Barcode-Scans und Gutschein-Coupons: Wie sich der Handel für Mobile Commerce rüstet

Ob vier Euro Rabatt beim Italiener, zwei T-Shirts zum Preis von einem oder Gratis-Nachos in der Cocktail-Bar: Mit der Smartphone-App Coupies (www.coupies.de) können Verbraucher kräftig sparen. Und müssen dafür die App nur auf […]
Barcode-Scans und Gutschein-Coupons: Wie sich der Handel für Mobile Commerce rüstet
Dienstag, 25. Mai 2010VonStephan Meixner

Ob vier Euro Rabatt beim Italiener, zwei T-Shirts zum Preis von einem oder Gratis-Nachos in der Cocktail-Bar: Mit der Smartphone-App Coupies (www.coupies.de) können Verbraucher kräftig sparen. Und müssen dafür die App nur auf ihrem iPhone oder Android-Device installieren und sich in einem zweiten Schritt beim Kölner Gutschein-Anbieter registrieren oder über Facebook Connect anmelden. Schon wird mittels GPS der aktuelle Standort eines Nutzer lokalisiert und über Google Maps auf dem Smartphone-Display angezeigt: inklusive aller Logos von Restaurants und Läden in der Nähe, die aktuell Einkaufsgutscheine oder Rabatte für Verbraucher über Coupies anbieten.

Coupies_App

Im Ladengeschäft selbst müssen Schnäppchenjäger beim Einkauf lediglich ihr Smartphone mit dem Coupies-Gutschein an der Kasse vorzeigen. Der Gutschein in Form eines Barcodes wird dann beim Bezahlen entweder über die Scanner-Kasse gezogen oder einfach per Hand verrechnet: prompt gibt es den versprochenen Rabatt. „Unsere Coupons sind auf dem Handy genau dann verfügbar, wenn der Kunde sie braucht“, verspricht Coupies-Gründer Felix Schul. Zumindest im Großraum Köln-Bonn, wo es derzeit am meisten Angebote von ortsansässigen Händlern und Dienstleistern gibt.

Coupies & Co.: Der lokale Handel profitiert von Mobile Commerce

Das Rheinland ist dem Coupies-Gründer aber nicht genug. So hat Ende April der deutschlandweite Roll-out des Start-Ups begonnen. Seitdem können Verbraucher zum Beispiel beim Einkauf in einer beliebigen deutschen Filiale der Schuh-Shop-Kette FootLocker satte 20 Euro sparen, wenn sie dort für über 100 Euro einkaufen. Weitere überregionale Angebote sind bereits in Planung. Zeigt doch die Coupies-App laut den Gründern, wo das wahre Umsatzpotenzial von Mobile Commerce lauert.

„Der stationäre Handel wird mit mobile Couponing endlich von der zunehmenden Bedeutung des Internets profitieren können“, argumentiert stellvertretend Coupies-Mitgründer Thomas Engel im Interview auf Shopanbieter.de. „Denn der Handel kann bislang ungünstigen Entwicklungen wie totaler Preistransparenz und Online-Shops mit geringeren Preisen jetzt etwas entgegen setzen.“

Mit seiner Einschätzung liegt Engel durchaus richtig. Denn dank Mobile Commerce erfahren nun Verbraucher in der Tat erstmals über interaktive Produkt- und Preisvergleiche, welche Händler vor Ort wirklich ein gutes Angebot machen und in welchem Laden sich ein Einkaufsbummel lohnt. So zeigt beispielsweise die Android-App Google Shopper bereits Smartphone-Nutzern in den USA an, in welchem Geschäft gerade ein Game für die Nintendo Wii zu welchem Preis und in welcher Stückzahl vorrätig ist. Google kooperiert hier mit Multi-Channel-Händlern wie BestBuy und Sears.

Durch Anwendungen wie Google Shopper und Coupies wird der stationäre Handel also langfristig genau so preistransparent wie der Online-Handel. Vor allem lokale Einzelhändler wittern daher nun ihre Chance, durch Kooperationen mit Coupies & Co. gegenüber der Ecommerce-Konkurrenz wieder Boden gutzumachen: zumindest, wenn sie günstige Preise anbieten können. Dann nämlich stoßen Verbraucher in Apps wie Coupies im Idealfall auf Produkte, die sie sonst vor Ort wohl nie gekauft hätten. „Der Grundgedanke ist, Spontankäufe zu erzeugen“, weiß Coupies-Gründer Engel.

woabi & barcoo: Der stationäre Handel verkommt zur Ausstellungshalle

Profitieren von Spontankäufen bei Mobile Commerce können neben stationären Einzelhändlern aber auch prinzipiell alle Online-Händler: wenn sie ihr Angebot beispielsweise über eine der beiden Smartphone-Anwendungen woabi (www.woabi.de) – kurz für „Wo anders billiger“ – oder barcoo (www.barcoo.de) bewerben. Beide Anwendungen stammen von der Berliner Checkitmobile GmbH (www.checkitmobile.com) und basieren auf dem selben Prinzip. So können Nutzer mit der App den Barcode auf einer Produktverpackung in einem lokalen Ladengeschäft abfotografieren. Dann zeigen Daten von Preisvergleichsdiensten, welche Online-Händler das Produkt aktuell günstiger anbieten.

