Gastbeitrag

Corporates und Startups: Dies gilt es zu beachten!

Corporates sollten die Zusammenarbeit mit Startups unbedingt aus der inhaltlichen Perspektive betrachten. Für 65 % der Startups im Lande ist es relevant, bei der Zusammenarbeit mit Corporates eine strategische Partnerschaft anzubahnen.
Corporates und Startups: Dies gilt es zu beachten!
Freitag, 9. Februar 2018VonTeam

Die Digitalisierung ist längst auf dem Vormarsch. Sie verändert Unternehmen weltweit und branchenübergreifend. Konzerne gieren nach der Zusammenarbeit mit Startups, die vor Innovationsgeist triefen und womöglich kurz davor sind, die nächste Sensation aus dem Boden zu stampfen. Doch die Zusammenarbeit ist längst kein Allheilmittel mehr. Vor allem, weil sie nur selten gelingt. Meine Erfahrung und Tipps aus über drei Jahren Zusammenarbeit mit Corporates und Startups.

1.    Jedes Unternehmen ist individuell verschieden.

Nicht nur wir Menschen sind einzigartig, sondern auch jedes Unternehmen ist individuell und hat eine unverkennbare Kultur, die es bei der Zusammenarbeit mit Startups zu berücksichtigen gilt. Für die einen mag es hilfreich sein, die Belegschaft mit Pitch-Events und großen Formaten abzuholen, um sie von der Zusammenarbeit mit Startups zu begeistern. Für die anderen ist es eher sinnvoll, erstmal im Verborgenen zu agieren und die Zusammenarbeit sukzessive ins Unternehmen hineinzutragen. In jedem Fall steht aber fest, dass es nicht reicht, wenn nur eine Abteilung oder die Chefetage an die Zusammenarbeit glaubt.

2.    Holen Sie sich Unterstützung von oben.

Damit große Teile des Unternehmens tatsächlich an die neue Synergie aus Startup und Corporate glauben, hilft es, sich Unterstützung von oben zu holen. Die Unterstützung des Managements bringt nicht nur den Schneeball ins Rollen, der sich bestenfalls am Ende in eine Lawine der Euphorie verwandelt. Sie sorgt auch dafür, dass schnelle Lösungen gefunden werden, wo sonst langwierige Prozesse beachtet werden müssten. Nicht zuletzt schützt die Unterstützung von oben einen als Mitarbeiter auch dann, wenn ein Projekt scheitert. Und es sollte deutlich gemacht werden, dass es in der Natur von Innovation und Startups liegt, dass nicht jede Zusammenarbeit zum Erfolg führt.

3.    Die Zusammenarbeit kann eine Win-Win-Situation sein.

Wenn Startups und Corporates das erste Mal miteinander zusammenarbeiten, kann das ein regelrechter Kulturschock sein – auf beiden Seiten. Es kommt daher auf das richtige Erwartungsmanagement an. Wenn man in einer frühen Phase im Entwicklungsprozess mit Startups zusammenarbeitet, kann noch kein fertiges Produkt vorhanden sein. Deshalb geht es vor allem darum, ein Co-Development zu starten, das beiden Seiten Vorteile bringt. Startups werden für die Weiterentwicklung der Technologie bezahlt und das Unternehmen erhält den Zugang zur Technologie noch vor den Wettbewerbern. Eine Win-Win-Situation.

4.    Geld allein macht weder glücklich noch erfolgreich.

Es ist wie im echten Leben: Geld allein macht nicht glücklich. Vor allem aber macht Geld nicht erfolgreich. Nur der, der mit Herz und Verstand bei der Sache ist, wird langfristig dafür belohnt werden. Natürlich braucht man auch Quick Wins und deshalb wird vielleicht der ein oder andere Accelerator oder Inkubator gesponsert, um sein Image als innovativer Corporate aufzupolieren. Um sich jedoch nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig und damit nachhaltig am Markt halten zu können, muss das Unternehmen wahres Commitment zeigen. Das bedeutet, Sie sollten nicht nur das Kapital, Prozesse, Schnittstellen und Mitarbeiter bereitstellen, sondern auch eine nachhaltige Strategie entwickeln, die greift, wenn das Programm vorbei ist. Denn erst dann trennt sich die Spreu vom Weizen.

