Interview

Schneller wachsen als das Geschäft? “Hat nicht geholfen”

"Dinge, die am Anfang und im kleinen nicht funktionieren, funktionieren wahrscheinlich auch nicht im großen Rahmen. Möglicherweise nicht mal dann, wenn man viel Mühe und möglicherweise Geld investiert", sagt Alexander Bugge, Mitgründer von MeinAuto.de.
Schneller wachsen als das Geschäft? “Hat nicht geholfen”
Mittwoch, 24. Januar 2018VonAlexander

Die britische Beteiligungsgesellschaft Hg übernahm gerade die Mehrheit an der Kölner Neuwagenplattform MeinAuto.de. Das Unternehmen wurde 2007 von Alexander Bugge und Carsten Seel ins Leben gerufen. In den Jahren 2015 und 2016 wirtschaftete das Grownup, das rund 90 Mitarbeiter beschäftigt, profitabel. Gründer Bugge bleibt nach der Übernahme an Bord – auch als Gesellschafter. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Bugge über Visionen, Geschäftsmodelle und Learnings aus über 10 Jahren MeinAuto.de.

Die britische Beteiligungsgesellschaft Hg hat gerade die Mehrheit an MeinAuto.de übernommen. Wie geht es nun weiter?
MeinAuto.de hat sich in den letzten Jahren großartig entwickelt. Wir konnten uns im Markt der Internet-Neuwagenvermittler als eindeutiger Marktführer durchsetzen. Dabei ziehen wir im Jahr über 16 Millionen Autokäufer mit MeinAuto.de an und konnten unser Geschäftsmodell zu einem sehr profitablen entwickeln. Dies sind die Gründe, warum Hg sich für MeinAuto.de entschieden hat. So gibt es zunächst wenig Grund, entscheidende Dinge zu ändern.

Wie seid ihr in Kontakt mit Hg gekommen?
Man wurde auf uns aufmerksam als man nach Targets im Automotive Sektor schaute.

Hg hält nun laut Presseaussendung die Mehrheit an MeinAuto.de. Wer ist denn nun noch am Unternehmen beteiligt?
Hg ist nun DER Gesellschafter. Eine Tochtergesellschaft von Hg hält 100 % der Anteile an der MeinAuto GmbH. Mein Partner in der Geschäftsführung, Thomas Eichenberg, und ich sind an dieser Gesellschaft im Rahmen üblicher Management-Beteiligungsmodelle beteiligt.

MeinAuto.de ging 2007 an den Start. Seit 2015 wirtschaftet ihr profitabel. Was waren die Höhen und Tiefen in all den Jahren?
Zunächst einmal war es eine Herausforderung, das richtige Produkt und Geschäftsmodell zu finden für unsere Vision „den Neuwagenkauf ins Internet bringen“. Dies hat bei uns drei Anläufe und circa ein Dreivierteljahr gebraucht. Dann hatten wir ein Produkt, das offensichtlich Autokäufern einen Mehrwert brachte und gleichzeitig ein wachstumsfähiges Geschäftsmodell für uns bedeutete. Damit einher ging der Erfolg, die ersten VC-Investoren mit den Samwer-Brüdern und Holtzbrinck Ventures für uns zu gewinnen. In den nächsten Jahren waren es immer wieder schöne Momente, neue Rekorde bei gewonnenen Kunden zu schreiben. Besonders wichtig waren für uns die erfolgreichen Produkteinführungen von Pro-Neuwagen und MeinAuto local, die es uns ermöglicht haben, viele Tausend Händler zu gewinnen und darüber unser Angebot für die Autokäufer kompletter zu machen.

Und was waren die Tiefen?
Selbstverständlich haben wir auch große Herausforderungen auf unserem Weg zu bewältigen gehabt. Als Wachstumsunternehmen kann man eigentlich nie schnell genug wachsen. So ging es auch uns. Zwischenzeitlich war um das Jahr 2011 unsere Organisation dann aber doch einmal schneller gewachsen als das Geschäft. Dies hat dem Geschäft leider überhaupt nicht geholfen. So hatten wir Anpassungsbedarf, was dann aber wiederum nachher ein großer Erfolg und ein wichtiges Learning war, dass wir diese Wende auch geschafft haben.

Fühlt Ihr euch noch als Startup?
Wir probieren auf jeden Fall immer wieder gerne neue Dinge aus und versuchen uns darüber permanent weiterzuentwickeln. Wenn das ein wichtiges Kriterium für ein Startup ist, dann sind wir bestimmt noch eines und möchten es auch bleiben.

Wie hast Du Dich in all den Jahren verändert?
Das ist eine interessante Frage, aber auch schwer zu beantworten. Da müsstet Ihr am besten meine Frau fragen. Ich denke, dass ich mir charakterlich ziemlich weit treu geblieben bin, aber vom Geschäft her habe ich sehr viel gelernt.

Inwiefern?
Ich denke, dass ich heute eine andere Sichtweise und Herangehensweise an geschäftliche Themen habe. Die wichtigsten Dinge, die mir dabei einfallen: Ich bin zu einem großen Anhänger der 80:20 Regel geworden. Immer wieder habe ich festgestellt, dass die erste Energie, die man in welches Projekt auch immer steckt, die wertvollste ist und man leicht den Fehler machen kann zu glauben, dass man mit der gleichen Effizienz weiter arbeiten kann, was sich allzu oft als Trugschluss heraus stellt. Daher kommt auch mein zweites Credo, dass Dinge, die am Anfang und im kleinen nicht funktionieren, wahrscheinlich auch nicht im großen Rahmen funktionieren. Möglicherweise nicht mal dann, wenn man viel Mühe und möglicherweise Geld investiert. Dies habe ich vor ein paar Jahren sicher noch anders gesehen und sehe in der Startup-Welt auch immer wieder Projekte, bei denen man das offenbar anders sehen möchte.

Ihr sitzt seit jeher in Köln. Was macht den Reiz der Stadt aus?
Mein Mitgründer Carsten Seel und ich fühlten uns schon bei der Gründung unseres ersten Startups, LetsWorkIt, sehr wohl in Köln. Nach dem erfolgreichen Verkauf war schnell klar, dass wir der Stadt mit diesem spürbar anderen Lebensgefühl auch für zukünftige Projekte treu bleiben würden. Die positive Energie der Stadt, die auch die Mitarbeiter in das Unternehmen tragen, ist etwas Besonderes und macht ein großes Stück der MeinAuto.de-Unternehmenskultur aus. Deshalb haben wir uns auch bei unserem Umzug vor einem Jahr, ganz bewusst für einen zentrumsnahen Standort am Kölner Rheinufer entschieden.

Wo steht MeinAuto.de in einem Jahr?
Ich denke, dass wir unsere Marktposition als führender Neuwagenvermittler im Internet weiter ausgebaut und unsere Wertschöpfung beim Kunden durch mindestens eine gelungene Produktinnovation erweitert haben werden.

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit über 650 Start-ups, 25 Gründerzentren, attraktiven Investoren und zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt vom Digital Hub Cologne und der Stadt Köln.

Kennen Sie schon unseren #StartupTicker? Der #StartupTicker berichtet tagtäglich blitzschnell über die deutsche Start-up-Szene. Schneller geht nicht!

Foto (oben): MeinAuto.de

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.