Geschichten aus dem Valley: Geht Yahoo unter?
Das Silicon Valley ist für viele Internetschaffende das gelobte Land. Torsten Jacobi, Gründer und Vorstandschef des Weblog-Netzwerkes Creative Weblogging, berichtet für deutsche-startups.de künftig regelmäßig aus der neuen Welt. Jacobi lebt seit drei Jahren im sonnigen Kalifornien, südlich von San Francisco. Er freut sich nach wie vor jeden Tag darüber, dort zu leben und mehr über Entrepreneurship, Venture Capital und die Tech Industry zu lernen. In seinem ersten Artikel beschäftigt sich Jacobi mit dem Internetschwergewicht Yahoo.
Kurz vor dem Flughafen San Jose südlich auf dem 101 erscheint der glänzende Yahoo-Tower auf der linken Seite. Leider sieht die Situation im Tower schwieriger aus als je zuvor: Die Diskussion und der Kampf mit Microsoft, schlechte Quartalszahlen und erste Entlassungen im Frühjahr lähmen das Unternehmen. Kurzum: Es herrscht schlechte Stimmung bei den Mitarbeitern. Doch wie konnte es soweit kommen?
Das Silicon Valley hatte sich zu sehr daran gewöhnt: Ebay, Google und Yahoo waren die Megastars vor Ort. Zu den weiteren Großen der Branchen zählten Amazon in Seattle und ab und zu noch AOL. Jeder der Beteiligten versuchte dem jeweils anderem die \’Cash Cow\’ abzujagen. Google startete einen kompetiven Zahlungsdienstleister zu Paypal, Yahoo und Amazon probierten es mit Auktionen. Ebay bot Shops an. Microsoft und Yahoo steckten viel Zeit und Geld in \’Paid Search\’. Lange Zeit waren Yahoo und Google hier im Valley gleich auf. Yahoo war erst immer größer, dann dank zahlreicher Initiativen im Paid-Search-Bereich gleich auf. Nur um in den letzten Monaten deutlich zurückzufallen.
Google hat eine fast unangreifbare Position bei den Nutzern und schafft es, relevante Suchergebnisse immer mindestens so gut wie Yahoo und aks.com oder live.com darzustellen. Das wirkliche Geheimnis von Google ist allerdings AdWords, welches ständig steigende Milliardenumsätze bringt, ohne das große Investitionen notwendig sind. Fast alle Werbetreibenden stecken den größten Teil ihrer Werbeausgaben in Google. Warum? Weil es hochwertigen Traffic bringt, über fast unlimitiert viele Clicks verfügt und alles perfekt messbar ist. Google erreicht eine so hohe kritische Menge, dass die Preise pro Klick 5- bis 20-mal größer als bei Yahoo sind. Damit kann Google wiederum viele neue hochwertige Publisher für sich gewinnen und seine Position als Trafficlieferant steigern – was wiederum zu mehr Kampagnen führt.
Yahoo hat dagegen nichts wirklich falsch gemacht, aber es auch nicht geschafft, eine solche Gelddruckmaschine ins Laufen zu bringen. Auch Microsoft oder ask.com nutzen zwar Paid Search aber es ist weit von den Margen und Reichweiten (bei Werbetreibenden oder Publishern) entfernt. Yahoo hat einige gute Start-ups gekauft (Flickr, delicious, Farechase) aber wenig aus diesen Unternehmen gemacht. Das Streben danach, die Unabhängigkeit dieser Unternehmen zu bewahren, führte dazu, dass kaum eines das andere befruchtet. Yahoo hat aber immer noch einige tolle Assets (Yahoo Finance, Yahoo Answers, Flickr und zahlreiche Investments in den USA und Asien), aber leider keine \’Cash Cow\’ wie Google. Yahoo versäumte es auch, eine große, einfach zu nutzende \’Cloud Infrastruktur\’ anzubieten – wie das Google und Amazon geschafft haben.
Die Stimmung bei zahlreichen Yahoo-Angestellten ist getrübt, Joshua Schachter von delicious, und die Gründer von Flickr sind nicht mehr dabei und viele weitere haben Yahoo verlassen (u.a. Blogger Jeremy Zawodny. Wie Ex-Mitarbeiter sagen, müsse sich Yahoo schnell neu definieren oder werde langsam \’ausbrennen\’.
Was bedeutet das für Startups im Silicon Valley und anderswo? Google wird zum Fast-Monopolisten in Sachen Online-Werbung. Was langfristig keine gute Sache ist. Schon jetzt ist es fast unmöglich jemanden bei Google zu erreichen. Schon einmal probiert, denn Support bei Adsense oder Adwords per Email zu erreichen? Außerdem gibt es einen potenziellen Käufer weniger. Solange Yahoo mit sich selbst beschäftigt ist, wird es weniger Ausschau nach coolen Start-ups halten, die man in das Yahoo \’Common-Sign-In-Imperium\’ stecken kann. Für alle Jobsuchenden im Valley (davon gibt es hier täglich mehr) fällt zudem ein großer potenzieller Arbeitgeber weg. Das Rennen um den zweiten Platz hinter Google ist somit weiter offen. Was denken Sie, denkt ihr, wer sich diesen Platz sichern wird?
Zur Person
Torsten Jacobi hat sich nach eigenen Aussagen bereits vor Jahren den “Entrepreneurship Bug” gefangen. Auf seiner Gründungsliste stehen newtron, der Blogservice 21Publish, das Blog-Netzwerk Creative Weblogging und die Meta-Reisesuchmaschine kinkaa. Daneben investiert er auch in fremde Ideen und sucht Leute für neue Konzepte. Wenn es seine Zeit zulässt, bloggt er unter www.tjacobi.com über Dinge, die ihn beschäftigen und interessieren.