Interview
Sex im UFO! Radiostim bietet genau diesen Sound
Onliner, die Radiostim ansteuern finden auf der Plattform knapp 1.800 erotische Sounds. “Sex an verschiedenen Orten hören ist das Kernmerkmal von Radiostim”, sagt Mitgründer Daniel Wagner. “Mit Radiostim möchten wir unsere Hörerinnen und Hörer nicht nur sexuell stimulieren. Wir wollen ihnen dabei auch Spaß und Entertainment bieten. Deshalb haben wir es möglich gemacht, Sex an witzigen und außergewöhnlichen Orten zu hören – zum Beispiel in UFOs, Löwengehegen und Raumstationen“, erklärt Wagner das Konzept der Plattform.
Das Hobbyprojekt ist seit 2012 im Netz. “Man sollte wissen, dass wir alle von unseren Home Offices aus an Radiostim arbeiten. Einmal pro Woche skypen wir und vielleicht dreimal im Jahr treffen wir uns persönlich. Also da braucht es schon eine gehörige Portion Fokus, Hingabe und Glaube, um so lange an einem Projekt zu arbeiten wie wir es tun”, erzählt Wagner.
Inzwischen haben die Straubinger sich auch ein Geschäftsmodell gegönnt. “Mit einem kostenlosen Radiostim-Account kann man auf eine limitierte Anzahl von Orten und Sounds zugreifen. Wer Zugriff auf alles haben möchte, zahlt 60 Euro im Jahr.” Bei den Nutzern müssen die Bayern aber noch nachlegen – momentan sind rund 1.000 registrierte Nutzer beim charmanten Audio-Sex-Angebot unterwegs. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Radiostim-Macher Wagner zudem über fantasievolle Menschen, erotischem Lifestyle und Motivation.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Radiostim erklären?
Die schwierigste Frage zuerst, hm? Vielleicht so: Omi, stell dir mal vor, du wachst in der Nacht auf und hörst, wie deine Nachbarn nebenan Liebe machen. Die Geräusche, die du da hörst, verkaufen wir denen, die so etwas gerne hören. Hm, also da würde sie wahrscheinlich nur den Kopf schütteln.
Bei welcher Gelegenheit entstand die Idee zu Radiostim?
Als ich mal einen Porno schaute und feststellte, dass ich zwar die Bilder, die mir da gezeigt werden, oft ekelhaft finde, aber die Sounds durchaus ihren Reiz haben. Wenn man die Augen schließt, während ein Porno läuft, oder einfach etwas anderes macht und gar nicht hinschaut, sondern nur hinhört, wirkt der Porno ganz anders auf einen. Durch die Sounds entstehen Bilder in deinem Kopf, die deine eigenen sind. Dir wird nichts aufgezwungen, was du nicht sehen willst. Das hat viel Potenzial. Also habe ich zusammen mit zwei Freunden angefangen, Radiostim zu bauen, das genau an diesem Potenzial ansetzt.
Wer genau ist eure Zielgruppe?
Wir richten uns an fantasievolle Menschen mit einer offenen, positiven Haltung gegenüber Sex und Erotik. Als wir vor einigen Jahren auf der Venus-Messe in Berlin und auch auf der Adult Entertainment Expo in Las Vegas waren, haben wir uns die Pornoszene und ihr Publikum genauer angeschaut und festgestellt: Das sind wir nicht, da sehen wir uns überhaupt nicht! Wir möchten Radiostim lieber irgendwo zwischen Amorelie und Soundcloud positionieren, denn in der Kombination von erotischem Lifestyle und Sound-Community sehen wir für Radiostim eine Zukunft. Wer also beidem etwas abgewinnen kann, dem könnte auch Radiostim gefallen.
Wie reagieren Mitmenschen, wenn Du Ihnen erzählst, dass du eine “Online-Plattform für erotisches Kopfkino” betreibst?
