"Harte Entscheidung"

Zu schnell gewachsen: Jimdo entlässt 25 % der Mitarbeiter

Bei der Wohlfühloase Jimdo, einem der Vorzeige-Start-ups der Hansestadt Hamburg herrscht schlechte Stimmung! Das 2007 gegründete Unternehmen muss 25 % seiner Mitarbeiter entlassen. "Durch die Umstrukturierung soll die Agilität des Unternehmens verstärkt werden", teilt das Start-up mit.
Zu schnell gewachsen: Jimdo entlässt 25 % der Mitarbeiter
Mittwoch, 26. Oktober 2016VonAlexander

Das Hamburger Start-up Jimdo ging 2007 an den Start. “Die erste Version unserer Software entstand ohne Geld in einem alten Schweinestall. Wir haben die Nächte durchgearbeitet, mit meiner Mutter gefrühstückt und sind anschließend schlafen gegangen”, erinnert sich Mitgründer Fridtjof Detzner, der das Start-up mit Christian Springub und Matthias Henze gegründet hat, an die Frühphase von Jimdo. Seitdem ging es steil nach oben für den Website-Baukasten. Höhepunkt war eine Finanzspritze in Höhe von 25 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Die Gründer versprachen damals, “ein noch stärkeres und sich schneller entwickelndes Unternehmen” ausbauen zu wollen. “Größer denken, lang geplante Projekte umsetzen (sowohl in Sachen Produkt als auch in Positionierung), den Energieschub voll auskosten, den uns das Ganze gibt. Einfach weiter mit noch mehr Energie – und jeden Tag für euch mit viel Freude das Beste geben”, beschrieb das Trio damals sein Vorhaben. Dieses Vorhaben ist nun erstmal geplatzt. Von zuletzt 258 Mitarbeitern müssen 70 den Webbaukasten, der auch Standorte in Tokio und San Francisco unterhält, verlassen.

“Wir haben es nicht geschafft, effektive Management-Strukturen einzuführen, und wir sind personell zu schnell gewachsen“, zitiert Gründerszene Jimdo-Mitgründer Matthias Henze. In der offiziellen Presseaussendung zu den Entlassungen teilt Hinze noch mit: “Daher mussten wir heute leider die harte Entscheidung treffen, uns von einigen unserer Kolleginnen und Kollegen zu trennen”.

Der Rest der Pressemitteilung klingt wie aus dem PR-Handbuch für schlechte Nachrichten: “Durch die Umstrukturierung soll die Agilität des Unternehmens verstärkt werden”. So kann man schlechte Nachrichten auch verkaufen. Zumindest die Ankündigung, dass das Unternehmen “versucht den Stellenabbau so human wie möglich zu gestalten” und die Ankündigung eines “überdurchschnittliches Abfindungspaket” nimmt man den sympatischen Jimdo-Gründer ab. Denn Jimdo war immer so etwas wie eine Wohlfühloase.

Wie es scheint, geht es bei Jimdo wirklich vor allem um Strukturprobleme. “Jimdo wächst derzeit sehr stark: In 2016 wird das Unternehmen das schnellste Wachstum an Neukunden in der fast zehnjährigen Firmengeschichte verzeichnen. Für 2017 erwartet es eine Fortsetzung des Trends”, teilt dass Unternehmen mit. Jimdo war zuletzt in zehn Sprachversionen unterwegs. Mehr als 15 Millionen Onlineauftritte wurden nach Firmenangaben weltweit bereits mit Jimdo realisiert. 2014 erwirtschaftete Jimdo einen Umsatz in Höhe von 17,63 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss betrug rund 695.000 Euro. Neuere Zahlen gibt es leider nicht.

Hausbesuch bei Jimdo

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Im Oktober 2010 besuchte deutsche-startups.de Jimdo in Hamburg. Einen Kicker gibt es bei Jimdo nicht zu sehen, dafür allerlei Interessantes: an die Wand gepinnte Webseiten, einen Indoor-Garten mit Bewässerungsanlage und das Büro in Miniaturausgabe. Hier geht es zur Fotogalerie.

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Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.