#interview #Ruhrgebiet

Der Gründer von Luups ist “ein bisschen verrückt”

"Mein Anspruch war es, Gutscheinbücher zu kreieren, die ich selbst auch gut finde - mit den Cafés, Bars, Restaurants und Kneipen, die ich besuchen würde, angereichert mit Kulturveranstaltungen aus der Off-Szene", sagt Karsten Brinsa, Dortmunder und Gründer von Luups.
Der Gründer von Luups ist “ein bisschen verrückt”
Mittwoch, 18. Juli 2018VonSümeyye Algan

Als ehemaliger Architekturstudent hat Karsten Brinsa, Dortmunder und Gründer von Luups, oft Mut zum Scheitern bewiesen und ist, wenn es nach seinen Kollegen geht, “ein bisschen verrückt”. 2004 gründete er den Luups Verlag und bringt seitdem Gutscheinbücher für mehr als 25 unterschiedliche Städte in Deutschland und Österreich heraus. Mittlerweile beschäftigt er 15 feste Mitarbeiter und eine große Anzahl von Freelancern, die für ihn vor Ort sind. Im Netz fungiert die Luups-Website als “digitaler Begleiter für Streifzüge durch die Stadt”. Die Gutscheine zu den Attraktionen gibt es aber nur im Buch. deutsche-startups.de wollte wissen, was Luups-Gründer bewegt Brinsa, welche weiteren Eigenschaften ihn ausmachen und wie er die Startup-Szene im Ruhrgebiet sieht.

Was macht Dich zu einer Gründerpersönlichkeit?
Ich hab einfach Lust, bis heute, immer wieder neue Dinge auszuprobieren. Dabei denke ich nicht ans Scheitern, sondern mache einfach und vertraue dabei auf meine Intuition. Angst ist beim Gründen nicht der richtige Begleiter. Damit meine ich natürlich nicht, blauäugig an eine Gründung heran zu gehen, das Risiko sollte kalkuliert sein. Deshalb ist das wichtigste für mich die Unabhängigkeit von anderen Partnern oder Investoren. Dadurch bleibe ich flexibel und kann schnell Dinge ins Rollen bringen oder auch wieder abblasen, falls eine Idee mal nicht so gut funktioniert. Geholfen hat mir beim Start 2004 das große Netzwerk aus Kreativen im Ruhrgebiet und darüber hinaus. Denn ganz allein wird es schwierig.

Beschreibe einmal den Weg des Architekturstudenten Karsten Brinsa bis zur ersten Idee seines Startups.
Im Jahr 2003 fiel das Rabattgesetz, was Gutscheinbücher in der Form erst möglich machte. Die Idee hinter Gutscheinbüchern fand ich gut, nur die Umsetzung der damaligen Anbieter hat mich nicht überzeugt.  Daraus entstand bei mir der Wunsch, etwas Gutes besser zu machen und ich gründete 2004 mit einem Freund den Luups Verlag. 2006 stieg mein Partner aus und ich machte allein weiter. Mein Anspruch war es, Gutscheinbücher zu kreieren, die ich auch gut finde – mit den Cafés, Bars, Restaurants und Kneipen, die ich besuchen würde, angereichert mit Kulturveranstaltungen aus der Off-Szene. Dabei sollte genug Freiraum für Kreativität bleiben und es wurde Teil des Luups-Konzepts, lokale Künstler mit ihren Werken auf jeder zweiten Buchseite zu zeigen. Damit haben wir bundesweit Künstlern eine Plattform und gleichzeitig ein ansehnliches Buch geschaffen.

Neben Luups bist du auch der Veranstalter des Science Slam. Wie kam das zustande?
Seit 2010 treibt mich noch ein weiteres Thema um, nämlich die Wissenschaft. Mehr zufällig habe ich in Berlin das erste mal einen Science Slam erlebt, also Wissenschaftler, die ihr Fachgebiet verständlich und unterhaltsam auf die Bühne bringen. Ich hatte große Lust, solche Slams selbst auf die Beine zu stellen und wir sind damit unter dem Dach von LUUPS gestartet. Heute sind wir der größte Veranstalter von Science Slams in Deutschland mit mehr als 80 Veranstaltungen in über 20 Städten. Zusätzlich entwickeln wir mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen neue Formate im Bereich Wissenschaftskommunikation.

