Die fetten Jahre sind vorbei?! – Eine Anregung zur Diskussion von Dirk Kowalski von Seedkontor

Die Finanzkrise bewegt zurzeit die Welt. Auch in der Start-up-Szene werden die Auswirkungen spürbar sein – teilweise sind sie es sogar schon. Die Meinungen über die weitreichenden Folgen der Krise gehen dennoch arg […]

Die Finanzkrise bewegt zurzeit die Welt. Auch in der Start-up-Szene werden die Auswirkungen spürbar sein – teilweise sind sie es sogar schon. Die Meinungen über die weitreichenden Folgen der Krise gehen dennoch arg auseinander. Einige sagen das komplette Ende der Zweinull-Ära – also ein Massensterben – voraus, andere prognostizieren eine lange Eiszeit, sehen aber auch in ferner Zeit eine goldige Zukunft, und wieder andere gehen zumindest bei Frühphasen-Investitionen von weiter anhaltenden Finanzspritzen aus. Mit seinem Beitrag “Die fetten Jahre sind vorbei” möchte Dr. Dirk Kowalski von Seedkontor die Diskussion über die Auswirkungen der Finanzkrise auf die deutsche Start-up-Szene eröffnen. Wir freuen uns auf Einschätzungen, Meinungen und aktuelle Finanzierungs-Erfahrungen. Zunächst hat aber Dirk Kowalski das Wort:

Die fetten Jahre sind vorbei” – so der Titel einer intelligent-witzig gemachten filmischen Kapitalismusschelte aus dem Jahre 2004 mit Daniel Brühl in einer der Hauptrollen. Das steht uns jetzt also auch wieder bevor, wenn man die Entwicklung der hektischen Ereignissen an den globalen Finanzmärkten der letzten Wochen verfolgt hat: zuerst die Krise der Banken und Börsen, dann die Krise in den so genannten realen Märkten. Was hat das für Auswirkungen auf die zukünftige Finanzierung von innovativen Start Ups – wird das Geld jetzt (nur) wieder knapper sein und die Valuations niedriger, oder wird die Seed-Finanzierung wieder ganz und gar zum Erliegen kommen, so wie es nach dem Platzen der Internet-Blase in 2000 der Fall war, wo man bei VCs über Jahre hinweg das Wort “Internet” besser nicht in den Mund genommen hat, um nicht sofort wieder der Tür verwiesen zu werden?

Persönlich bin ich der Hoffnung, dass letzteres nicht der Fall sein wird. Dass im Gegenteil gerade in Zeiten einer solchen Krise in den Realmärkten, wo das Bruttoinlandsprodukt über längere Zeit hinaus stagnieren oder gar rückläufig sein wird, nur verstärkte Investition in neue Ideen und innovative Technologien helfen können, den Konjunkturmotor am Laufen zu halten und die entscheidenden Impulse für den nächsten Aufschwung zu geben. Ich befinde mich damit in guter Gesellschaft mit Joachim Milberg, dem ehemaligen BMW-Vorstand und aktuellen Präsidenten von acatech, der in einem bei “Spiegel Online” nachzulesenden Interview sagt, dass jetzt die Grundlagen dafür gelegt werden, wer am besten aus der Krise herauskommt und vom nächsten Wirtschaftsaufschwung am stärksten profitieren kann. “Stabilität werden am schnellsten die innovativsten Länder zurückgewinnen.”

Aber Milberg sagt auch, dass Risikokapital zu bekommen in Zukunft womöglich noch schwer sein wird, als es bisher ohnehin schon war. Mit dieser Einschätzung befindet er sich wiederum im Einklang mit einer – wie ich gestehen muss – ziemlich ernüchternden Analyse des VC-Schwergewichtes Sequoia Capital aus dem Silicon Valley, auf die ich bei Fischmarkt gestoßen bin – “Sequoia Capital on Startups and the Economic Downturn Presentation“. Sollte das wirklich so eintreffen, dann heißt es womöglich auch für die Start-up-Szene wieder: “Die fetten Jahre sind vorbei”.

Was glaubt Ihr, wie wird sich die Lage im Bereich der Seed- und Start Up-Finanzierung entwickeln? Wird es schwerer werden, Geld zu bekommen? Werden wir vermehrt wieder auf die Finanzierung der drei Fs – Familiy, Friends and Fools – zurückgreifen müssen? Oder gibt es vielleicht eine Renaissance der Strategischen Finanziers – Investitionen von Industrieunternehmen also, die erkennen, dass sie sich gerade jetzt bei innovativen Unternehmensgründungen einkaufen müssen, um sich die entscheidenden Wettbewerbsvorteile in dem schwieriger werdenden Marktumfeld zu verschaffen? Ich bin gespannt auf Eure Einschätzungen, Meinungen und vielleicht auch schon aktuellen Finanzierungs-Erfahrungen, die Ihr gerne hier posten könnt!

Zur Person
Dr. Dirk Kowalski ist Gründer und Geschäftsführer von Seedkontor und kümmert sich gemeinsam mit Unternehmern, Finanzierungsexperten und Business Angels um die Entwicklung und Frühphasenfinanzierung von innovativen Ideen und neuen Technologien. Zuvor war er einige Jahre im Silicon Valley tätig – unter anderem im Mercedes Benz Research and Technology Center in Palo Alto. Anschließend war er Vorstand einer VC-Gesellschaft in München.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.