“Der Kochdonnerstag wird uns fehlen” – Patrick Ohler und Fabian Jager von wkw im Interview

Vor vier Jahren hoben Patrick Ohler und Fabian Jager wer-kennt-wen.de (www.wer-kennt-wen.de) aus der Taufe. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich wkw, wie die Plattform von ihren Nutzern genannt wird, vom Stadtgespräch zum Regionalchampion und […]

Vor vier Jahren hoben Patrick Ohler und Fabian Jager wer-kennt-wen.de (www.wer-kennt-wen.de) aus der Taufe. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich wkw, wie die Plattform von ihren Nutzern genannt wird, vom Stadtgespräch zum Regionalchampion und schließlich zu einem der erfolgreichsten Netzwerke in Deutschland. Nun verlassen die Gründer ihr Unternehmen. Im Interview mit deutsche-startups.de sprechen Ohler und Jager über neue unternehmerische Herausforderungen, Prinzipien und Kochdonnerstage.

Nach vier Jahren verlassen Sie wer-kennt-wen.de. Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Ohler: Uns beiden fällt der Abschied schwer. Vier Jahre lang war wer-kennt-wen.de ein wichtiger Teil unseres Lebens, in den wir all unsere Energie und unser Herzblut gesteckt haben. Wir sind stolz darauf, mit wer-kennt-wen.de ein profitables Unternehmen und ein Netzwerk mit 8,5 Millionen Mitgliedern aufgebaut zu haben – und damit eine positive Basis für die Zukunft von wer-kennt-wen.de zu hinterlassen. Wir freuen uns nun aber auch auf neue unternehmerische Herausforderungen.

Wie sollen diese unternehmerischen Herausforderungen aussehen?
Ohler: Wir sind Unternehmer und das werden wir auch in der Zukunft bleiben. In den vergangenen vier Jahren haben wir sehr viel in den unterschiedlichsten Bereichen gelernt, was wir für die Zukunft nutzen wollen. Wir haben momentan noch keine konkreten Pläne, sind uns aber sicher, dass wir der Branche erhalten bleiben. In den kommenden Monaten steht erst einmal die Übergabe bei wer-kennt-wen.de im Vordergrund. Danach wollen wir uns auch Zeit nehmen, einmal eine längere Reise zu machen.

Was werden Sie nach vier Jahren wer-kennt-wen.de überhaupt nicht vermissen?
Jager: Wenn man lange genug nachdenkt, gibt es viele Kleinigkeiten, die wir nicht vermissen werden. Aber das sind ja gerade die Dinge, von denen man in Nachhinein die besten Geschichten erzählen kann.

Und was werden Sie vermissen?
Ohler: Am meisten werden wir es vermissen, mit unserem eingespielten Team jeden Tag an etwas so Großem wie wer-kennt-wen.de zu arbeiten und Veränderungen vorzunehmen, die direkte Auswirkungen auf Millionen von Nutzern haben. Außerdem wird uns der Kochdonnerstag schmerzlich fehlen! Seit mehr als zweieinhalb Jahren kochen jeden Donnerstag zwei Mitarbeiter in der Miniküche für den Rest des Teams ein leckeres Mittagessen. Die Riesentöpfe mit Currywürsten oder der Grillstand auf dem Parkplatz bleiben legendär.

Sie Beide bleiben wer-kennt-wen.de zumindest “in beratender Funktion verbunden”. Was genau heißt das?
Jager: Wir werden in den kommenden Monaten das Management von wer-kennt-wen.de bei Entscheidungen unterstützen und stehen bei Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Außerdem wird die Übergabe unserer bisherigen Aufgaben schrittweise erfolgen. Dazu werden wir weiterhin einige Tage pro Woche im Büro vor Ort sein.

Management ist ein gutes Stichwort. Merkwürdigerweise gibt noch keinen Nachfolger für die Spitze von wer-kennt-wen.de. Kam Ihr Abschied so überraschend?
Jager: Nein, der Abschied kam für uns nicht überraschend, wir haben uns schon längere Zeit mit der Thematik befasst. Es war keine übereilige Entscheidung.

