Interview

Cedric Waldburger, ein Gründer, der aus dem Koffer lebt

Das Schweizer Startup Sendtask verfügt über kein Büro. Gründer Cédric Waldburger hat noch nicht einmal mehr einen eigenen Wohnsitz. "Wir sind bereits als verteiltes Team gestartet - wir haben kein Büro und unsere 13 Mitarbeiter sitzen in insgesamt 12 verschiedenen Ländern", sagt der Digitale Nomade.
Cedric Waldburger, ein Gründer, der aus dem Koffer lebt
Dienstag, 6. März 2018VonAlexander

Mit 14 Jahren gründete Cédric Waldburger, geboren 1988, seine erste Firma. “Das war eine Medien-Agentur, die es heute noch gibt. Damals war das eher eine spontane Entscheidung und ich habe dabei vieles gelernt”, sagt Waldburger. “Wenn ich nur eine Lektion in Erinnerung behalten könnte, wäre es die: Es sind immer die Menschen, die eine Gesellschaft – Firma – ausmachen.” Inzwischen betreibt er mehrere Startups nebeneinander – darunter Sendtask, eine App, mit der Nutzer Aufgaben im Team als auch mit Kunden und Partnern organisieren können.

Inzwischen arbeiten 13 Mitarbeiter für die Jungfirma, die im vergangenen Jahr an den Start ging. Ein Sendtask-Büro gibt es aber nicht. “Wir sind als verteiltes Team gestartet – wir haben kein Büro und unsere Mitarbeiter sitzen in 12 verschiedenen Ländern”. Unter anderem in Russland, Schottland, Armenien, Ungarn, Bulgarien und Litauen. Waldburger lebt zudem selbst ein “verteiltes” Leben. Der Sendtask-Gründer gab vor etlichen Monaten seine Wohnung auf. Seither arbeitet, reist und lebt er aus einem Koffer – gefüllt mit lediglich 64 Dingen. “So habe ich minimale Ablenkung und kann mich voll auf meine Projekte konzentrieren – und immer da sein, wo es mich am meisten braucht”, fast Waldburger sein Nomadentum zusammen.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Waldburger über Tempo, Fokus und minimale Ablenkung.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Sendtask erklären?
Anstelle Emails zu versenden, kannst du mit sendtask Aufgaben versenden. Das hat den Vorteil, dass du viel einfacher eine Übersicht darüber hast, auf was du dich heute konzentrieren solltest. Bei den vielen E-Mails, die du täglich erhältst, kann man schnell den Überblick verlieren. Sendtask ermöglicht es dir, da wieder Ordnung reinzubringen.

Bei welcher Gelegenheit kam Dir die Idee zu Sendtask?
Ich habe in meinem Leben immer an verschiedenen Projekten gleichzeitig gearbeitet. Sowohl als Gründer wie auch als Investor. Dabei habe ich gemerkt, dass es viel Tools gibt, um im Team zu effizient zusammen zu arbeiten. Allerdings, gab es nichts, was über Firmen-übergreifend verwenden konnte und auch auf eine einfache und unkomplizierte Art mit jedermann außerhalb verwenden konnte – wie Freelancern oder Kunden. Ich habe insgesamt 48 verschiedene Tools ausprobiert bis ich mich entschieden hab, Sendtask zu gründen.

