"Nicht hinwerfen - durchbeißen"

Armin Hierstetter über seine spannende Reise als Sologründer

Armin Hierstetter, Gründer von bodalgo, ist Sologründer aus Überzeugung. "Was ist denn die Alternative? Angestellt zu sein für mich jedenfalls nicht mehr", sagt er. Natürlich sei der Sprung immer mit Risiko verbunden. Wer es aber durchziehe, „auf den wartet eine sehr spannende Reise“.
Armin Hierstetter über seine spannende Reise als Sologründer
Mittwoch, 15. Oktober 2014VonAlexander

In unserem Themenschwerpunkt Sologründer beschäftigen wir uns ausführlich mit Einzelgründern, also Gründern die als Einzelperson ein Start-up hochziehen – siehe dazu auch “Einzelgründer müssen nicht immer kleine Brötchen backen“. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Armin Hierstetter, der bodalgo, einen Internet-Marktplatz für Werbesprecher, Hörspielsprecher und Synchronsprecher, alleine hochgezogen hat, über sein Leben als Sologründer.

Sie haben bodalgo als Sologründer hochgezogen. Was ist die größte Herausforderung, der sich Einzelkämpfer stellen müssen?
Die größte Herausforderung ist es, bei Schwierigkeiten nicht hinzuwerfen, sondern sich durchzubeißen. Und als Einzelkämpfer haben Sie einen Haufen Schwierigkeiten, weil Sie ja alle Disziplinen bedienen müssen: Bei bodalgo etwa: Design, Programmierung, Marketing, Kundenbetreuung. Und jeder Bereich für sich hat da schon ein paar Herausforderungen parat.

Muss ein Sologründer somit ein Experte in vielen Bereichen sein?
Es kommt darauf an: Wenn er über genügend Kapital verfügt, gewisse Sachen von Dienstleistern umsetzen zu lassen, möglicherweise nicht. Die Frage ist nur, ob das Geschäftsmodell solche Ausgaben trägt. Ich hatte das Glück, dass ich bereits Programmieren konnte, eine Marketing-Ausbildung hatte und selbst seit ein paar Jahren als Sprecher gearbeitet hatte, bevor ich mit bodalgo anfing. Ich denke, diese Kombination hat dieses Projekt überhaupt erst ohne fremde Hilfe möglich gemacht.

Mal ein Blick die poitive Seite: Was ist der größte Vorteil, den Sologründer haben?
Der größte Vorteil eines Einzelkämpfers ist ganz klar die Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung. Egal, ob ich eine gute Idee für eine neue Funktion auf der Webseite habe oder eine neuen Vertriebskanal ausprobieren will: Ich kann das sofort entscheiden und eine Sekunde später umsetzen. Das ist ein großer Luxus, birgt aber auch eine große Gefahr: Sie bekommen keine „zweite Meinung“. Wenn Sie nicht alles genau durchdenken, kann die “tolle Idee viel Zeit und/oder Geld kosten. Passiert schon mal.

Welche Einzelkämpferfehler sind Ihnen unterlaufen?
In der Anfangszeit habe ich – besonders, was Werbung angeht – aufs falsche Pferd gesetzt. Ich dachte, dass vor allem Werbeagenturen sich um die Dienstleistung reißen würden, weil bodalgo einerseits sehr komfortabel ist und zugleich preislich extrem attraktiv im Vergleich zu den herkömmlichen Sprecheragenturen. Also habe ich Anzeigen in diversen Fachmedien geschaltet – on- und offline. Aber: Der Response war gleich null. Das war ziemlich ernüchternd. Immerhin: Ich habe aus dem Ergebnis gelernt und weiß jetzt, wo sich Werbung für bodalgo wirklich lohnt.

Und zwar?
Klare Antwort: Google AdWords. Da erwische ich Kunden exakt in der Situation, in der sie die Dienstleistung benötigen. Bisher hat kein anderes Werbemedium auch nur annähernd gute Ergebnisse erzielt. Mein größter Fehler hier war, meine selbst entworfene Kampagne von einer Agentur optimieren zu lassen. Die Ergebnisse wurden immer schlechter, die Ausgaben immer höher. Ich habe dann die Reißleine gezogen und mich wieder selbst um die Online-Kampagnen gekümmert.

Sprechen wir weiter über die Schattenseiten des Einzelkämpfertums: Was ist der größte Nachteil den Sologründer haben?
Größter Nachteil ist eventuell die fehlende Skalierbarkeit, wenn man danach schielt, Investorengelder einzusammeln – das hat mich jedoch nie interessiert. Vielleicht bei einem nächsten Projekt.

Würden Sie wieder ein Unternehmen alleine gründen?
Jederzeit. Was ist denn die Alternative? Angestellt zu sein für mich jedenfalls nicht mehr. Seit dem ersten Tag meiner Selbständigkeit hat sich meine Lebensqualität exorbitant verbessert – wer diese Freiheit einmal erlebt hat, will nie mehr zurück. Natürlich ist der Sprung immer mit Risiko verbunden, klar. Aber wer ein tragfähiges Geschäftsmodell hat und den Willen, das durchzuziehen, auf den wartet eine sehr spannende Reise.

Noch einmal zu bodalgo: Was sind ihre nächsten Pläne für ihr Unternehmen?
bodalgo gibt es jetzt seit knapp sieben Jahren. Da hat sich natürlich technisch einiges getan. In den kommenden Monaten arbeite ich an einer Modernisierung der Seite, die zum Beispiel responsive Design und andere neue Webtechniken berücksichtigt.

Nun aber Butter bei die Fische: Wie erfolgreich ist bodalgo denn?
Mit über 4.600 Sprechern in mehr als 60 Sprachen ist bodalgo mit weitem Abstand Europas größte Resource für Profi-Sprecher. Kunden, die eine Stimme für Werbung, Web-Clips, eLearning etc. suchen, haben schnell erkannt, wie einfach sie mit bodalgo zum Ziel kommen. Und dazu noch völlig kostenlos, weil bodalgo ja keine Provisionen nimmt oder Gebühren verlangt. Weil viele Sprecher außerdem über eigene Studios verfügen, sind die Produktionskosten zudem deutlich geringer als bei herkömmlichen Ton-Studios.

Und wie verdienen Sie Geld?
Das Geschäftsmodell wird von den Sprechern getragen. Mit einer kostenlosen Basis-Mitgliedschaft können sich die Sprecher auf bodalgo präsentieren. Wer an Castings teilnehmen möchte, braucht eine Premium-Mitgliedschaft, die es schon ab 15 Euro pro Monat gibt. Das ist ein sehr transparentes Modell.

Passend zu unserem Themenschwerpunkt Sologründer empfehlen wir folgende Artikel: “Als Einzelgründer durchstarten – aber wie?” und “Mit weniger als 1.000 Euro zum eigenen Start-up?“. Weitere Artikel über Einzelgründer gibt es in unserer Übersicht zum Themenschwerpunkt Sologründer.

Buchtipp: Ausführliche Informationen über Solopreneurship bietet das brandneue Buch “Solopreneur von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg. Hier ein Auszug: “Lieber solo gründen? Drei Mythen rund um Teams“.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.