Sascha van Holt im Interview
“Eine Idee allein ist nichts wert”
Die Sendergruppe ProSiebenSat.1 investiert über ihren Ableger SevenVentures seit Jahren massiv in junge Digitalfirmen. Geschäftsführer Sascha van Holt arbeitete zuvor als Investment Professional für einen Private Equity Fonds und stürmte zudem mit dem DJ-Trio Master Blaster und dem Song “Hypnotic Tango” die Charts. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht van Holt über Disziplin, Einstiegsbewertungen und Daten.
Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Die größte Motivation ist die Entwicklung der Unternehmen: Erst ist es nur eine Idee, dann ein kleines Unternehmen mit einem funktionierenden Geschäftsmodell und nach jahrelanger Entwicklung dann irgendwann eine bekannte Marke. Diese Entwicklung zu begleiten und zu sehen, welchen Nutzen Kunden aus der Tätigkeit des Unternehmens ziehen, ist einfach großartig.
Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Wie man aus einer Idee ein Produkt macht, habe ich bereits während meiner ersten Karriere als Musikproduzent gelernt. In beiden Berufen kommt es darauf an, kreativ zu denken und einen „Hit“ zu erkennen. Daneben machen das finanzielle Handwerkszeug, Disziplin und „attention to detail“ den entscheidenden Unterschied. Das konnte ich in meiner Private-Equity-Zeit lernen. Mein Ratschlag an jeden, der in der Branche arbeiten will: Vernetzt euch und seid pro-aktiv. Keiner wartet auf euch. Sprecht mit VCs und präsentiert eigene Investment Cases. In welches Unternehmen würdet ihr investieren? Warum?
In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Die absolute Höhe des Investments ist nicht entscheidend. Es kommt vor allem auf das Chance-/Risiko-Verhältnis an. Mulmig wird mir erst dann, wenn dieses Verhältnis aus dem Ruder läuft. Das ist oft der Fall, wenn eine zu hohe Einstiegsbewertung das Potenzial beschneidet.
Was sollte jeder Gründer über Euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
Wir sind der Investmentarm der ProSiebenSat.1 Gruppe und bringen neben Cash vor allem unsere Media Power mit. Wir helfen schnell wachsenden Unternehmen zu „Household Brands“ zu werden und nutzen dafür die komplette Reichweite unserer Mediengruppe. Im Gegenzug für Anteile – Media for Equity – oder Umsatzbeteiligungen – Media for Revenue – erhalten Unternehmen ein Paket aus finanziellen Mitteln, Werbezeiten und zahlreichen anderen Leistungen, wie Testimonials, Kooperationen oder operativer Unterstützung.
Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Als Teil eines digitalen Medien Powerhouse, das Marketing in all seinen Facetten versteht und beherrscht, unterstützen wir nicht nur bei der Kreation und Produktion von TV-Spots. Wir übernehmen auch die Mediaplanung, unterstützen bei 360° TV-Kampagnen wie beispielsweise Product Placement, Sponsoring und Advertorials, und tracken den Erfolg der Kampagnen. Darüber hinaus vernetzen wir unsere Partnerunternehmen mit anderen Beteiligungen aus dem Digitalbereich.
Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Start-up investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
In erster Linie konzentrieren wir uns auf Geschäftsmodelle, die wir gut kennen und deren Funktionsweisen wir verstehen. Dazu gehören insbesondere B2C-Produkte und B2C-Services. Hier verfügen wir über extensive Erfahrung und können die vorliegenden Daten meist gut einschätzen und analysieren. Das Bauchgefühl kommt vor allem beim Unternehmerteam zum Tragen. Hier gibt es zwar auch ein paar Datenpunkte, wie Ausbildung oder Erfahrung in dem betreffenden Sektor, aber letztendlich ist nicht alles quantifizierbar.
Wie organisiert Ihr den Austausch mit Euren Portfolio-Firmen, welche Tools nutzt Ihr?
Wir setzen vor allem auf den persönlichen Austausch. Dazu organisieren wir regelmäßig Treffen auch mit Spezialisten aus dem Bereich Marketing, die immer wieder neuen Input liefern.
Was ist wichtiger: Das Team oder die Idee?
Eine Idee allein ist nichts wert. Es kommt vor allem darauf an, wie eine Idee umgesetzt wird. Dazu gehören die Gründerpersönlichkeiten, die Prozesse, die Kunden und andere Dinge, die letztendlich die Substanz eines jungen Wachstumsunternehmens ausmachen. Daneben muss das Timing stimmen. Facebook war nicht das erste Social Network, Zalando nicht der erste Schuhhändler.
Nicht jedes Start-up läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Natürlich versuchen wir zu unterstützen, aber herumreißen müssen das Steuer die Unternehmer selbst.
Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Start-up die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Vorab, wir bewegen uns im Venture-Capital-Bereich und da kommt es hin und wieder vor, dass nicht alles so läuft, wie man sich das vorher gedacht hat. Wichtig ist, dass die Unternehmer den Ernst der Lage erkennen und entsprechend handeln. Die Reißleine zieht man vor allem dann, wenn dem Management die Lage aus dem Ruder läuft.
Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr leider nicht eingestiegen?
Wir haben bei einigen Unternehmen, die dann stark gewachsen sind, nicht investiert – darunter solche Namen wie Uber. In manchen Fällen wäre es vielleicht sogar attraktiv gewesen, sich zu engagieren. In anderen Fällen sind wir froh, so entschieden zu haben. Eine erfolgreiche Entwicklung der Umsätze reicht nicht. Geld verdient ein Investor nur, wenn auch die Einstiegsbewertung stimmt.
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