Wie hat sich sendtask seit der Gründung entwickelt?
Wir sind sehr schnell nach dem Start live gegangen um direkt Feedback von echten Usern zu erhalten. Das war vor fast einem Jahr. Im Zwei-Wochen-Rhythmus bringen wir neue Funktionen raus.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Sendtask inzwischen?
Unser komplett verteilt arbeitendes Team umfasst unterdessen 13 Leute. Umsatz haben wir noch keinen – aktuell sind alle Funktionen von Sendtask komplett kostenlos für unsere User. Wir haben unterdessen einige Dutzend Teams, die Sendtask weltweit nutzen und uns Feedback geben.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Als wir gewachsen sind, haben wir angefangen an verschiedenen Ecken der App gleichzeitig zu basteln. Das hat unser Tempo extrem verlangsamt. Das mussten wir erst realisieren. Sobald wir das gemerkt haben und uns wieder laser-scharf fokussiert haben, kommen wir viel schneller voran.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Fokus. Ich arbeite neben Sendtask noch an anderen Firmen. Das ist nicht optimal – Zeit und Fokus sind in so vielen Bereichen extrem wichtig: Produkt-Design, Firmenkultur, Hiring, etc. Ich gehe so damit um, dass ich dafür in anderen Lebensbereichen bewusst reduziert habe. Ich lebe nur noch mit 64 Sachen und bin sehr viel unterwegs. Seit über zwei Jahren habe ich nicht mal mehr eine Wohnung irgendwo auf der Welt. So habe ich minimale Ablenkung und kann mich voll auf meine Projekte konzentrieren – und immer da sein, wo es mich am meisten braucht.

Sendtask funktioniert also auch dezentral?
Wir sind bereits als verteiltes Team gestartet – wir haben kein Büro und unsere 13 Mitarbeiter sitzen in insgesamt 12 verschiedenen Ländern. Das ist an sich ein neues und interessantes Modell, eine Firma zu bauen. Und da machen wir auch sehr oft Experimente und lernen stets, wie wir eine Firma in dieser Art am besten aufbauen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Monaten so richtig schief gegangen?
Bei Sendtask läuft vieles schief – weil wir mit einem ganz neuen Modell von Zusammenarbeit arbeiten. Das ist aber kein Problem – wir lernen schnell draus. Eine Sache, die mir in Erinnerung geblieben ist: Wir fliegen unser Team alle drei Monate an einen gemeinsamen Ort um für eine Woche zusammen zu arbeiten. Der Ort ist immer eine Überraschung bis zum letzten Tag – und da ist schon einiges schiefgegangen: Visa vergessen zu organisieren, Name falsch geschrieben auf dem Flug-Ticket und weiteres. Aber wir haben immer alles rechtzeitig gelöst und in den Griff gekriegt.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben sehr früh gelauncht und iterieren sehr schnell. Das ist super und führt zu echt guten Inputs von unseren Usern. Feedback von echten Usern ist das wertvollste. Das würde ich jedem anderen Gründer ans Herz legen – launcht so schnell wie möglich.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Seid sicher, dass ihr an eurer Idee viele Jahre arbeiten möchtet. Es gibt immer Hochs und Tiefs und da ist es wichtig, dass man der Sache wegen an der Firma arbeitet. Ich hatte einmal versucht, ein Thema umzusetzen, von dem ich inhaltlich nicht 100 % überzeugt war, aber dachte, dass es schnell zu einem Erfolg kommen könnte. Das war nicht so und weil ich die Idee persönlich nicht richtig super fand, hatte ich nicht die Energie, die Tiefs durchzustehen.

Was hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich habe meine erste Firma gegründet als ich 14 Jahre alt war. Das war eine Medien-Agentur, die es heute noch gibt. Damals war das eher eine spontane Entscheidung und ich habe dabei vieles gelernt. Wenn ich nur eine Lektion in Erinnerung behalten könnte, wäre es die: Es sind immer die Menschen, die eine Gesellschaft – Firma – ausmachen. Der Markt oder das Produkt können noch so gut sein – ohne die richtigen Leute funktioniert’s nicht.

Wo steht Sendtask in einem Jahr?
Wir bringen fleißig neue Funktionen und Anleitungen zu Sendtask raus. Wir optimieren dauernd um Sendtask für möglichst viele Leute zu einem Tool zu machen, mit dem Arbeiten Spaß macht und das ihnen hilft, den Fokus auf das Wesentliche zu legen. In einem Jahr werden wir viele Sachen gelernt und umgesetzt haben – und aber bestimmt noch viele weitere Ideen haben, wie wir Sendtask stetig besser machen können!

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.