15 Fragen an Matthias Kröner (Fidor Bank)
“Man muss den Kunden Rede und Antwort stehen”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich glaube, man ist NIE wirklich „nur“ sein eigener Chef, denn in jeder denkbaren Konstellation gibt es „Abhängigkeiten“. Selbst wenn man das eigene Unternehmen zu 100 Prozent besitzt, muss man den Kunden Rede und Antwort stehen.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Konzeptionell ist die Idee für die Fidor Bank durch die vielfältige Beschäftigung mit unterschiedlichsten Web 2.0-Konzepten entstanden. Uns wurde damals klar, dass das Web 2.0 die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen verändern wird. Dies gilt in unseren Augen auch für Banken und deren Kunden. Die Bankenkrise hat dieser grundsätzlichen Idee dann noch die zwar unerbetene aber notwendige Würze verliehen. Strukturell war es wohl eher eine Entscheidung GEGEN das im Konzernkontext Erlebte, als dass es eine grundsätzliche Entscheidung FÜR ein Start-Up gewesen wäre.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
1. Aus dem Erfolg der vorangegangen Geschäftstätigkeit: Wir hatten die Chance, sehr erfolgreich an der Wertentwicklung des einen oder anderen Unternehmens teilnehmen zu dürfen.
2. Das Startkapital hierzu kam von uns und einigen befreundeten Business Angels und 3. hat ein erster professioneller Investor sehr früh in uns investiert (Bernhard Schmid von XAnge!, Anm. d. Red.)
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Der Erhalt der Banklizenz im Umfeld der größten bekannten Finanzkrise.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Gemäß der Devise von Horst Evers, die da lautet „Hinterher hat man es meist vorher gewusst!“, gibt es natürlich eine Reihe von Punkten, die ich heute anders machen würde. Damals waren es aber plausible Entscheidungen. Ein Beispiel: Das Listing der Fidor Bank AG. Gedacht war es, um den Nutzern der Bank auch eine einfache Partizipation am Kapital dieser Community-Bank zu ermöglichen. Auch sollte es zur Kapitalbeschaffung dienen. Beides ist so nicht eingetreten.
Es gibt kein Start-up, kein Unternehmen ohne Fehlentscheidungen. Wichtig ist, dass man eng dran ist und schnell korrigiert. Man darf also keine Angst vor Fehlern haben und muss den Mut zur konsequenten Korrektur aufbringen.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir setzen auf Bekanntheit durch authentische Innovation und fortschreitenden, konstruktiven Regelbruch im Sinne des Kunden. Im Bankenumfeld ist es darüber hinaus verhältnismäßig einfach, mit ein wenig Innovation viel Aufsehen zu erregen. Da macht es uns das Bankenumfeld wirklich leicht.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Die Gründung der Fidor Bank war Teamsport vom feinsten. Hier eine Person herauszuheben würde vielen anderen nicht gerecht werden. Sprach und tat es doch: Besonders denkwürdig war ein Treffen mit den Zanoxgründern Jens Hewald, Thomas Hessler und Heiko Rauch – initiiert durch Andreas Thümmler von CFP.
Den ersten Entwurf zur Fidor Bank-Idee hat man dabei geduldig zur Kenntnis genommen, um ihn anschließend komplett zu zerreißen. Die in diesem Gespräch aufgeworfenen Punkte haben das Konzept und die Produktwelt der dann entstehenden Fidor Bank deutlich geschärft. Auch möchte ich Monty Metzger erwähnen, der mir an einem langen Nachmittag einen Social Media Crashkurs gegeben hat, der meine Arbeitsweise bis heute beeinflusst. So könnte ich die Aufzählung fortsetzen…
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
1. Es kommt immer anders: Bleibt flexibel und eröffnet euch Optionen.
2. Es dauert länger: Plant konservativ und baut ein schlagkräftiges Team, dem ihr dann auch Vertrauen und Gehör schenken müsst.
