Lorenz Gräf im Interview
“Wir wollen einfach ein starkes Rheinland haben”
Der Startplatz, ein Kölner Inkubator und Coworkingspace, möchte im Juli einen Ableger in Düsseldorf eröffnen. Damit beginnt die Erweiterung eines Netzwerkgedankens, der ursprünglich nur für einen Ort gedacht war. deutsche-startups.de blickt mit dem Gründer des Startplatzes, Lorenz Gräf, auf zweieinhalb Jahre Startplatz Köln zurück und spricht mit ihm über die Entwicklung eines Start-up-Ökosystems im Rheinland.
Vergangene Woche haben Sie bekannt geben, was nur wenige vorher wussten und manche vielleicht gehofft haben: Es wird einen Startplatz in Düsseldorf geben. Welche Reaktionen haben Sie darauf erhalten?
Es waren hauptsächlich Düsseldorfer, die sich gefragt haben: Wie konnte es soweit kommen, dass wir auf ein Kölner Unternehmen zurückgreifen, um einen Katalysator für Start-ups aufzubauen? Das ist natürlich meistens im Scherz gemeint. Die Reaktionen waren aber durchweg positiv. Wir wollen einfach ein starkes Rheinland haben und dazu gehört es eben alle Kommunen mit ein zu beziehen. Vorbehalte spielen da keine Rolle.
Warum brauchen wir denn überhaupt so etwas wie einen Startplatz?
Ich bin davon überzeugt, dass man im Lokalen stark sein muss, damit man im Geflecht stark sein kann. Das ist Teil meiner Philosophie, einer Über-den-Weg-lauf-Philosophie. Wir glauben ganz fest daran und haben das in der Praxis festgestellt, das allein die räumliche Nähe dazu führt, das man viele Dinge viel schneller viel besser machen kann. Manche Probleme, von denen man vorher noch gar nicht wusste, das man sie hat, können so auch schneller gelöst werden. Das Ziel ist es ein Momentum im Rheinland aufzubauen, der es in naher Zukunft erlaubt, andere Startup-Szenen in Deutschland zu überholen.
Gerademal zweieinhalb Jahre ist es her, dass Sie den Startplatz in Köln gegründet haben. Wie hat sich der Startplatz seit dem entwickelt?
Der Startplatz ist viel erfolgreicher gewesen, als ich mir das zu Beginn vorgestellt hatte. Der Zulauf ist super, das was sich hier entwickelt ist sehr gut. Wir haben zum Beispiel sehr schnell festgestellt, das man eine kritische Masse an Quadratmetern und damit an Menschen benötigt. Wir rechnen darum in Menschen, die pro Zeiteinheit vor Ort sind und die dann in einer Art Pausenmodus sind und bereit sind sich zu unterhalten und sich zu vernetzen. Das betahaus in Hamburg hat da ein Maß aufgestellt, das besagt, dass ein Coworkingspace erst ab 1700 Quadratmeter gut läuft. Das können wir so bestätigen: Zunächst belegten wir einen Platz von 900 Quadratmeter, dann 1700 Quadratmeter und ab dem Augenblick hatte ich das Gefühl, das funktioniert als ein Ökosystem.
Hat sich denn alles so entwickelt, wie Sie sich das vorgestellt haben?
Zu Beginn habe ich gar nicht verstanden, was eigentlich gerade passiert. Wir haben da eher nach dem Bauch gehandelt und das verstärkt was positiv war und das weniger verstärkt, was nicht angenommen wurde oder negativ war. Zum Beispiel hat sich das Investitionsgeschäft in diesem Moment als viel weniger wichtig gezeigt. Viel wichtiger war es für die richtige Atmosphäre zu sorgen, wo die Leute gerne hinkommen und sich wohlfühlen. Wichtig ist auch, das die guten Leute sich wohl fühlen. Da gleich mit Equity um die Ecke zu kommen, hätte meiner Meinung nach erst mal gestört. Das passt nicht in die Landschaft und meiner Meinung nach ist da Köln auch noch nicht so weit.
Nicht so weit wofür?
Für ein Business-Modell, in dem wir uns mit Anteilen am Unternehmen bezahlen lassen. Im Moment scheint es wichtiger zu sein das Ökosystem aufzubauen. Und da ist “first give before you get back” die bessere Herangehensweise.
Inwiefern war denn bei der Grundkonzeption des Startplatzes eine Expansion in andere Städte angelegt?
Gar nicht. Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, das wir das in Köln machen und dann reicht das auch. Im Laufe des letzten Jahres habe ich dann gemerkt, dass wir ein Know-How aufgebaut haben, das es uns erlauben würde einen Startplatz ähnlicher Art auch in anderen Locations aufzubauen. Wichtig ist dabei, dass man eine offene Kultur lebt.
Das heißt ihr habt eigentlich erst mal nicht das gemacht, was man von eurem Geschäftsmodell erwartet hätte. Was ist denn aktuell das Business-Modell des Startplatzes?
