Jens Jennissen von fairr.de

“Unsere Kunden trauen sich, kritisch nachzufragen”

Wer jung ist, mag nicht an Altersvorsorge denken. Doch irgendwann wird das Thema aktuell. Bei Fairr.de soll „Riestern" ganz einfach und transparent gemacht werden. Im Gründer-Kurzinterview spricht Jens Jenissen über intransparente Angebote, Kundenorientierung und die Frustration bei Riester-Sparern.
“Unsere Kunden trauen sich, kritisch nachzufragen”
Dienstag, 11. November 2014VonChristina Cassala

In jungen Jahren mag niemand so recht an seine Altersvorsorge denken. Doch irgendwann wird das Thema aktuell und stößt dann auch auf das so genannte Riester-Sparen. Das allerdings hat immer noch einen schlechten Ruf. Beim Start-up Fairr.de soll „Riestern” hingegen ganz einfach und transparent gemacht werden. Im Gründer-Kurzinterview spricht der Gründer Jens Jenissen über intransparente Angebote, Kundenorientierung und Frustration bei Riester-Sparern.

Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
Ich bin schon lange im Finanzbereich tätig und habe als Research Analyst und Händler mit komplexen Finanzprodukten und Kapitalmärkten zu tun gehabt. Als ich mich um meine Altersvorsorge kümmern wollte, haben mich die bestehenden Angebote am Markt alles andere als überzeugt. Diese waren zu intransparent, zu teuer und nicht meiner Anlagephilosophie entsprechend.

Fairr.de setzt auf eine Geldanlage durch ETFs und Dimensional Fonds, um möglichst günstig an der Entwicklung der weltweiten Finanzmärkte teilzuhaben. Den Riester-Mantel haben wir gewählt, weil sich auf Grund der langen Zeiträume ein Altersvorsorgeprodukt ideal für eine solche Anlagephilosophie eignet. Riester-Sparer profitieren von einer gesetzlichen Beitragsgarantie und von der Befreiung der Abgeltungssteuer. Hinzu kommen weitere Steuervorteile und Zulagen in der Ansparphase für förderberechtigte Sparer, was die Rendite ankurbelt.

Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Auch wenn man im Start-up Bereich häufig etwas anderes hört: kaum. Wir wollten von Anfang an mit einer klar strukturierten, transparenten, günstigen, und gänzlich am Markt investierten Altersvorsorgelösung ins Rennen gehen und haben genau dies realisieren können. Die Zusammenarbeit mit unserer Partnerbank, der hamburgischen Privatbank Sutor, hat sich dabei als Glücksgriff erwiesen. Wir mussten bei Schnelligkeit und Kundenorientierung keine Kompromisse eingehen und konnten zusätzlich von der Erfahrung unseres Partners profitieren.

Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
Wir stehen mit anderen Anbietern von Riester-Produkten im Wettbewerb. Der fairriester ist unter den Riester-Fondssparplänen jedoch der einzige, der ausschließlich auf ETFs und Dimensional Fonds basiert. Diese verzichten auf teure Fondsmanager und bilden stattdessen einen Index möglichst kostengünstig ab, was langfristig zu einem besseren Ergebnis führt.

Statt eines verkaufsgetriebenen Gespräches mit einem Vertreter im heimischen Wohnzimmer, informieren sich unsere Kunden ausführlich und in Ruhe vom Laptop, Tablet oder Handy aus und fällen eine eigenständige Entscheidung, von der sie wirklich überzeugt sind. Dieser Entscheidungsraum ohne Druck führt dazu, dass unsere Kunden sich trauen, kritisch nachzufragen.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Die Riester-Rente hat einen schlechten Ruf. Das Thema Altersvorsorge ist jedoch sehr wichtig, viel zu wichtig, um es allein den Banken und Versicherungen zu überlassen, die für viel Frustration bei Riester-Sparern gesorgt haben. Entscheidend ist nun, dass rationale Anleger das Produkt verstehen und der Riester-Rente eine Chance geben. Unser Erfolg hängt also von unserer Aufklärungs- und Pressearbeit zum einen und zum anderen der Intelligenz, Akzeptanz sowie Weitsicht der Sparer ab.

Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
Unsere Vergütung besteht aus einem kleinen Prozentsatz der Gelder, die Kunden bei uns anlegen. Der Anreiz für unsere Kunden: Ab 10.000 Euro sinkt die Vergütung für fairr.de auf 0,25 Prozent. Durch den Verzicht auf Abschlussprovisionen stellen wir sicher, dass wir zu jeder Zeit das gleiche Interesse wie unsere Kunden verfolgen. Wir verdienen nur dann Geld, wenn unsere Kunden auch bei uns investiert bleiben.

Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Unser Ziel ist der deutsche Markt für die private Altersvorsorge, insbesondere das Kundensegment der eigenverantwortlichen, informierten Sparer. Dabei fokussieren wir uns nicht nur auf den klassischen Riester-Markt (Stichwort Zulagen), sondern haben unseren fairriester bewusst so konzipiert, dass er sich für eine Vielzahl von Sparern eignet, d.h. auch für Selbstständige als Alternative zur Rürup-Rente und als Alternative zur Eigenanlage, da der Riester-Mantel erhebliche Steuervorteile bietet.

Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Als Start-up mit einem marktfähigen Produkt geht es vor allem um die Gewinnung von vielen zufriedenen Kunden. An der Anzahl dieser orientieren sich auch unsere Milestones. Um unsere Ziele zu erreichen, erweitern wir stetig das Informationsangebot auf unserer Webseite. Wir werden eine App anbieten und unser Angebot an Rechnern und Tools erweitern, um die Information zur Riester-Rente und dem fairriester bestmöglich aufzubereiten.

Im Fokus: Weitere Interviews mit jungen Gründern gibt es im Special Gründerinterviews

Zur Person:
Jens Jennissen studierte International Business Administration an der Rotterdam School of Management und Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School mit Schwerpunkt Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht. Im Anschluss war er im Investment Banking in London tätig bevor er in den Gashandel eines großen europäischen Energieversorgers wechselte. Während dieser Zeit absolvierte er ein berufsbegleitendes Studium Master in Finance an der London Business School.
Fairr.de wurde Ende 2013 gegründet und Mitte 2014 gelauncht.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.