Wie kam es, dass du als Einzelunternehmer an den Start gegangen bist?
Gestartet haben wir Luups als GbR als mein Partner noch dabei war. Nach seinem Ausstieg war ich automatisch Einzelunternehmer. So gesehen war es keine bewusste Entscheidung als Einzelunternehmer zu agieren. Das Geschäft ist aber schnell und stetig in homogenen Tempo gewachsen und es bestand für mich keine Notwendigkeit, über Investoren oder Fremdmittel nachzudenken. Klarer Nachteil bei dieser Gesellschaftsform ist jedoch das persönlich haftende Risiko. Jeder Gründer sollte sich deshalb genau die Risiken seines Geschäftsmodells ansehen und sich eingehend beraten lassen, welche Gesellschaftsform die passende für ihn ist. Außerdem sollte sich jeder Gründer fragen, wie gut er schlafen kann, wenn mal alles nicht so gut läuft wie geplant. Denn Existenzängste sollten nicht unterschätzt werden.

Und was empfiehlst du jungen Gründern? Woran kannst du dich in deiner Gründungsphase am besten erinnern?
Das Positive immer zuerst: Bei unserem Gutscheinbuch handelt es sich im Grunde um ein Saisonprodukt – es wird insbesondere zu Weihnachten und zum Jahresende gern an Freunde und Familie verschenkt. Bei einem solchen Produkt erhält man sehr schnell Rückmeldung, ob es von den Kunden angenommen wird oder nicht. Dabei war es gerade als Neuling in dem Metier der Sprung ins kalte Wasser und eine echte Herausforderung den kompletten Prozess von der Idee, über die Akquise von Gutscheinpartnern in den verschiedenen Städten, die redaktionelle Arbeit, Buchproduktion, Kommunikation und Vertrieb zu stemmen. Aber wer ins kalte Wasser springt, lernt schwimmen. So war es auch bei mir und wir haben mit dem Produkt offenbar einen Nerv getroffen – bis heute. Startup-Beratung und Coachings wie man sie heute kennt, gab es damals noch nicht so häufig. Die ganze Szene wie es sie heute gibt, war noch in den Kinderschuhen und noch nicht so entwickelt. Es gab jedoch schon die Wirtschaftsförderung Dortmund start2grow, die Jungunternehmer von der ersten Idee an begleitet haben. Mitgemacht haben wir dort aber nicht, da unser Konzept schon weiter gereift war und start2grow nur Ideen fördern wollte. Das hätte uns in der zeitlichen Planung sehr zurück geworfen, deshalb haben wir Luups auf eigene Faust gestartet. Trotz aller neuen Chancen für Gründer heute, ist die Politik jedoch weiter gefordert, günstige Startbedingungen für junge Unternehmen zu schaffen, in den Metropolen wie in der Provinz. Ich sehe da noch Luft nach oben.

Gab es eine Initialzündung oder ein besonderes Ereignis, was dich zu der Idee mit LUUPS gebracht hat?
Es war vor allem das bestehende Angebot an Gutscheinbüchern, die mir persönlich zu bieder und lieblos gestaltet waren. So entstand der Wunsch, ein sehr persönliches Buch mit Herz zu kreieren, das man gern selber hätte und noch viel lieber verschenkt. Ein Buch, indem man gerne blättert, um sich inspirieren zu lassen und in dem man immer wieder etwas Neues entdeckt.

Mit Luups deckt ihr insgesamt 20 Städte ab. Warum sitzt ihr gerade im Ruhrgebiet und nicht beispielsweise in München oder Frankfurt?
Einerseits weil ich hier wohne (lacht) und eben auch meine Familie. Aber auch wegen den gewachsenen Strukturen und Synergien, die wir hier vor Ort haben. Teilweise sind die Rahmenbedingungen hier auch günstiger als in den Metropolen, allein bei den Mieten. Inzwischen haben wir aber auch Büros in Mainz und Berlin, um von dort aus unser Partnernetzwerk von weit über 2.000 Gastronomie- und Kulturbetrieben zu pflegen und das Team aus Freien Mitarbeitern, die vor Ort die exklusiven Deals und Empfehlungen zusammenstellen. Inzwischen haben wir auch Österreich im Programm. Wien und Graz beispielsweise betreuen wir konstant und haben hier eine große Fangemeinde. Durch die hohe Anzahl von Städten, die wir deutschlandweit abdecken, ist eine dezentrale Aufstellung für uns optimal.