Wenn wir uns um Investitionen gekümmert hätten, dann hätten wir zu viele Befassungselemente gehabt. Wir haben recht schnell gemerkt, das wir erst ein mal ein Ökosystem hoch ziehen müssen, das selbsttragend ist. Das ist unsere Hauptaufgabe. Wir haben es geschafft in den letzten Jahren einen Mikrokosmos aufzubauen, der mittlerweile eine große Anziehungskraft auf Corporates hat und das subventioniert zum Beispiel das Coworking quer. Zusätzlich haben wir noch die missionarische Aufgabe, dass kein Startup die Workshops auslassen darf. Wir wollen, das Wissen auf einer breiten Basis verfügbar ist. Und deswegen gibt es für Startups Workshops für 29€.
Wird das auch so in Düsseldorf sein?
Die Düsseldorfer scheinen mir jetzt nicht ausgabebereiter zu sein. Unser Konzept in Düsseldorf ist da ähnlich wie in Köln. Wir bieten Coworking an, die Möglichkeit sich da auszubilden, wo es fehlt, und die Möglichkeit sich zu vernetzen.
Während man in Köln fast schon froh sein kann, das die Stadt sich nicht all zu sehr in die Startup-Szene engagiert, ist das in Düsseldorf etwas anderes. Düsseldorfs Oberbürgermeister hat sich ganz klar für eine Startup-Kultur comitted. Inwiefern muss man jetzt als Startplatz auf das Hören, was die Stadt Düsseldorf sagt?
Das mit der Stadt Köln kann ich bestätigen und die Düsseldorfer haben da einen gewissen Vorsprung vor Köln, weil die mit einer frischeren Idee und einer frischeren Mannschaft antreten. Als die Stadt Düsseldorf auf mich zu kam, habe ich Ihnen erklärt wie ich das machen würde. Das traf auf offene Arme. Denn zum Einen weiß man dort, dass das genau das ist, was man als Gebietskörperschaft braucht. Zum Anderen wissen sie aber auch, dass sie das nicht können. Darum möchte Düsseldorf es ermöglichen ein Ökosystem aufzubauen, was in unserem Fall bedeutet, das wir eine One-Stop-Policy fahren.
Aber warum nicht Essen oder Dortmund?
Düsseldorf ist die zweitwichtigste Stadt für die Startup-Szene in NRW. Ab einem bestimmten Zeitpunkt dachte ich also ganz automatisch immer wieder an Düsseldorf, mit ihrer jetzt bereits guten und lebendigen Szene. Natürlich habe ich es aber auch gern, wenn sich der Oberbürgermeister von Düsseldorf hinstellt und sagt: Wir wollen aus Düsseldorf eine Startup-Metropole machen. Das öffnet Tore in der Verwaltung, das richtet aus. Ein klarer Appell an den Kölner Oberbürgermeister.
Der Startplatz Düsseldorf soll in den Medienhafen. Das klingt zu Gut um wahr zu sein. Mit der S11 vom Mediapark in den Medienhafen in unter einer Stunde.
Der Medienhafen ist ein guter Standort, da sind viele Agenturen und Firmen, mit denen wir sprechen können. Wir haben von der Stadt Düsseldorf zwei Etagen im Flossihaus angeboten bekommen, an das wir erst noch etwas Hand anlegen müssen. Wir brechen die eine oder andere Wand heraus, werden Glastüren einbauen und insgesamt für viel mehr Licht sorgen. Ganz nach dem Motto: Mach mal das Fenster auf. Die Räume in der 3. Etage sind knapp 5 Meter hoch, da ist einiges möglich. Sollte da jemand eine Gestaltungsidee haben, dann nur her damit! Die 4. Etage wird dann wie in Köln für Teambüros zur Verfügung stehen.
Kann man auch davon ausgehen, dass auch veranstaltungstechnisch etwas gehen wird?
Das Konzept ist das Gleiche. Darum wird es auch einen großen Veranstaltungsraum geben. Wir müssen nämlich auch von außen genügend Leute rein holen, damit man im Inneren nicht anfängt einzuschlafen. Wichtig war eine Location zu haben, die sich auch für BarCamps und das Startup Weekend eignet. Das muss sich auch ein Stück weit finden. Der Düsseldorfer Startplatz hat auch das Recht anders zu sein als Köln. Das heisst, wir werden am Anfang auch ein wenig zuschauen, wie sich das entwickelt.
Wann ist die Eröffnung für den Startplatz Düsseldorf geplant?
Ich weiß es nicht, habe aber dennoch mal den 1. Juli fest gelegt. Wenn wir das nicht schaffen, dann schauen wir nach einem neuen Termin. Wir machen wahrscheinlich eher so etwas wie ein Soft Opening. Die richtige Eröffnung mit anschließender Party soll es dann geben, wenn die Welt aus den Ferien zurück ist, Mitte September. Wer sich jetzt bereits für einen Platz interessiert oder sich für die auch in Düsseldorf ausgeschriebenen Stipendien bewerben möchte, kann das bereits auf unserer Webseite tun.
Bedeutet die Eröffnung des Startplatz Düsseldorf, das es in weiteren Städten los gehen kann?
Ja, aber das hängt immer davon ab, wie weit die Stadt und ihre Gründerszene ist. Wie sehr wollen die es? Und gibt es eine Location, die mitten in den Stadt liegt? Es bringt nichts, wenn wir zwar ein großes Haus haben, das aber verkehrsgünstig an der Autobahn liegt.
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