Von Team
Freitag, 14. März 2025

“Einfach machen! Perfekte Pläne gibt’s nicht”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Wir haben keine weltbewegenden Katastrophen erlebt – aber das liegt wahrscheinlich daran, dass wir früh gelernt haben, Fehler als Teil des Prozesses zu sehen", erzählt Christoph Wirth von seinen Gründererfahrungen.

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antworten Christoph und Konstanze Wirth von DoggyLove. Das Startup aus Heilbronn bietet “nachhaltige, pflanzliche Hundesnacks”.

Wie startet Ihr in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Christoph: Mit Kaffee. Viel Kaffee. Dann geht’s an die erste Herausforderung des Tages: den E-Mail- und Social-Media-Dschungel durchforsten. Um 8 Uhr bringen wir
unseren Sohn in die Kita. Danach geht’s in die Produktion, wo wir zwischen Zutaten, Maschinen und kreativen Ideen jonglieren.

Wie schaltet Ihr nach der Arbeit ab?
Konstanze: Theoretisch? Mit einem entspannten Abend auf der Couch. Praktisch? Unser 3-jähriger Sohn hat da andere Pläne: wilde Kissenschlachten, endlose Warum-Fragen und spontane Tanzeinlagen im Schlafanzug. Aber genau das ist unser perfekter Ausgleich – und ehrlich gesagt der beste Stressabbau.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättet Ihr gerne vor der Gründung gewusst?
Christoph: Dass “in sechs Monaten verkaufen wir die ersten Produkte” in Startup- Sprache eigentlich “wir brauchen 16 Monate, dreimal so viel Geduld und einen Plan
B bis Z” bedeutet. Wir haben unterschätzt, wie lange es dauert, die perfekte Rezeptur zu entwickeln, Lieferzeiten einzuhalten und Maschinen ans Laufen zu bringen. Aber
am Ende hat sich jeder Moment des Wartens gelohnt.

Was waren die größten Hürden auf dem Weg zur Gründung?
Konstanze: Finanzierung! Wir hätten damals nicht gedacht, dass selbst “kleine Dinge” wie Verpackungsmaterial und Maschinen so große Summen verschlingen. Wir haben jeden Euro dreimal umgedreht und mussten kreativ werden, um alle Herausforderungen zu meistern. Und dann war da noch die Sache mit den Lieferanten: Wer nachhaltige, regionale Zutaten will, muss erstmal jemanden finden, der sie zuverlässig liefert.

Was waren die größten Fehler – und was habt Ihr daraus gelernt?
Christoph: Wir haben keine weltbewegenden Katastrophen erlebt – aber das liegt wahrscheinlich daran, dass wir früh gelernt haben, Fehler als Teil des Prozesses zu
sehen. Zum Beispiel haben wir in der Anfangsphase eine Maschine gekauft, die perfekt klang, aber am Ende Herzchen formte, die aussahen wie… naja, eher wie
missglückte Kartoffeln. Geld verbrannt? Ja. Gelernt? Absolut.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für ein Startup?
Christoph: Wir haben das Glück, dass unsere Familie und Freunde uns unterstützen. Unsere Tierärzte haben die Rezepturen entwickelt, die Buchhaltung übernimmt
meine Tante und wenn mal Not am Mann ist, springen unsere Eltern ein. Unsere Marketingagentur hilft uns nach außen – aber wer eine Nachricht an DoggyLove
schreibt, kann sicher sein, dass wir persönlich antworten. Wenn wir irgendwann Teamzuwachs brauchen, suchen wir erstmal in unserer Community – denn wer
unsere Idee liebt, wird auch mit Herzblut dabei sein.

Welchen Tipp habt Ihr für andere Gründer:innen?
Konstanze: Einfach machen! Perfekte Pläne gibt’s nicht, also wartet nicht ewig. Wir haben am Anfang oft gedacht: “Dürfen wir das überhaupt so machen?”, nur um dann
festzustellen, dass es keinen festgelegten Weg gibt. Wer wartet, bis alles sicher ist, kommt nie ins Tun.

Ohne welches externe Tool würde euer Startup nicht existieren?
Christoph: Wenn man Familie als Tool bezeichnen kann – dann ohne die. Unsere Eltern, unsere Freunde – sie haben in jeder Phase mitgeholfen. Und ohne sie wäre DoggyLove wahrscheinlich nur eine Idee geblieben.

Wie sorgt Ihr für gute Stimmung im Team?
Christoph: Mit Respekt, Wertschätzung – und gelegentlichen Lachanfällen. Unsere Produktionshalle ist kein Großraumbüro, aber wir haben gemerkt: Gute Stimmung
beginnt mit einer positiven Haltung. Wer selbst lachen kann, auch über Fehler, steckt andere an. Und wenn ein Hundekeks mal eine kreative Form annimmt – nennen wir
es Limited Edition!

Was war Euer bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Christoph: Definitiv unsere Maschine aus der Türkei. Wir wollten eine spezielle Maschine für unsere Herzchen-Snacks, aber neu war sie unbezahlbar. Also fanden
wir eine gebrauchte – in Izmir. Wir sind also (trotz Flugangst) hingeflogen und standen dann in einer Werkshalle vor einer Maschine, die aussah, als hätte sie schon
bessere Tage gesehen. Aber: Es gab keine Alternative! Wir kauften sie, ließen sie nach Deutschland bringen, überholten sie – nur um dann festzustellen, dass sie für
unsere Hundesnacks komplett ungeeignet war. Der Verkauf dauerte ein halbes Jahr, und wir haben am Ende draufgezahlt. Aber hey – immerhin haben wir eine gute
Geschichte. Und am Ende hat sich jede Anstrengung ausgezahlt, denn heute haben wir eine Maschine, die perfekte, gleichmäßige Herzen produziert – besser als alles,
was wir je getestet haben.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): DoggyLove