Sergio A. Aragón von Lexvisors

“Meine Sichtweise hatte sich geändert”

Guter juristischer Rat muss nicht immer teuer sein. Das weiß auch Lexvisors-Gründer Sergio A. Aragón. Im Gründerinterview spricht er über Honorare von Rechtsanwälten, den Unterschied zwischen großen und kleinen Kanzleien und den Bedarf an Rechtsberatung kleiner Start-ups.
“Meine Sichtweise hatte sich geändert”
Dienstag, 5. August 2014VonChristina Cassala

Wer plötzlich auf juristische Beratung angewiesen ist, fühlt sich schnell überfordert, aber guter Rat ist teuer. Abhilfe will das Online-Portal Lexvisors von Gründer Sergio A. Aragón schaffen. Im Gründer-Kurzinterview spricht er über Honorare von Rechtsanwälten, den Unterschied zwischen großen und kleinen Kanzleien und den Bedarf an Rechtsberatung kleiner Start-ups.

Welche Idee steckt hinter Ihrem Start-up?
Lexvisors macht Rechtsberatung für jedermann zugänglich, bezahlbar und transparent. Zu Beginn meiner professionellen Karriere als Rechtsanwalt war ich bei verschiedenen Rechtsanwaltskanzleien tätig. Es gehörte zu meinen Aufgaben, neue Mandanten für die jeweilige Kanzlei zu akquirieren. Hierbei vielen mir schnell Ineffizienzen des Rechtssektors auf, wie eingeschränkte Möglichkeiten, unsere Dienstleistungen zu vermarkten, eine ungerechte Verteilung der Umsätze zwischen kleinen Kanzleien und Großkanzleien sowie ein sehr geringes Angebot an Lösungen für Lead-Generierung.

Ich habe damals nicht verstanden, wieso viele unserer potenziellen Mandanten unsere Honorare für zu hoch angesehen haben. Dann hat sich meine Sichtweise geändert, da ich als Country Manager eines Berliner Start-ups nur ein sehr kleines Budget für Produkt, Marketing, usw. zur Verfügung hatte – somit auch kein großes Spielfeld für Anwaltskosten. Meine anwaltlichen Kenntnisse waren damals sehr hilfreich, um herauszufiltern, welche Aufgaben ohne anwaltlichen Beistand durchgeführt werden konnten und so habe ich viel Geld für das Start-up gespart. Leider hat nicht jeder diese Möglichkeit. Deswegen habe ich Lexvisors gegründet.

Wie sehr bzw. in welchen Punkten hat sich ihr Konzept von der ersten Idee bis zur Gründung verändert?
Von der Idee bis zur Gründung haben wir sehr viel gelernt und verstanden, wie der Markt funktioniert. Unser Q&A Modell für einfache Rechtsfragen hat sich dahingehend geändert, dass Ratsuchende Rechtsauskunft zum Festpreis erhalten, während es zuvor eine Option für Preisvergleiche gab. Diese Preisvergleich-Option wird heute nur noch für komplexere Rechtsgeschäfte genutzt. Damals hatte Lexvisors eher eine vermittelnde Funktion, während wir heute neueste Technologien nutzen, um eigene do-it-yourself Lösungen zu entwickeln. Aus Geschäftsmodell-Perspektive sind wir jetzt mehr Performance-orientiert und wollen Anwälten ein hilfreiches Tool zur Lead-Generierung bieten, statt mit einem Subskription-Modell zu arbeiten, bei dem Kosten für eine Mitgliedschaft anfallen.

Wer sind Ihre Mitbewerber und wie grenzen Sie sich von ihnen ab?
In Deutschland haben sich bereits Unternehmen, welche Q&A Dienste anbieten (wie justanswer.de,) sowie auf Online-Musterverträge spezialisierte Unternehmen (wie Jano-law oder Smart Law) etabliert. Rechtsdienstleistungen per Internet weisen momentan in Richtung Online-Verzeichnisse und Sammlungen von Rechtstexten und Q&A Modellen. Jedoch existiert momentan kein Unternehmen in Europa, das technologisch ausgereift genug ist, umfassende Rechtsdienstleistungen auf Abruf – on-demand – anzubieten. Und hier genau kommen wir ins Spiel.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Start-up den Durchbruch schafft?
Um nun den Durchbruch zu schaffen, brauchen wir Traction, sprich genug Ratsuchende, die unsere Rechtsdienstleistungen und Produkte in Anspruch nehmen und Lexvisors als „Top of Mind“-Lösung für bezahlbare Rechtsberatung erkennen. Dann ist natürlich die Positionierung unserer Marke durch gezielte Marketing-Aktivitäten sehr wichtig.

Wie wollen Sie Geld verdienen und wann schreiben sie schwarze Zahlen?
Einnahmen wollen wir über zwei komplementäre Verkaufsmodelle erzielen. Auf der einen Seite gibt es das Transaktions-Modell, bei dem Ratsuchende Dienstleistungen, sowie einzelne personalisierte Verträge und Antworten auf Rechtsfragen zum Festpreis erwerben können. Auf der anderen Seite gibt es das Abo-Modell, wo Privatpersonen und Unternehmen monatliche oder jährliche Abonnements abschließen können, um grundlegende Rechtsdienstleistungen zu beziehen und gleichzeitig Kosten zu sparen. Unserer Finanzplanung zufolge wird unser BEP (break even point) voraussichtlich im dritten Quartal 2015 sein.

Welche Märkte wollen Sie mittel- und langfristig erobern?
Besonders interessant sind für uns zentral-europäische Länder wie Frankreich, Spanien, Italien und Holland, aber auch nordische Länder wie Dänemark und Schweden.

Welche Meilensteine wollen Sie in den kommenden zwölf Monaten auf jeden Fall erreichen?
Unsere Meilensteine sind die Expansion der Marktplatzprodukte in weitere Regionen sowie gezielte Promotion der monatlichen Abonnements. Zudem wollen wir unsere Dokumentendatenbank erweitern und weitere do-it-yourself Lösungen entwickeln.

Im Fokus: Weitere Interviews mit jungen Gründern gibt es im Special Gründerinterviews

Zur Person:
Sergio A. Aragón arbeitete zunächst als Anwalt in Kanzleien in Mexiko, Hamburg und Berlin, ehe er zunächst für Xing, später für Yahoo mehrere Jahre in Barcelona tätig wurde. Für seine Gründung von Lexvisors kam er zurück nach Berlin.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.