15 Fragen an Florian Swoboda
“Anfangsfehler zu machen ist wichtig für den Lernprozess”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Unternehmer zu sein, ist der schönste Job, den ich mir vorstellen kann. Es bedeutet für mich jeden Tag – zusammen mit meinen Mitgründern und unseren großartigen Mitarbeitern – unsere gemeinsame Vision eigenverantwortlich umsetzen zu können und die Erfolge täglich zu sehen. Es ist einfach wahnsinnig spannend, selbst entscheiden zu können was man macht, wie man es macht und vor allem mit wem.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee entwickelte sich bei mir und meinen beiden Mitgründern während unserer vorherigen Tätigkeiten. Ich war im E-Commerce tätig und da fielen mir hohe Abbruchraten bei Käufen, insbesondere bei der Auswahl der Zahlungsart, auf. Mein Mitgründer Achim war zur gleichen Zeit für eine Strategieberatung im Einzelhandel aktiv. Dort liegt die Herausforderung nicht bei Kaufabbrüchen an der Kasse, hier zahlen rund 80 Prozent einfach mit Bargeld, sondern darin, Kunden auf die Verkaufsfläche zu bekommen. Daher die Idee, das Bargeld auch in die Onlinewelt zu bringen.
Doch nicht nur im E-Commerce gibt es Zahlungsprozesse zu optimieren. Mittlerweile sind wir auch in weiteren Bereichen wie Energieversorgung und Forderungsmanagement aktiv. Wir ermöglichen es Kunden statt einer Überweisung in der Bankfiliale, Rechnungen im Supermarkt zu bezahlen. Bald wird es auch möglich sein, Bargeld bei unserem 6.000 Partnerfilialen vom eigenen Konto abzuheben und einzuzahlen. Man muss sich also nicht mehr auf die Suche zu einer Bankfiliale machen, sondern wir bringen diese in den Supermarkt.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Angefangen haben wir mit einem EXIST Gründungstipendium und einer Angel-Finanzierung von u.a. Florian Heinemann(Project A), Martin Sinner (Idealo) oder Christian Gaiser (KaufDa) Mittlerweile sind wir Venture Capital finanziert durch ALSTIN und die Berlin Technologie Holding.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Die ersten Herausforderungen waren das Finden von erstklassigen und engagierten Mitarbeitern, ohne gute Gehälter zahlen zu können, sowie das Finden erster Partner wie einer Partnerbank und dem ersten Einzelhandelspartner. 2011 war FinTech noch kein Begriff und die Banken meist zögerlich was Kooperationen angeht.
Auch die Einzelhändler waren anfangs verständlicherweise skeptisch, eine noch zu programmierende Software dreier 20-Jähriger auf mehrere tausend Kassen zu installieren. Bei unserem erstem Partner dm sind wir zwei Mal abgeblitzt, bis wir durch Zufall über die Telefonzentrale an Christoph Werner, Sohn von dm Gründer Götz Werner gelangt sind, der sich zusammen mit seinem Vater entschieden hat, uns zu unterstützen. Ein bisschen Glück gehört eben dazu und eine gewisse Hartnäckigkeit.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Anfangsfehler zu machen, ist glaube ich ganz normal und auch ganz wichtig für den Lernprozess. Von daher darf man den ein oder anderen Fehler auch machen, solange man daraus lernt und ihn kein zweites Mal macht. Ganz am Anfang haben wir zum Beispiel nur sehr wenig über unsere Idee gesprochen und haben uns im Stealth Modus gehalten. Retrospektiv hätten wir wertvollen Input schon eher bekommen, wenn wir offener gewesen wären. Zudem würde ich heute noch früher Mitarbeiter mit Branchen-Erfahrung einstellen und nicht mehr in ein Großraumbüro ziehen – wenn viele Mitarbeiter telefonieren müssen, ist das sehr anstrengend.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir haben uns sehr stark auf Public Relations fokussiert, da wir ein polarisierendes Geschäftsmodell haben, was sich gut für die Medienarbeit eignet. Unser Geld verdienen wir im B2B-Bereich, daher sind auch unsere sonstigen Marketingaktivitäten vertriebsunterstützend ausgerichtet. Wir sind Aussteller auf Fachmessen, schalten Anzeigen in Fachpublikationen und konzentrieren auch die PR-Aktivitäten, die nicht direkt Pressearbeit sind, auf Verbände und Expertenpositionierung.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Das auf eine Person zu beschränken wäre zu schwer. Eine ganz zentrale Rolle spielt hierbei ganz klar mein Bruder Felix, der selbst die Firma Mobile Event Guide gegründet hat. Er hat uns zu Beginn in sein Büro aufgenommen, uns mit Investoren zusammen gebracht und viele Kontakte hergestellt. Auch heute sorgt er noch dafür, dass wir einige Fehler nicht zwei Mal machen und hat immer ein offenes Ohr.