5.    Entwickeln Sie neue, individuelle Standards für die Zusammenarbeit mit Startups.

Oft liegt der Hund im Detail begraben, weshalb es Sinn macht, neue Standards und Rahmenbedingungen für die langfristige Zusammenarbeit mit Startups zu erarbeiten, um die jeweiligen internen Prozesse zu beschleunigen: Themen wie Zuliefer-Konditionen, AGB oder Datenschutzrichtlinien werden oft immer wieder aufs Neue mit Startups diskutiert. Das kann nicht nur die Zusammenarbeit erschweren, sondern auch Innovation bremsen. Neue, individuelle Standards oder aber auch ein neutraler Partner, der mit solchen Prozessen vertraut ist und standardisierte Verträge zur Verfügung stellt, können helfen.

6.    Speed, Speed, Speed.

Die Geschwindigkeit in der Kommunikation und bei Entscheidungen von Startups und Corporates könnten unterschiedlicher nicht sein. Bei Startups heißt es Speed, Speed, Speed. Bei Corporates mahlen die Mühlen eher langsam. Insbesondere wenn es zu Investments kommt, haben Corporate VCs oft das Nachsehen, da sie über Gremien und im Konsens entscheiden. Es braucht daher einen Mittelweg und  gutes Erwartungsmanagement: Corporates sollten offen und transparent über solche Probleme kommunizieren und sich gleichzeitig bemühen, Prozesse zu beschleunigen. Startups wiederum sollten Geduld zeigen und Verständnis aufbringen.

7.    Kommunizieren Sie Zuständigkeiten.

Startups finden oftmals nicht den richtigen Ansprechpartner und bekommen somit kein klares Feedback, ob es im Prozess weitergeht oder nicht. Ein klarer Ansprechpartner für Startups inklusive Kommunikationsregeln für schnelle Antwortzeiten und die rasche Verknüpfung von relevanten Ansprechpartnern im Unternehmen können da helfen. Benennen Sie in Ihrem Unternehmen einen Hauptansprechpartner für Startups und positionieren Sie ihn prominent auf der Homepage.

8.    Viele Wegen führen nach Rom.

Sich als Unternehmen, das Innovation vorantreiben will, nur auf eine einzige Initiative zu fokussieren, ist kurzsichtig. Gerade Vielfalt macht den Erfolg: Ein Accelerator beispielsweise passt perfekt, um sich neuen Ideen anzunähern und Technologien auszuprobieren. Company Building wiederum ist der richtige Ansatz, um die identifizierten relevanten Technologien, die das eigene Geschäft kannibalisieren könnten, strategisch so anzugehen, dass Sie die Kontrolle darüber erhalten. Bei alledem sollten Sie aber nie die eigenen Mitarbeiter vergessen und sich deshalb ein Gesamtkonzept überlegen, das den Mitarbeitern eine Möglichkeit bietet, am Venturing zu partizipieren. Interne Innovations-Wettbewerbe machen vor diesem Hintergrund durchaus Sinn, sofern sie gut umgesetzt werden.

9.    Der Weg ist das Ziel. Es muss nicht immer gleich M&A sein.

Sie sollten die Zusammenarbeit mit Startups aus der inhaltlichen Perspektive betrachten – so erzielen Sie auch viel schneller Erfolge. Für 65 Prozent der Startups ist es relevant, bei der Zusammenarbeit mit Corporates eine strategische Partnerschaft anzubahnen und für 67 Prozent der Corporates ist es wichtig, bei der Zusammenarbeit mit Startups neue Technologien und Geschäftsmodelle zu testen. Lediglich 25 Prozent der Corporates zielen auf eine Akquisition ab, und nur 14 Prozent der Startups fokussieren einen Exit. Das zeigt, dass es nicht immer gleich M&A sein muss.

10.  Feiern Sie Ihre Startup-Helden.

Last but not least: Schaffen Sie interne Maßnahmen und Gelegenheiten, bei denen Sie die Mitarbeiter, die maßgeblich an der Zusammenarbeit mit Startups beteiligt waren, intern feiern können. Das erhöht nicht nur die Motivation, sondern führt den anderen Mitarbeitern auch ein Role Model vor Augen und fördert so die interne Unternehmenskultur für die Zusammenarbeit mit Startups.

Zum Autor
Lorenz Hartung ist Co-Founder und CEO von TechFounders in München, einem Accelerator von UnternehmerTUM, der Startups strategisch coacht, sie mit etablierten Unternehmen zusammenbringt und gemeinsam mit Partnern aus der Industrie auf die eine Risikokapitalrunde vorbereitet. Während seiner Zeit bei Techfounders hat Hartung bisher über 70 Startups gecoacht bei einer Gesamtfinanzierung von über 60 Millionen Euro.

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Foto (oben): Shutterstock