Es gibt schon viele, die damit nichts anfangen können. Aber bestimmt genau so viele sind sehr interessiert und wollen mehr Details wissen. Zum einen finden sie es gut, dass wir bei Radiostim komplett ohne Nacktbilder und -videos arbeiten und wir sehr viel Wert auf optisch ansprechendes Webdesign legen. Da ist die Hürde, Radiostim mal auszuprobieren, gleich sehr viel geringer. Zum anderen ist aber auch Interesse da, weil das Gründen in der Erotikbranche etwas besonderes ist, das nicht viele machen. Und natürlich weil Erotik heute ein Thema ist, das nicht mehr so stark tabuisiert wird wie noch vor 20 Jahren. Ich denke, da haben Unternehmen wie Amorelie und TV-Sendungen wie “Paula kommt” einen großen Teil dazu beigetragen.
Wie genau hat sich Radiostim seit der Gründung entwickelt?
Wir haben Lust Industries, so heißt unsere Mini-GmbH, damals im Nebenerwerb gegründet und wir betreiben sie auch heute noch im Nebenerwerb. Wir alle sind nämlich hauptberuflich anderweitig beschäftigt: einer arbeitet als freiberuflicher Programmierer, ein anderer als festangestellter Programmierer und ich als freiberuflicher Social Media- und Community-Manager. Wir basteln also seit 2012 quasi nebenbei an Radiostim. Da braucht man schon einen sehr, sehr langen Atem. Die meisten anderen, die das so aufziehen würden wie wir, hätten wahrscheinlich mangels Motivation schon längst aufgehört. Aber irgendwie haben wir es geschafft, durchzuhalten. Vermutlich weil wir das, was wir bis jetzt geschafft haben, lieben.
Wie habt ihr Radiostim die ganze Zeit finanziert?
In Radiostim steckt Null Fremdkapital; alle Ausgaben, die wir haben, tragen wir selbst. Seit fünf Jahren arbeiten wir nun schon an dem Projekt, ohne auch nur einen Euro damit verdient zu haben. Das ist schon etwas krass und fühlt sich auch nicht immer richtig an. Immerhin wachsen wir seit unserem öffentlichen Launch, der Ende 2016 war, langsam aber stetig – und rein organisch. Denn außer ein paar Hundert Euro, die wir in Facebook Ads investiert haben, haben wir noch so gut wie keine Werbung gemacht. Wir haben nun knapp 1.000 registrierte Nutzer, von denen 10 % monatlich aktiv sind. Die meisten kommen aus USA, Kanada und Großbritannien. In Deutschland kennt uns, glaube ich, noch kaum einer.
Ihr wollt aber auch mal Geld verdienen, oder?
Auf Radiostim können NutzerInnen zwischen mehr als 50 Orten wählen – und hören dann Paare, die an diesen Orten Sex haben. Mit einem kostenlosen Radiostim-Account kann man auf eine limitierte Anzahl von Orten und Sounds zugreifen. Wer Zugriff auf alles haben möchte, zahlt 60 Euro im Jahr. Diese kostenpflichtige Variante haben wir aber erst vor wenigen Wochen eingeführt und sie befindet sich noch im Testlauf. Es kann durchaus sein, dass wir am Geschäftsmodell noch nachjustieren werden.
Wo steht Radiostim in einem Jahr?
Wir haben nicht das Ziel, schnell groß zu werden – wie man auch sieht. Wir wollen eher maßvoll, aber stetig wachsen. Unser erstes Etappenziel ist, unsere laufenden Kosten zu decken. Das klappt noch nicht, aber wir arbeiten dran. Vielleicht erreichen wir irgendwann den Punkt, an dem Radiostim anfängt, sogar unseren Lebensunterhalt zu finanzieren. Dann würden wir auch liebend gerne unsere jetzigen Jobs aufgeben und Vollzeit für Radiostim arbeiten. Aber wann das soweit sein wird, steht noch in den Sternen.
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