Aber auch frühe Unterstützer, wie Prof. Dr. Volker Roth von der FU Berlin, der uns nicht nur mit Know-How, sondern auch mit Büroräumen unterstützt hat. Auch unsere ersten Investoten Just Beyer und Christian Gaiser dürfen hier nicht fehlen. Sie hatten immer ein offenes Ohr und Lösungen für uns. Nicht zu vergessen sind unsere Familien, die uns immer unterstützt haben und noch heute passende Zeitungsausschnitte per Post oder Fax schicken.
Zudem natürlich unsere Mitarbeiter, die auch in anstrengenden Zeiten immer an Bord geblieben sind, mit uns gekämpft haben und ohne die Barzahlen niemals möglich wäre.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Alles ist möglich, wenn man hartnäckig und von seiner Idee überzeugt ist. Ein gutes Netzwerk aufzubauen ist dabei sehr wichtig.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Für mich gibt es vor allem drei Bausteine an denen wir in Deutschland arbeiten müssen, um langfristig im digitalen Bereich kompetitiv sein zu können: Den Netzausbau, die Verfügbarkeit von Venture Capital und die Marktregulierung.
Wenn man viel unterwegs ist finde ich es immer wieder schockierend wie schlecht Telekommunikations- und Datenverbindungen in Deutschland sind. Auf dem Land und auch im Zug zu telefonieren oder online zu sein, ist häufig extrem schwer möglich. Somit wird sich die Jugend nicht so schnell mit digitalen Themen befassen können wie in anderen Ländern und es geht auch einfach Arbeitszeit verloren.
Die Deutsche Venture Capital Landschaft ist immer noch dürftig besetzt, gerade im internationalen Vergleich. Venture Capital wird nicht als echte Asset Klasse gesehen und viele Corporate VCs entstehen lediglich, weil das Kerngeschäft unter Beschuss gerät. Wichtig wäre das Setzen von Anreizen für private Kapitalgeber.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Vermutlich hätte ich dann nochmal umgeschult und wäre Arzt geworden.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Am liebsten bei einem Payment Startup im Silicon Valley wie Stripe, um zu sehen, was dort anders und besser gemacht wird..
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ins 19.Jahrhundert und erkunde als Cowboy den Wilden Westen. Obwohl da gibt’s ja kein Internet…
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich investiere es in die Firma. Vielleicht abzüglich meiner Traumreise auf die Galapagosinseln. Wenn man ab und zu etwas Abstand gewinnt und das große Ganze betrachtet, geht’s danach immer besser und effizienter weiter.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Mit Freunden in den zahlreichen Berliner Cafés.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Auf einen Kaffee mit Martin Blessing von der Commerzbank, um mit ihm mal über die Zukunft des Privatkundengeschäfts und ein ordentliches Kundenerlebnis zu sprechen. Auf ein Bier mit Richard Branson, wobei ich glaube, dass es mehrere werden würden.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Florian Swoboda ist Gründer und Geschäftsführer von Barzahlen. Er verantwortet den Online-Bereich des Unternehmens. Erfahrungen sammelte er zuvor im E-Commerce und Gaming-Bereich.
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