Christoph Hübner von exmedio
“Uns wird es länger geben als Dich, lieber Kunde”
Den wenigstens Menschen fällt es leicht, den eigenen Nachlass zu verwalten. Statt Notar und Testament will nun exmedio als ein web-basierter Vorsorge- und Hinterlegungsdienst dabei helfen, wichtige Dinge nach dem eigenen Ableben digital zu organisieren. Gründer Christoph Hübner spricht im Gründer-Kurzinterview über den digitalen Nachlass, die letzte Ehre und blutige Steaks.
Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
Wir regeln den digitalen Nachlass – und alles, was nicht mit Erbe und Vermögen zu tun hat. Als Vorsorgelösung für das eigene Ableben informiert exmedio die Freunde des Nutzers, wenn etwas passiert ist. Wir löschen oder übertragen Online-Accounts. Und wir nehmen Hinterbliebenen den Papierkram ab, die Haftpflichtversicherung, das Brigitte-Abo und die ADAC-Mitgliedschaft zu kündigen.
Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Die erste Idee ging im Jahr 2007 nur von der Fragestellung aus, wie eigentlich die räumlich weit verstreuten Menschen, die mir persönlich wichtig sind, davon erfahren, wenn mir etwas passiert – und das nach Möglichkeit so schnell, dass sie zu meiner Trauerfeier kommen und mir die letzte Ehre erweisen können. Doch wenn man dafür eine Lösung hat und das Thema komplett durchdenkt, kommen schon fast zwangsläufig weitere Dinge dazu.
Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
Tatsächlich beschäftigen sich sehr wenige Entrepreneure mit dem Thema Tod. Zum Web Summit in Dublin im November habe ich ein Treffen der „Death related Startups“ organisiert. Im Steakhouse über einem blutigen Stück Fleisch trafen sich dann von den insgesamt 1.200 Start-ups nur drei – inklusive uns. Und alle drei mit ganz anderen Ansätzen und Aspekten rund um das Ableben. Besonders beeindruckend waren die Kollegen von safebeyond.com aus Israel. Direkte Konkurrenz haben wir nicht. In Deutschland gibt es noch eine Firma, die sich mit dem digitalen Nachlass befasst und ein reines Nachsorgeprodukt über Bestatter an Hinterbliebene verkauft. Mit diesen Kollegen haben wir entsprechend keinerlei Berührungspunkte.
Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Das Vertrauen. Unser Versprechen lautet ja grundsätzlich: Uns wird es länger geben als Dich, lieber Kunde. Das ist eine steile Behauptung für ein Start-up. Deswegen ist es – neben aller technischer und Prozesssicherheit – existenziell, dass wir eine glaubwürdige, starke Marke aufbauen – am besten natürlich mit einem etablierten Partner, der strategisch zu uns passt. Hier sind wir aber schon auf einem sehr guten Weg.
Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
Unser Vorsorgeprodukt für Konsumenten bieten wir in einem Freemium-Modell an: Ein kostenloser Teaser mit eingeschränktem Leistungsspektrum und ein fairer Jahresabopreis für das volle Programm. Daneben entwickeln wir gerade ein B2B-Produkt, das Unternehmern in Fragen der Absicherung von Schlüsselfiguren im Betrieb eine umfassende Komplettlösung anbietet.
Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Unsere Zielkunden haben internationale Netzwerke – Freunde auf der ganzen Welt, für die sie persönliche Botschaften hinterlegen. Deswegen gibt es exmedio vom Start weg auf Deutsch und Englisch. Weitere Sprachen folgen, denn unsere Leistung ist viel weniger als man erwartet von lokaler Gesetzgebung abhängig. Die einzige Hürde ist die Sprache und die werden wir mit weiteren Übersetzungen Schritt für Schritt nehmen. So ist unser Markt von Anfang an die ganze Welt.
Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Wir wollen das B2B-Produkt launchen, wir wollen weitere Sprachen anbieten und wir wollen unsere Marke durch eine überzeugende strategische Allianz massiv stärken. Alle drei Aktionsfelder sind bereits auf sehr gutem Weg.
Im Fokus: Weitere Interviews mit jungen Gründern gibt es im Special Gründerinterviews
Zur Person:
Christoph Huebner hat bereits im Alter von 16 sein erstes Gewerbe angemeldet und seither etliche Gründungen an den Start gebracht. Zuletzt gründete er exmedio. Zudem ist er politisch engagiert derzeit der einzige Unternehmer in Deutschland, der mit Köln und Berlin in zwei IHK-Vollversammlungen gewählt wurde.