Mehrfach ausgezeichnetes Start-up
Tinnitracks: Gefilterte Lieblingsmusik kann gegen Tinnitus helfen
Tinnitracks heißt das Medizinprodukt der Hamburger Sonormed GmbH, das prinzipiell nichts anderes tut, als bestimmte Frequenzen aus Musikstücken der Wahl herauszufiltern und den Kunden diese bearbeiteten Musikstücke zur Verfügung zu stellen. Mit Tinnitracks können gängige Musikstücke – egal, ob aktuelle Charts oder klassisches Konzert – für die Tinnitus-Therapie aufbereitet werden. Dabei wird die individuelle Tinnitus-Frequenz der Betroffenen aus ihrer Lieblingsmusik herausgefiltert.
Im Artikel Wie Forscher den Tonterror im Ohr austreiben wollen in der Welt online wird das Wirkungsprinzip von Tinnitracks sehr anschaulich erklärt.
Kurzgefasst ausgedrückt: Tinnitus wird durch eine Fehlschaltung im Gehirn ausgelöst und die Tinnitus-Neuronen lassen sich hemmen, indem man ihre Nachbarzellen mit den gefilterten Klängen stimuliert und trainiert. Die Therapie kann die Überaktivität der Tinnitus-Nervenzellen reduzieren und deren Nachbarzellen trainieren, wodurch auch der wahrgenommene Tinnitus-Ton leiser wird.
Die Behandlung besteht darin, dass die Betroffenen über einen mehrere Monate dauernden Zeitraum die mit Tinnitracks aufbereitete Musik über einen ganz normalen MP3-Player mit kabelgebundenen Kopfhörern regelmäßig und oft hören. Man kann sich unangenehmere Therapien vorstellen, als die, möglichst oft diverse Lieblingsmusikstücke hören zu müssen.
Die Entwickler von Tinnitracks standen allerdings vor mehreren Herausforderungen: Die Betroffenen müssen erst einmal herausfinden, welche Frequenz ihr Tinnitus überhaupt hat, um eben diese Frequenz dann herausfiltern zu können. Sonormed rät ausdrücklich dazu, hierzu einen HNO-Facharzt zu konsultieren, stellt aber zusätzlich Tools bereit, die dabei helfen, die Frequenzbestimmung zu üben.
Dann musste die Technik entwickelt werden, die eben bestimmte Frequenzen aus einem Musikstück herausfiltert. Dazu wurde ein eigener MP3-Encoder implementiert, der die therapiekonforme Speicherung im MP3-Format ermöglicht. Das allerdings war eher das kelinere Problem.
Schwieriger war die Sicherstellung der Therapievorrausetzungen: Denn nicht jeder Musiktitel ist für die Therapie geeignet. Die Ingenieure von Tinnitracks haben eine Analyse entwickelt, die jedes Musikstück hinsichtlich seiner Therapieeignung individuell analysiert.
All das wurde so aufbereitet, dass die Kunden ohne Bedienungshürden sich ihre Therapie-Musiktitel-Bibliothek im Internet selbst zusammenstellen können, wenn sie die Frequenz ihres Tinnitus kennen – jederzeit und an jedem Ort, an dem sie Onlinezugang haben.
Seit kurzem haben die Hamburger Sennheiser als Partner im Boot, so dass jetzt zusätzlich Kopfhörer angeboten werden, auf die die individuelle Tinnitracks-Musik präzise abgestimmt werden kann.
Nur sehr wenige Anbieter bekämpfen bisher die Ursache von Tinnitus
Die meisten Therapieversuche gegen Tinnitus konzentrieren sich bisher auf die Bekämpfung der Symptome wie zum Beispiel Stimmungsaufheller gegen depressive Verstimmungen als Folge der nervtötenden Störgeräusche.
Aber nach und nach machen sich auch andere auf den Weg, das Übel an der Wurzel zu bekämpfen. Audionotch aus den USA oder TinnMusic aus Deutschland begrenzen sich allerdings auf die Filterung von Musikdateien. Den gesamten Prozess von der Möglichkeit der Frequenzbestimmung, über die Filterung der Musikdateien bis hin zur Überprüfung der Musiktitel auf Therapie-Eignung allerdings bildet noch kein anderes Produkt ab.
Mindestvertragslaufzeit: 12 Monate
Der Preis von Tinnitracks ist nicht unerheblich – was wohl an dem erheblichen Forschungs- und Entwicklungsaufwand liegt:
Die Nutzer erwerben eine Tinnitracks-Lizenz, die über 12 Monate läuft. In diesem Zeitraum können sie beliebig viele Musikstücke therapeutisch filtern lassen. Die in dieser Zeit bearbeiten Dateien bleiben auch nach dem Ablauf der Lizenz nutzbar. Die Lizenz für 12 Monate kostet 539 Euro.
Darüber hinaus werden in Kooperation mit Sennheiser drei Pakete aus Lizenz und verschiedenen Kopfhörern angeboten. Hier liegt der Einstiegspreis bei 569 Euro.
Im Gründerteam versammeln sich betriebswirtschaftliche und produktbezogene Kernkompetenzen. Gegründet wurde die Sonormed GmbH von Jörg Land (Ex-cellity), Adrian Nötzel, Matthias Lanz und Johannes Wittig. Als Geschäftsführer zeichnen Land, Diplom-Kaufmann, für den betriebswirtschaftlichen Bereich und Lanz, Diplom-Wirtschaftsinformatiker für den technischen und IT-Bereich verantwortlich. Nötzel, Diplom-Ingenieur für Medientechnik, und Johannes Wittig, Examenskandidat der Psychologie, verantworten das Produkt: Nötzel untersuchte bereits während seines Studiums die Automation der neuen Ansätze in der Tinnitus-Therapie aus ton- und nachrichtentechnischer Perspektive. Seine Erfahrung fließt direkt in die technische Entwicklung von Tinnitracks ein. Und Wittig bringt seine Erfahrungen aus der Arbeit mit Tinnitus-Patienten ein, die er in der Audiometrie einer auf Tinnitus spezialisierten HNO-Praxis durchführte.
Besonders im Medizin-Sektor ist Vertrauen DIE Währung schlechthin
Tinnitracks kommt bislang ohne Investoren aus, sammelt aber schon diverse Förderpreise und Auszeichnungen ein, die in den Aufbau des Unternehmens und die Produktentwicklung investiert wurden: Sie gewannen beim Gründerwettbewerb IKT Innovativ, bei der Idea Challenge 2012, dem Innovations- und Entrepreneurspreis 2013 und dem Heidelberger Innovationsforum. Und schließlich räumten Sie beim legendären Reeperbahn-Festival in ihrer Heimatstadt Hamburg nicht nur den 1 Preis der Jura ab, sondern auch den Publikumspreis.
Tinnitracks beteiligte sich an den verschiedenen Wettbewerben vor allem deshalb, um Vertrauenspunkte zu sammeln, denn besonders im Gesundheitsmarkt ist Seriosität und Vertrauen das Allerwichtigste. Denn gerade in diesem Segment treibt sich dermaßen viel Halbseidenes herum, dass es umso wichtiger ist, sich davon abzusetzen.
Besonders unter diesem Aspekt ist es denn wohl auch sehr wichtig, dass Sonormed schnellstmöglich belastbare Studien und Statistiken veröffentlichen kann, die die Wirksamkeit von Tinnitracks untermauern. Zu groß ist sonst die Gefahr, dass das Produkt nicht angenommen werden könnte. Und wenn es denn tatsächlich vielen helfen kann, wäre das sehr schade.