Innovationen, die keiner haben will

Food-Start-ups – Maria, ihm schmeckt’s nicht!

Gegessen wird bekanntlich immer. Nicht alle Food-Konzepte finden aber ihre anvisierte Zielgruppe. Zuletzt scheiterten etwa die leckeren Start-ups Bonativo, KommtEssen und Kulinado. Alles in allem scheint die Zeit für viele Foodkonzepte (noch) nicht reif zu sein.
Food-Start-ups – Maria, ihm schmeckt’s nicht!
Mittwoch, 15. Juni 2016VonAlexander

Seit einigen Jahren sind leckere Food-Start-ups sprichwörtlich in aller Munde – siehe “Boomsegment Lebensmittel – Junge Start-ups für Genießer, die jeder kennen sollte“. Während auch weiter gefühlt jede Woche neue Start-ups entstehen, die den Deutschen leckere Mahlzeiten, Lebensmittel oder besondere Leckereien schmackhaft machen wollen, müssen auch etliche junge Unternehmen erkennen, dass das Food-Segment schwierig ist und aufgeben – zuletzt etwa Bonativo.

Der Biomarktplatz aus dem Hause Rocket Internet ging Anfang 2015 an den Start. Hintergründe zum Aus nennt weder das Start-up noch der Investor. Bonativo startete zunächst in Berlin. Neben Rocket Internet waren auch Tengelmann Ventures und Holtzbrinck Ventures an Bonativo beteiligt. Mindestens 3,2 Millionen flossen dabei in das Start-up. Der Berliner Start-up-Investor scheiterte zuvor beriets damit, EatFirst in Deutschland zu etablieren. Auch eine Konzeptänderung nach einer längeren Pause konnte das Start-up nicht retten. Zuletzt konnten Onliner bei EatFirst von Spitzenköchen erdachte Gerichte bestellen. Die Kunden mussten diese dann nur selbst erwärmen.

Vor EatFirst und Bonativo segnete bereits KommtEssen das Zeitliche. Der Hamburger Rezept- und Lebensmitteldienst, ein Ableger von Middagsfrid, lieferte Ende des vergangenen Jahres zuletzt aus. Seine enttäuschten Kunden verweiste das Unternehmen vorher an den Wettbewerber Marley Spoon. Das Aus war überraschend, hatte KommtEssen-Macherin Lisa Rentrop doch immer wieder betont, das ihre Unternehmung wirtschaftlich erfolgreich unterwegs sei. Rezept- und Lebensmittelboxen sind aber ein schwieriges immerhin stand auch Wettbewerber Kochzauber kurz vor dem Aus, bevor Lidl das Start-ups aus dem Hause Project A rettete. Mit HelloFresh hatte Rocket Internet in diesem Teilsegment der Foodszene zumindest ein gutes Händchen – auch wenn das Start-up weiter massive Verluste einfährt.

Trotz Investment der Beteiligungsgesellschaft Rainmaker Investments konnte auch Kulinado, ein Gastro-Liefernetzwerk für Mittelständler ohne Kantine, nicht überleben. “Nach 24 unglaublich spannenden und bewegten Monaten haben wir beschlossen, den Lieferbetrieb von Kulinado einzustellen. Wir glauben nach wie vor fest an die Zukunft unserer Idee und den Wandel im Bereich Gemeinschaftsverpflegung hin zu nachhaltigeren und gesünderen Lösungen. Trotzdem ist es uns bei hoher Nachfrage und extrem gutem Feedback letztendlich leider nicht gelungen, die notwendige DNA aufzubauen um das Vertrauen neuer Investoren zu gewinnen”, teilt das Start-up Ende des vergangenen Jahres mit.

Ebenfalls gescheitert sind zuletzt Hungr, eine Lieferdienst-App bei der Nutzer zuerst das Essen auswählen und dann das Restaurant, Chillmahl, eine Plattform, die Abendessen aus nachhaltigen und lokalen Produkten direkt nach Hause liefern wollte, und DailyKitchen, ein Start-up, das komplette, mehrgängige Menüs direkt in die Küchen der Kunden gebracht hat. Auch Start-ups wie DietMakers (Gerichte für gesundheitsbewusste Kunden), Deliqat (Gerichte auf Basis aktueller Angebotsprospekte), Frische Diät (Diätrezepte samt Lebensmitteln) und fruitybox.de, ein Abodienst für Obst und Gemüse, konnten leider nicht bestehen. Der Anbieter Tastybox, der leckere Überraschungsboxen mit exklusiven Lebensmitteln lieferte, bekam nach der Insolvent zumindest eine zweite Chance – bei Allyouneed.

Zu guter Letzt scheiterte auch frischlich, früher als Regional Markt bekannt. Das Start-up positionierte sich wie Bonativo als Online-Wochenmarkt. “Leider müssen wir uns eingestehen, dass die Zeit dafür nicht reif”, schrieb das Unternehmen zum Abschied. Alles in allem scheint die Zeit für viele Foodkonzepte nicht reif zu sein, die Konzepte sind zu kostspielig, die Logistik zu teuer. Die vielen Food-Gründer im Lande dürfen gespannt sein, welche Dynamik Amazon Fresh, das bald in Berlin an den Start geht, bringen wird. Mit entsprechender Logistik wären viele Konzepte einfacher zu handhaben.

Passend zum Thema: “Start-ups, die 2016 bereits gescheitert sind“.

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Foto: Italian food. Pasta penne with tomato sauce, olives and garnish from Shutterstock

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.