Gibt es aus deiner Sicht einen Standortvorteil, wenn sich Startups im Ruhrgebiet niederlassen?
Wir sind aufgrund der räumlichen Nähe zum Ballungsgebiet zuerst in die anderen NRW-Städte expandiert. Der Standortvorteil im Ruhrgebiet liegt für Luups aber auch im gewachsenen Netzwerk und den Strukturen. Ob dies auch für Startups gilt, die hier nicht verwurzelt sind, kann ich schwer beurteilen. Grundsätzlich liegen hier viele Städte nah beieinander und es gibt eine Reihe von Hochschulen, die für Kooperationen mit Startups relevant sein könnten. Das Ruhrgebiet befindet sich im Strukturwandel, wovon sicher auch Jungunternehmer profitieren können. Der Gründerfonds Ruhr beispielsweise unterstützt innovative Branchen mit Risikokapital, Kontakten zu Investoren-Netzwerken und Coachings.

Was genau machst du neben Luups noch?
Inzwischen ist aus dem Luups Verlag für Gutscheinbücher bereits ein kleines Luups-Universum geworden. Seit 2011 sind wir zudem Deutschlands größte Agentur und Veranstalter von Science Slams. Im November richten wir die Deutsche Meisterschaft im Science Slam aus. Gemeinsam mit einem wissenschaftsverrückten Team coachen wir Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und machen sie fit für den großen Auftritt auf der Bühne. Das ist Wissenschaft zum anfassen in angesagten Clubs, Theatersälen oder großen Kongresshallen mit weit über 1.000 Besuchern am Abend. Außerdem betreibe ich im Dortmunder Kreuzviertel und in Mainz Luups-Shops mit regionalen Angeboten, in Dortmund gleichzeitig ein Café und Restaurant. Die Locations nutzen wir gern, um neue Formate auszuprobieren, wie Science Pubs oder Lesungen und testen sie gleich live am Publikum.

Wir haben jetzt Halbzeit für dieses Jahr. Wie schauen deine weiteren Pläne für 2018 aus?
Die Vorbereitungen für unsere neue Luups-Buchausgabe 2019 laufen bereits. Die neue Auflage erscheint in 18 Städten im September. Ab da beginnt bei Luups die Hochsaison bis Weihnachten. Dann haben wir Ende November noch die Deutsche Meisterschaft im Science Slam, die in Wiesbaden stattfinden wird. Außerdem nutzen wir unser Know-how im Bereich Wissenschaftskommunikation auch für Projekte mit Kunden aus der Industrie und mit Verbänden. Für Kunden wie die Techniker Krankenkasse setzen wir bundesweite Science-Slam-Event-Reihen um. Aber auch im Bereich Employer Branding wird das Format Science Slam genutzt: Beispielsweise haben wir für Evonik einen internationalen Wettbewerb mit Coaching und großer Finalshow im Rahmen des Word Business Dialogues in Köln umgesetzt. Mit unseren Workshops unterstützen wir Konzerne wie die Telekom bei ihren Recruiting-Events. Hier treten wir als Wissenschafts- und Eventagentur auf und begleiten das Projekt von der Idee bis zur Umsetzung, erstellen Filme und kümmern uns um Marketing und PR. Die klassischen Science Slams sind auch für Firmen oder Hochschulen als Programmpunkt auf Konferenzen oder Kongressen buchbar. Den Bereich werden wir in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Doch für dieses Jahr hat meine Freundin mir verboten, weitere neue Projekte anzugehen (lacht).

Pocast

Auch im zweiten ds-Podcast kommentieren OMR-Podcast-Legende Sven Schmidt und ds-Chefredakteur Alexander Hüsing wieder die Startup- und Digital-News der Woche. Wir sprechen unter anderem über den Exit von nu3 an Shop Apotheke und die Stand der Dinge bei Lesara.

Der digitale Pott kocht! Mit hunderten Startups, zahlreichen Gründerzentren und -initativen, diversen Investoren sowie dutzenden großen Startup-Events bietet das Ruhrgebiet ein spannendes Ökosystem für Gründer. deutsche-startups.de, die Gründerallianz Ruhrund der ruhr:HUB berichten gemeinsam über die Digitalaktivitäten im Revier.

Foto (oben): Luups

Sümeyye Algan

Sümeyye Algan, Redakteurin bei deutsche-startups.de, mit Blick aufs Ruhrgebiet, seine Geschichten und Persönlichkeiten. Nach zwei Praktika bei der WELT in Berlin und dem WDR in Essen, arbeitete sie u.a. für den WDR und als freie Autorin für Informer Online.