Armin Strbac von Shpock im Interview

“Deutsche Gründer verfolgen ihre Idee aggressiver”

Weihnachtsmärkte nutzen, um den lokalen Schmäh zu genießen? In Österreich ticken die Uhren zuweilen langsamer. Für deutsche Unternehmen in der Alpenrepublik muss das kein Nachteil sein, denn "gewiefte Gründer wissen schnell, mit wem sie mal reden sollten", sagt Armin Strbac von Shpock.
“Deutsche Gründer verfolgen ihre Idee aggressiver”
Mittwoch, 16. November 2016VonChristina Cassala

Was wäre Österreich ohne Mozart, Sisi und Alpenromantik? Für Touristen sicherlich um einige Attraktionen ärmer, aber für junge Gründer und Unternehmer ist das Nachbarland mittlerweile viele mehr als nur ein Urlaubsland oder Lebensgefühl mit Schmäh und Sachertorte. Längst hat sich in Österreich eine dynamische Start-up Kultur entwickelt. Das haben auch die Investoren gemerkt und ihr Auge auf Städte wie Wien, Linz, Innsbruck oder Graz geworfen. In unserem Themenschwerpunkt Österreich beschäftigen wir uns in lockerer Reihenfolge ausgiebig mit der Gründerszene in der schönen Alpenrepublik.

“Neben Wien ist auch in anderen österreichischen Standorten gerade viel im Entstehen”

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht shpock-Gründer und -Geschäftsführer Armin Strbac über das deutsche EXIST-Gründerstipendium, nationale Grenzen und den Charme Wiener Weihnachtmärkte.

Warum sollten Deutsche ihr Unternehmen in Österreich gründen?
Österreich überzeugt durch seine Lebensqualität, liegt zentral in Europa und Wien lockt als Universitätsstadt auch viele internationalen Talente an. Nicht zu vergessen: Unser Schmäh ist legendär.

Warum sollte ein Gründer auch nach Österreich expandieren?
Die großen Gemeinsamkeiten mit Deutschland machen Österreich zu einem logischen weiteren Markt für jedes deutsche Startup bzw. Produkt. Österreich eignet sich aufgrund der gleichen Sprache hervorragend dazu, Dinge in kleinerem Rahmen auszuprobieren.

Wien, Innsbruck oder Graz?
Wien punktet mit hervorragender Infrastruktur. Mit dem Flugzeug ist man binnen weniger Stunden in jeder europäischen Metropole und das öffentliche Verkehrsnetz ist nicht nur gut ausgebaut sondern auch vergleichsweise günstig. Zudem hat sich die Startup-Szene in der Hauptstadt in den letzten Jahren gemausert und ist mittlerweile auch bei internationalen Investoren auf dem Schirm.

Auch bei der Talentsuche kann Wien als Großstadt mit mehr als 2 Millionen Einwohnern punkten. Da gibt es genügend Angebot und Anknüpfungspunkte für jedermann. Dies ist mit einer der Gründe warum die Shpock-Teammitglieder aus insgesamt 25 verschiedenen Nationen kommen.

Die anderen österreichischen Standorte sind zwar noch nicht so weit, aber auch dort ist gerade viel im Entstehen.

Wie gut schätzen Sie die Investorenlandschaft in Österreich ein?
Die Investorenlandschaft hat sich in den vergangenen fünf Jahren stark weiterentwickelt. Während die österreichische Förderlandschaft und die Frühphasenfinanzierung schon länger sehr gut sind, holen wir im Bereich der nötigen Investitionen für Wachstum und Internationalisierung zunehmend auf. Nicht nur dank „SpeedInvest 2“ und der AAIA erkennen immer mehr wohlhabende Privatpersonen in Österreich, dass Startups spannendere Investitionsmöglichkeiten sind als Immobilien.

Natürlich ist Österreich im Vergleich mit Deutschland noch immer kleiner, aber als Startup darf man sich von nationalen Grenzen sowieso nicht zurückhalten lassen. Schon gar nicht bei der Investorensuche.
Einen klaren Vorteil bietet Deutschland immer noch mit dem EXIST-Gründerstipendium, das wir in Österreich schmerzlich vermissen. Insgesamt liegt aber noch ein weiter Weg vor uns.

Welche Personen sollte ein deutscher Gründer unbedingt kennen, um erste Schritte erfolgreich in Österreich zu machen?
Am wichtigsten ist, dass man das richtige Team findet und ein Produkt entwickelt, für das alle brennen. Wenn es dann ums Netzwerken geht, schadet es nicht, beim Pioneers Festival oder im Sektor 5 vorbeizuschauen, andere themenrelevante Events zu besuchen (z.B. die Cocoaheads). Prinzipiell hab ich aber das Gefühl, dass gewiefte Gründer schnell wissen, mit wem sie mal reden sollten.

Was kann Deutschland von den Gründern aus Österreich lernen?
Jeder Gründer kann von jedem anderen Gründer etwas lernen – unabhängig vom Standort oder Entwicklungsstufe. Wir sind zum Beispiel nicht nur in Österreich vernetzt, sondern stehen auch in engem Austausch mit anderen Startups in Deutschland und über den deutschsprachigen Raum hinaus.
Für den Startup-Standort Deutschland wäre es außerdem wichtig, weitere erfolgreiche IPOs und Exits außerhalb des Rocket-Dunstkreises aufzeigen zu können.

Was sind die wichtigsten Veranstaltungen, die ein Deutscher in Österreich besuchen sollte?
Pioneers Festival, wenn Wien für ein paar Tage Nabel der Startup-Welt ist. Austrian Startup Stammtische besuchen, um Ideen mit anderen Gründern auszutauschen und sein eigenes Netzwerk in der österreichischen Startup-Landschaft aufzubauen.

Schließlich aber auch unsere Weihnachtsmärkte nutzen, um den verträumt-romantischen Charme der Stadt aufzusaugen und die Wiener Mentalität noch besser zu verstehen.

Sehen Sie Unterschiede in der Gründungsmentalität zwischen AT und Deutschland?
Gesellschaftlich gibt es keine Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Dennoch bemerke ich im Moment schon noch, dass deutsche Gründer ein wenig härter und aggressiver ihre Idee verfolgen, während den Österreichern häufig die gemütliche Art in diesem Fall ein bisschen im Weg steht.
In beiden Ländern werden Gründer aber nach wie vor etwas belächelt. Dazu tragen leider auch realitätsferne TV-Formate wie die Höhle der Löwen bei. Zwar bringen sie die Startup-Welt einem breiten Publikum näher, allerdings werden in solchen Sendungen die wahren Anstrengungen der Gründer, Investoren und des Ökosystems durchaus ins Lächerliche gezogen.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.