Es wird keine dauerhafte Appconomy geben – Gastbeitrag von Joachim Graf (ibusiness)
Kleinst-Programme über proprietäre Shops Besitzern spezieller Mobiltelefone zu verkaufen – damit mögen einige einige Zeit Geld verdienen. Nachhaltig ist dies als Geschäftsmodell nicht.
Letztlich kann man natürlich nicht gegen eine Religion an-argumentieren. Gegen Menschen, für die es cool ist, für nutzlose Anwendungen zu bezahlen (ja ich weiß: für nützliche Anwendungen auch). Und die dann auch noch mit der Coolness argumentieren. Ich weiß, wovon ich spreche: Ich habe solche Menschen in der Familie. Aber für alle anderen von uns, für uns Unapflige, entspricht das nicht dem Lebensalltag. Schon seit Monaten schwimmt iBusiness gegen den Meinungsstrom (“Schnell reich und berühmt werden in der Appconomy”). Mein vorsichtiger Einwand. Leider wird es das nicht geben. Genauso wenig, wie ein Strohfeuer warm macht.
Mein Kernargument: Es gibt zurzeit mindestens 20.000 unterschiedliche Handymodelle Relation Browser und zwei Dutzend verschiedene Browser. Für momentan mindestens ein halbes Dutzend verschiedener App-Stores zu entwickeln und die entsprechenden Marketingkampagnen jeweils dort loszutreten – das können nur die wenigsten Entwickler. Vor allem: Es ist endlos teuer.
Und schon brauche ich keine App mehr
Es gibt noch ein zweites Argument gegen die Appconomy. Ich habe es gestern am eigenen Leib erlebt. Und das ging so: Ich habe auf meinem Smartphone eine Xing-App. Denn Xing gehört zu den wenigen Social Networks, die ich regelmäßig nutze. Ich bin allerdings unzufrieden, weil die App in den letzten Monaten immer schlechter funktioniert hat – vermutlich hat sich die Xing-Plattform schneller verändert, als die Xing-Entwickler mit der Aktualisierung der Apps für die verschiedenen Handy-Modelle nachkommen. Deswegen habe ich gestern – ich habe dringend eine Xing-Mail nachschlagen wollen – die Mobil-Website von Xing benutzt. Und siehe da: Kontakte, Nachrichten, Statuszeile: Schön aufgeräumt hatte ich auf dem Bildschim alles das, was ich mobil in Xing benutze. Jetzt muss ich nur noch diese URL als Icon auf meinem Start-Bildschirm ablegen (Ich bin mir nicht sicher, ob mein Symbian/Nokia-Smartphone das kann – jedes richtige Mobiltelefon mit einem Betriebssystem kann das). Und schon brauche ich keine App mehr.
Und das Speichern von größeren Dateien zum Offline-Lesen? Nun, genau das kann HTML5. Ja aber die Ausnutzung der technischen Features meines mobilen Endgeräts? Dazu gibt es Googles Entwicklung \’Native Client\’ – ein Open-Source-Projekt, mit dem Browser alle Funktionen übernehmen können – unter direkter Umgehung des Betriebssystems. Das bedeutet, dass Webanwendungen künftig alles beherrschen werden (oder bereits tun), was jetzt einzelne Apps erledigen. Das Entwickeln proprietärer Kleinstprogramme zur Vermarktung eines (und als Geschäftsmodell in einem) spezifischen Handy-Modells ist ein Übergangsphänomen. Das Internet hat ja aber gerade ein anderes, dezentrales Geschäftsmodell etabliert: Dass die Kreativen selber zu Vermarktern werden. Ein App-Store-Modell wäre der Rückschritt zu den großen Labels.
Zur Person
Joachim Graf berichtet und analysiert die deutschsprachige und internationale Interaktiv-Branche seit 1991 – als Publisher von iBusiness.de (www.ibusiness.de), als Zukunftsforscher, Autor, Berater und internationaler Keynotesprecher. Da Graf ein Herz für Start-ups hat, bietet er Startups, die sich über dem nachfolgenden Link für eine iBusiness-Premium-Mitgliedschaft entscheiden, zwei Freimonate an. Einfach hier bei iBusiness anmelden und den Gutscheincode z-6515-9826-1209 eingeben und man erhält statt zwölf, vierzehn Monate Zugriff auf das komplette Angebot des Wissensportals.