn am Tag der Seed-Finanzierung das Büro abbrennt
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Ersan Günes von IntraNav, einer IoT-Plattform für die Ortung von Waren- und Materialflüssen.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Mein Tag startet sehr früh, denn ich bin ein Frühaufsteher und um 5:30 Uhr klingelt der Wecker. Dann gehe ich eine Runde laufen und um 7:30 Uhr genieße ich dann meinen ersten Kaffee, checke meine Mails und setze mir drei Ziele für den Tag, von denen ich mindestens ein Ziel erreichen möchte. Um 9:00 Uhr drehe ich eine Runde in der Produktentwicklung und unterhalte mich mit Kollegen. Danach stimme ich mich mit meinem Management-Team, vor allem mit meinem Co-Founder Gonzalo, ab, um zu checken, ob wir unseren Zeitplan für unsere Wochen- und Monatsziele einhalten können. Den Rest der Zeit am Vormittag verbringe ich damit, Calls zu halten. Mittags treffen wir Kunden oder Partner zum Lunch, da das Netzwerken und Austauschen sehr wichtig ist. Falls das mal nicht der Fall ist, reicht mir mittags was leichtes und ich mache mir einen Shake. Generell kann man sagen, dass mir die Kommunikation mit dem Team sehr wichtig ist und ich deshalb versuche, Methoden zu finden, die zu einer besseren Kommunikation führen.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Ich betätige mich gerne noch mal sportlich nach der Arbeit und gehe zum Crossfit, bevor ich mir etwas bei Netflix ansehe. Ich treffe mich auch gerne mit Freunden zum Essen und wir lassen den Abend am Mainufer oder auf einer Dachterrasse ausklingen. Auch Kochen entspannt mich total und hat eine meditierende Wirkung.
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Man ist in seinem eigenen Unternehmen das Vorbild für die Mitarbeiter. Als Führungskraft sollte man sich deshalb auch vorbildlich verhalten und einen anderen Umgang pflegen als unter Freunden. Auch wenn es in einem kleinen Team oft nicht auffällt, man ist Vorbild, Zugpferd und Motivator. Diese Rolle muss man für sich annehmen. In Sachen Führungsrolle ist Steve Jobs für mich wiederum ein Vorbild. Außerdem hätte ich gerne über die Herausforderungen im Organisationsaufbau — gerade in der Wachstumsphase — mehr gewusst. Es ist schwierig, professionelle Prozesse in ein eingeschworenes Startup-Team zu implementieren. Zudem hätte ich auch gern gewusst, wie wichtig Marketing und HR sind und wie es richtig gemacht wird. Hier hätte ich von Anfang an professionelle Leute einsetzen sollen. Für mich als Gründer mit starken technischen Hintergrund stand in erster Linie das Produkt und die Produktqualität im Fokus.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Der bürokratische Weg zum ersten Gründerkredit von der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau ). Ansonsten war ich überrascht wie einfach es geht und wie sehr einem dabei geholfen wird. Auch wurde uns sehr durch die Stadt Hofheim im Taunus geholfen, wo wir unser erstes Büro hatten.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Mein Tipps für andere Gründer sind, dafür zu sorgen, dass es nur einen CEO im Unternehmen geben sollte und dieser auch das Unternehmen richtig nach außen und innen repräsentiert. Als Gründer sollte man der erste sein, der kommt und der letzte sein, der geht. Es ist deine Idee, deine Vision, dein Produkt – wenn du kein Gas gibst, wird es auch keiner deiner Mitarbeiter tun. Sich Rat zu holen, ist keine Schande. Ein Senior Advisor als Sparringspartner, der einen an die Hand nimmt, ist nicht in Gold aufzuwiegen. Es hat geholfen, mit OKR – Objectives and Key Results, eine Managementmethode – zu arbeiten und die Unternehmensstruktur klar mit Verantwortlichkeiten zu definieren. Man sollte Vertrieb und Marketing niemals vernachlässigen und im permanenten Austausch mit den Kunden bleiben, um wirklich zu verstehen, wo der Schuh drückt. Zu guter Letzt sollte man einen richtigen Umgang mit seinen Investoren pflegen, in dem man professionelle Kommunikation etabliert: regelmäßige Updates schaffen Vertrauen.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Wir haben bei unserem ersten Kunden, einem großen Industriekonzern, mit sehr vielen Fehler bei der Projektabwicklung begonnen. Uns hat die Erfahrung im Umgang mit solchen Kalibern gefehlt. Wir hätten die doppelte Teamgröße für dieses Projekt einbinden sollen. Es wurde stark unterschätzt, wie viel Aufwand ein gutes Anforderungs- und Projektmanagement benötigt und dass eine stetige Kommunikation sehr wichtig ist. Auch im Umgang mit Investoren habe ich einiges gelernt. Ich denke, es ist sehr wichtig, eine starke, durchdachte Vision aufzuzeigen und seine Idee unverblühmt zu präsentieren. Keine Angst vor hohen Summen in der Budgetplanung zu haben, das ist meine Devise. Die Umsetzung einer ambitionierten Roadmap aus professionellen Leistungen und professioneller Qualität kostet ihr Geld.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Stetiges Netzwerken und Umhören im Freundeskreis und auch an Unis ist natürlich ein guter Anfang. Man sollte allerdings schnell umschwenken auf eine durchdachte HR-Strategie. Eine HR-Plattform, welche die Talentsuche managt kann hierbei sehr gut helfen. Wichtig ist ebenfalls der Aufbau einer Community aus Talenten und Interessenten rund um deine Lösung. Afterwork Parties, Events und Hackathons sind nur einige Beispiele, wie man eine aktive Community aufbauen kann.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Slack, Quip, Asana, Hubspot und PowerPoint.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Ein kleines Unternehmen funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Das bedeutet, jeder ist gleichermaßen am Unternehmenserfolg beteiligt, daher ist es am allerwichtigsten, die gemeinsamen Erfolge zu teilen und zu feiern. Am Family Friday kommen wir mit unseren Liebsten zusammen und lernen uns abseits des Arbeitsalltags näher kennen. Das schweißt zusammen und nicht nur, weil die Pizza aufs Haus geht. Jeden dritten Freitag im Monat gibt es bei uns ein open Pizza-Afterwork.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Genau an dem Tag unserer Seed-Finanzierung 2016 ist unser Büro abgebrannt — zum Glück waren alle unsere Daten in der Cloud.
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