6 Tipps zum erfolgreichen IT-Outsourcing – Gastbeitrag von Felix Bopp

Vermutlich haben alle Agenturen oder Start-ups die Kosten sparen wollen, schon einmal über IT-Outsourcing nach Polen, die Ukraine oder Indien nachgedacht. Häufig mit Vorurteilen belegt, haben viele von Problemen mit Outsourcing aus dem […]

Vermutlich haben alle Agenturen oder Start-ups die Kosten sparen wollen, schon einmal über IT-Outsourcing nach Polen, die Ukraine oder Indien nachgedacht. Häufig mit Vorurteilen belegt, haben viele von Problemen mit Outsourcing aus dem Kollegenkreis gehört. Dabei kann Outsourcing funktionieren, wenn man einige Regeln beachtet. Ein weiterer Vorteil wird erst auf den zweiten Blick deutlich: egal für welche Programmiersprache, Entwickler sind fast immer kurzfristig verfügbar. Jedes Jahr verlassen 20 Mal mehr Software-Entwickler die Hochschulen in Indien als in Deutschland und die indische IT-Branche beschäftigt mehr als 4.000.000 Menschen. Für eine Agentur, die zurzeit iPhone-Entwickler auf dem deutschen Arbeitsmarkt sucht, sind das fast paradiesische Zustände.

Und hier sind die wichtigsten Regeln, mit denen das Outsourcing auch ohne böse Überraschung klappen sollte:

1. Behalte ein realistisches Bild von deinem Projekt
Immer wieder versuchen Startups auf Webseiten wie rentacoder.com ein umfangreiches Projekt mit möglichst wenig finanziellem Einsatz realisieren zu lassen. Das klappt in der Regel selten. Ein Youtube-Klon für 500$ ist eben unrealistisch, auch wenn das der ein oder andere Freelancer auf solchen Plattformen anbietet. Entweder ist die Applikation am Ende fehlerhaft oder man bekommt schlichtweg keine geliefert. Merke: das Outsourcen von Softwareentwicklung ist günstiger, aber kostenlos ist es nicht.

2. Habe einen detaillierten Plan von deinem Projekt
Was in Deutschland gilt, gilt doppelt, wenn man über Distanz arbeiten will. Ein Lastenheft/Pflichtenheft, Projektplanung und Projektcontrolling gehören grundsätzlich zu jedem Projekt, das man ernsthaft betreiben will. Wie soll auch jemand am anderen Ende der Welt wissen, was man möchte, wenn man es selbst nicht weiß.

3. Zahlungsabwicklung oder: “Wie kommt das Geld zum Entwickler?”
Dienste wie Moneybookers, aber auch manche Outsourcing-Plattformen bieten Geldhinterlegung (escrow service) als Dienstleistung an. Bei diesem treuhänderischen Service hinterlegt der Käufer das Geld, erst nach Abgabe seitens des Entwicklers wird ausgeschüttet. Sollte es zu Unstimmigkeiten kommen, springt der treuhänderische Dienst als Mediator ein. Noch mehr empfiehlt es sich, mit einem westlichen intermediären Vertragspartner zusammen zu arbeiten. Er kann Rechnungen mit Mehrwertsteuer ausweisen, internationale Banktransaktionen können vermieden werden und nicht zuletzt hat man einen deutschsprachigen Ansprechpartner vor Ort. Von einer Anzahlung für den Entwickler ist grundsätzlich abzuraten. Ein seriöser Vertragspartner würde dies auch nicht verlangen.

4. Beachte die interkulturelle Kommunikation
Auch in anderen Ländern verstehen die Entwickler grundsätzlich, was man von Ihnen möchte. Trotzdem kann es aufgrund der kulturellen Unterschiede zu Mißverständnissen kommen. Ein deutsches „Abgabe der Software um 12 Uhr“ meint das auch so. Was für uns eindeutig erscheint, wird von Angehörigen anderer Kulturkreise gelegentlich mehr als ungefähre Orientierunghilfe interpretiert. Schon im europäischen Ausland kann man solche Erfahrungen machen. So hat ein Spanier, der zwei Stunden zu spät zu einem Termin erscheint, lediglich das Gefühl, geringfügig hinter dem Zeitplan zu sein, wohingegen wir Deutschen bei mehr als 15 Minuten auch schon mal genervt den Termin platzen lassen.

Gerade um inhaltliche und terminbezogene Missverständnisse zu vermeiden, sollten solche augenscheinlich selbstverständlichen Punkte am besten schriftlich niedergebracht werden. Aber auch hier gilt es Unterschiede zu beachten, gerade bei asiatischen Kulturen ist ein „Ja“ nicht immer wie ein europäisches „Ja“ zu verstehen, und der Angst vor einem Gesichtsverlust muss man sich in der Kommunikation mit dem Entwickler immer bewusst sein. Diese Unterschiede führen bei unvorbereiteten Unternehmen häufig zu Problemen beim Outsourcing, dabei lassen sich solche Komplikationen mit einer gut strukturierten Arbeitsweise und angesammelten Erfahrungswerten sehr gut vermeiden. Der Kontakt zu anderen Kulturen kann dann sogar zu einer interessanten Bereicherung für den Arbeitsalltag beider Seiten werden.

5. Respektiere die Kultur und Religion
Ein besonderer Punkt bei den kulturellen Unterschieden nimmt die Religion ein. Beschäftigt man einen indischen Entwickler, so ruht die Arbeit nicht nur an staatlichen Feiertagen wie Gandhis Geburtstag, sondern auch an einigen hinduistischen Feiertagen. Am besten bittet man den Entwickler frühzeitig um eine Aufstellung der Feiertage des entsprechenden Landes bzw. der Religion.

6. Binde den Entwickler so eng wie möglich in dein Team ein
Ein Entwickler aus Asien oder Osteuropa sollte kein Fremdkörper in der Firma sein. Wenn man lediglich festlegt, dass ein Produkt X in Z Tagen fertiggestellt werden soll, ist das Ergebnis meist niederschmetternd. Viele schlechte Erfahrungen mit Outsourcing haben in einem solchen Vorgehen ihren Ursprung. Ein anderer und meistens besserer Weg ist die Integration des Entwicklers in das Entwicklerteam in Deutschland, eine Einbindung in die unternehmensinterne Projektplanung und das Projektcontrolling. Wenn ich täglich kontrolliere, was mein Entwickler macht, dann gibt‘s auch keine bösen Überraschungen. Dies dürfte wohl eine der wichtigsten Regeln für erfolgreiches Outsourcing an einen Entwickler sein.

Zur Person
Felix Bopp studierte Ökonomie an der Universität Zürich. Bereits während seines Studiums sammelte er unternehmerische Erfahrungen und gründete unter anderem eine Designmanufaktur. Bopp ist zudem Mitgründer von App8 (www.app8.de), einem Vermittlungsservice für indische Softwareentwickler.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.