Woabi_App

„Ladenbesitzer müssen sich auf noch besser informierte Verbraucher einstellen“, weiß Tarik Tokic, Geschäftsführer von Checkitmobile. „Denn die vollmundigen Werbebotschaften in Bezug auf den besten Preis können jederzeit vom Verbraucher überprüft werden.“ Ein Service, den Verbraucher zu schätzen wissen. So zählt Checkitmobile nach eigenen Angaben aktuell über 800.000 Installationen der beiden Preisvergleich-Apps woabi und barcoo auf mobilen Endgeräten, der Löwenanteil davon (ca. 75 %) ist auf dem iPhone zu finden. Zum Vergleich: Die beiden Coupies-Gründer Felix Schul und Thomas Engel sprechen aktuell von rund 6.500 aktiven Coupies- Schnäppchenjägern.

Wie massentauglich Barcode-Scanner aber wirklich sind, muss sich erst noch erweisen. Denn auf lange Sicht werden es wohl nur die wenigsten Einzelhändler dulden, dass Verbraucher vor Ort in ihren Geschäften die verfügbaren Produkte zwar ausprobieren. Anschließend aber in günstigeren Online-Shops kaufen, die Nutzer nach einem Barcode-Scan in einem Preisvergleich entdecken.

Online-Händler sind daher gut beraten, auf lange Sicht eigene Shopping-Apps für ihre Zielgruppe zu entwickeln und sich nicht ausschließlich auf mobile Preisvergleichsdienste zu verlassen. Auch wenn das mit höheren Kosten verbunden ist. Denn bei woabi und barcoo etwa können Online-Händler ihre Angebote für lau im mobilen Preisvergleich platzieren. Der Anbieter Checkitmobile berechnet nur dann eine Gebühr, wenn eine Transaktion zustande kommt. Die Höhe der Provision variiert nach Produktkategorie und beträgt zwischen zwei und acht Prozent vom Netto-Umsatz. Ein ähnliches Transaktionsmodell verfolgt übrigens auch Coupies, wobei Händler hier pro eingelöstem Coupon nur maximal einen Euro berappen müssen. Dafür zahlen Einzelhändler aber bei Coupies jeden Monat zusätzlich eine Grundgebühr „auf dem Niveau eines DSL-Anschlusses“ (39 Euro).

Online-Händler verschlafen Trend: „Das deutsche M-Commerce-Desaster“

Solche Ausgaben sind aber lediglich Peanuts im Vergleich zu den Kosten für Entwicklung und Marketing, die eine eigene Smartphone-App verschlingen kann. Vielleicht scheuen ja aus diesem Grund noch viele Online-Händler mobile Angebote. „Nur knapp 20 Prozent der deutschen Web-Shops haben einen mobilen Auftritt, von einem für Smartphones optimierten Mobile-Shop oder Apps ganz abzusehen“, berichtet Autor Florian Hermsdorf vom E-Commerce-Fachblog Kassenzone. „Händler vertrauen also entweder darauf, dass Kunden mit ihren Handy auf den bestehenden Web-Shops zurecht kommen oder der mobile Absatzkanal wird nicht als relevanter Bestellweg wahrgenommen.“ Womit Online-Händler aber ziemlich daneben liegen dürften.

Die Münchner Unternehmensberatung Mücke, Sturm & Company etwa schätzt, dass in drei bis vier Jahren bereits rund 5 % aller Online-Umsätze über mobile Endgeräte erwirtschaftet werden. Allerdings erwarten die Experten weniger, dass Online-Händler über Mobile Commerce zusätzliche Umsätze generieren werden. Sondern rechnen vielmehr damit, dass langfristig immer mehr Online-Umsatz über mobile Endgeräte erzielt wird. Denn wer über eine mobile Shopping-App oder einen Preisvergleich wie woabi eine Waschmaschine verkauft, wird dasselbe Produkt dem Kunden nicht noch einmal im klassischen Online-Shop verkaufen können.

Es spricht also viel dafür, dass vor allem der stationäre Handel über Mobile Commerce zusätzliche Einahmen erwirtschaften kann. Kein Zufall daher, dass inzwischen auch woabi in seinem mobilen Preisvergleich die Angebote von stationären Händlern listet (wenn auch nur in der kostenpflichtigen Premium-Version). „Unsere Befragungen haben ergeben, dass viele Anwender nicht nur nach Angeboten bei Versandhändlern, sondern auch in ihrer direkten Umgebung suchen“, erklärt Tokic. Vielleicht ja, weil der stationäre Handel auch im E-Commerce-Zeitalter einen unschlagbaren Vorteil bietet. Denn wer ein Produkt sucht, kann die Ware vor Ort gleich ausprobieren und mit nach Hause nehmen. Und muss nicht warten, bis ein Online-Händler das ersehnte Päckchen endlich liefert.

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