3. Es kommt Gegenwind: Bleibt mutig, aber selbstkritisch.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Eine ehrliche und umfassende Stellungnahme würde Beleidigungsklagen nach sich ziehen und den Rahmen sprengen. Deswegen an dieser Stelle nett und kurz: Die anhaltende und grundsätzliche Ahnungslosigkeit bzw. Naivität in Bezug auf tatsächliche Internet-Wirkmechanismen halte ich für extrem gefährlich und substanzgefährdend. Für eine führende Wirtschaftsnation bedeutet der laienhafte Umgang mit diesem Thema den Verlust von Marktpräsenz in gegenwärtigen und zukünftigen Märkten.
Diese Entwicklung ist bereits heute zu beobachten und wird schlicht und einfach unumkehrbar sein. Das Problem ist aber eines, für das nicht nur der Wirtschaftsminister zuständig ist, sondern die gesamte Regierung. Hier nun einen nahezu nicht englisch-sprechenden und ausgewiesenen Oberbayern (bin ich selbst auch, weswegen ich das sagen darf) zum Infrastruktur-Beauftragten zu machen, löst das Problem nicht; es verschärft es eher.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ursprünglich komme ich aus der Hotellerie und hatte dort eine tolle und wirklich spannende Zeit, die mich nicht loslässt. Allerdings würde ich mich auch dort, nur in einem unternehmerischen Konzept wohl fühlen. Darüber hinaus habe ich eine sehr starke Bewunderung für all die Menschen, die mit vollem Idealismus für humanitäre Organisationen arbeiten und kämpfen, beispielsweise „Ärzte ohne Grenzen“. Es wäre eine große Ehre und wahnsinnige Aufgabe, sich dort einbringen zu dürfen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Schwierige Frage, vor allem weil mir gegenwärtig der zur Beantwortung notwendige Überblick fehlt. Persönlich würde ich gerne an der Entwicklung einer Digital-Währung mitarbeiten. Dieses Thema hat das Potential Markt- und Industriestandards zu verändern und kann viel Gutes tun.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
In die Zukunft. Auch wenn Geschichte eines meiner Lieblingsfächer in der Schule war, würde mich doch eines deutlich mehr als die Vergangenheit interessieren: Welche Entscheidungen müssen wir heute wie treffen, um zu einer nachhaltigen Entwicklung auch für nachfolgende Generationen zu kommen?
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich würde das Geld in den Bau einer Zeitmaschine investieren, um die Antwort auf Frage 12 in die Realität umzusetzen. Ich glaube zwar nicht wirklich daran, aber vielleicht funktioniert es ja doch.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Stress pur: Da stehe ich in der Küche und koche für Familie und Freunde.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Ob Schauspieler, Künstler, Politiker oder Filmstar, da ich im Rahmen meines früheren Hotellebens Begegnungen mit einer Reihe von Persönlichkeiten hatte, ist mein Bedarf daran gedeckt. Auch glaube ich seitdem nicht an einen wirklichen Mehrwert bei derartigen Treffen. Insofern bleibe ich konsequent bei meiner Zukunftsausrichtung und schlage ein Treffen mit meinen Ur-Ur-Enkeln vor, um mit ihnen persönlich zu besprechen, was über die letzten 100 bis 150 Jahre so richtig schlecht bzw. ausgewiesen gut gelaufen ist.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Matthias Kröner wurde im Januar 2009 zum Vorstandssprecher der Fidor Bank AG berufen. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits knapp sechs Jahre als Mitglied des Vorstands in der 2003 von ihm als Kölsch, Kröner & Co. mitbegründeten AG tätig. Kröner studierte nach einer Hotelausbildung Betriebswirtschaft in München und New York. Einer Beschäftigung als Assistent der Geschäftsleitung beim Bankhaus Maffei folgte ab 1993 ein Engagement bei der DAB Bank. Knapp zehn Jahre baute er den ersten kontinentaleuropäischen Online-Broker mit auf.
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