Blicken Sie bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen vier Jahren so richtig schief gegangen?
Jager: Ganz ehrlich: So richtig schief gegangen ist in den vergangenen Jahren nichts und wir sind uns bewusst, da sicher auch eine große Portion Glück gehabt zu haben. Die kleineren Fiaskos gehören dazu: Einmal sind zum Beispiel – zum damaligen Zeitpunkt alle 1,1 Millionen – Gruppen von wer-kennt-wen.de gelöscht worden. Für unsere Nutzer ein kurzzeitiges Desaster, aber wir konnten sie innerhalb kurzer Zeit wieder herstellen. Oder es stand ein ganzer LKW mit dringend benötigter Hardware plötzlich vor unserem Büro statt vor seinem eigentlichen Ziel – im Rechenzentrum.

Und wo haben Sie Ihrer Meinung nach alles richtig gemacht?
Ohler: Wir haben unsere Idee trotz Höhen und vor allem trotz der Tiefen immer hartnäckig weiter verfolgt. Schon vor dem Launch haben wir eine Philosophie für wer-kennt-wen.de aufgestellt und sind diesen Prinzipien treu geblieben – die Vermeidung des Begriffs Freunde auf der gesamten Plattform ist nur ein Beispiel dafür.

Und was war das verrückteste, das in den vergangenen Jahren passiert ist?
Jager: Als wir bereits in Gesprächen mit RTL interactive waren, haben plötzlich viele Investoren nachts am Telefon große Angebote für wer-kennt-wen gemacht. Wir erinnern uns besonders an eine Situation, als wir gerade auf dem Weg zu einer Studentenparty waren. Da haben sich schon sehr skurrile Situationen ergeben.

2008 haben Sie RTL bei wer-kennt-wen.de an Bord geholt. Was war der wichtigste Grund, dass Sie sich für RTL entschieden haben?
Ohler: In einer Zeit als durch das exponentielle Wachstum kurzfristig sehr große Investitionen nötig waren, hat RTL interactive uns schnell und unkompliziert unterstützt.

Wie ist der Kontakt zu RTL damals eigentlich zu Stande gekommen – man marschiert als junger Gründer ja nicht einfach bei RTL ein?
Jager: Ein Mitarbeiter von RTL interactive ist auf uns zugekommen. Als die Nachricht damals eintrudelte, haben wir an der Uni gesessen und waren erst einmal ordentlich erstaunt. Klassischerweise wurde der Kontakt zu uns über ein soziales Netzwerk aufgenommen.

Momentan reden alle von Facebook. Hat wer-kennt-wen.de langfristig eine Chance gegen den übermächtigen Konkurrenten?
Ohler: Wir denken, dass der Erfolg des Unternehmens langfristig möglich ist. Gerade weil wer-kennt-wen.de ein deutsches Unternehmen ist, kann auch individueller auf die kulturellen Unterschiede reagiert werden. Dass die 8,5 Millionen Nutzer gerne zu wer-kennt-wen.de kommen, zeigt die Aktivität, die sich ja auch in den aktuellen AGOF-Zahlen ausdrückt.

Zu den Personen
Die beiden Computervisualisten Patrick Ohler und Fabian Jager bauten das soziale Netzwerk wer-kennt-wen.de zunächst während des Studiums von Koblenz aus auf. Mit dem Einstieg von RTL interactive folgte der Umzug nach Köln. Ohler arbeitete zuvor bei uib, ein IT-Unternehmen aus Mainz. Im Herbst 2006 ging wer-kennt-wen.de online, bereits im Dezember 2007 registrierte sich das millionste Mitglied beim sozialen Netzwerk. Mit zuletzt 8,28 Millionen Unique Visitors im Monat (AGOF) gehört wer-kennt-wen.de momentan zu den Besuchermagneten im deutschsprachigen Internet.

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Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.