Von Team
Montag, 13. Januar 2025

Worauf es jetzt ankommt: Trends und Prognosen für Tech-Investments

Selektive Investoren, Internationalisierung und KI-Dominanz prägen den Markt, während M&A und IPOs für gut positionierte Unternehmen neue Möglichkeiten bieten. Ein Gastbeitrag von Julian Riedlbauer, Partner bei der globalen Technologie-Investmentbank Drake Star. 

Das Jahr 2025 wird für Startups, Investoren und Unternehmen im Technologie-Bereich von signifikanten Veränderungen geprägt sein. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sich der Markt weiter in zwei Segmente teilen wird: Einerseits, kapitaleffiziente Unternehmen mit starken KPIs, die in populären Sektoren wie B2B Enterprise Software, Künstliche Intelligenz, Nachhaltigkeit, Defense Tech oder Cybersecurity agieren – diese werden sich weiterhin über ein hohes Investoreninteresse freuen können. Andererseits werden andere Branchen, beispielsweise der Consumer-Bereich, weiterhin weniger im Fokus stehen und solche Startups dürften Schwierigkeiten haben, Investoren zu finden. Diese Polarisierung wird die strategische Ausrichtung, Wachstumschancen und auch die Finanzierungsmöglichkeiten vieler Unternehmen prägen.

Investitionsentscheidungen: Stabilität, Kapitaleffizienz und klare Alleinstellungsmerkmale als Erfolgsfaktoren

Die Entwicklung von Bewertungen bleibt ein spannendes Thema. Nach dem Peak im Jahr 2021 folgten in den letzten Jahren massive Korrekturen. Seit 2024, insbesondere im zweiten Halbjahr, zeigt sich eine gewisse Stabilisierung und zunehmendes Investoren-Interesse. Unternehmen, die eine klare Marktstrategie verfolgen, kapitaleffizient und technologisch führend sind und gute KPIs vorweisen können, könnten sogar von steigenden Bewertungen profitieren. Gleichzeitig wird sich die Spreu vom Weizen trennen: Investoren werden noch genauer hinschauen, ob das Geschäftsmodell nachhaltig und skalierbar ist. Generell gilt: Statt “Wachstum um jeden Preis” achten Investoren weiterhin darauf, wie schnell und kosteneffizient Firmen profitabel werden können.

Die Zeiten überhöhter Bewertungen scheinen damit endgültig vorbei. Der Markt normalisiert sich, und wir sehen realistischere Multiplikatoren, die stärker an fundamentalen Unternehmenskennzahlen orientiert sind. Nur im AI- und Defense Tech Bereich erreichen wenige Firmen in Europa außergewöhnlich hohe Bewertungen, die teilweise von den operativen Kennzahlen entkoppelt scheinen. Multiples für Software-as-a-Service (SaaS)-Unternehmen, E-Commerce oder Fintechs passen sich an das Marktumfeld an. Die Bereitschaft, sehr hohe Prämien für reines Wachstum zu zahlen, wird weiterhin niedrig bleiben. 

Ein entscheidender Faktor für hiesige Startups wird im kommenden Jahr die Internationalisierung sein. Da die deutsche Wirtschaft insgesamt aktuell lahmt, wird es noch wichtiger, über den nationalen Markt hinauszudenken und sich global zu positionieren. Dabei wird ein klarer Fokus auf ein hervorragendes, “mission critical” B2B Produkt und dessen Funktionalität entscheidend sein – das auch möglichen Budgetkürzungen bei den Kunden nicht zum Opfer fällt. Firmen, die in diesem Bereich überzeugen, werden sich auch in schwierigeren Marktphasen erfolgreich behaupten können. Diese Prinzipien lassen sich im Grunde auch auf Consumer Firmen anwenden. Wenn die Nutzungsrate hoch ist, wie beispielsweise bei Spotify oder Netflix, wird der Endkunde auch dann die Dienste intensiv nutzen und das Abo behalten, wenn er oder sie eigentlich sparen müsste. Die Einsparungen erfolgen dann in anderen Bereichen.

M&A-Markt: Wie Unternehmen durch Übernahmen Skalierung und Expertise gewinnen

Im Bereich M&A erwarten wir, dass 2025 ein Jahr mit neuen Chancen wird. Für gut aufgestellte Unternehmen wird es attraktive Deals geben. 2024 war bereits von einer beachtlichen M&A-Aktivität geprägt – insbesondere im Technologiesektor. Die Financial Times berichtete kürzlich, dass der Gesamtwert der Fusionen und Übernahmen im Jahr 2024 global um 11 Prozent gegenüber 2023 gestiegen ist. Dieser Trend wird sich 2025 fortsetzen, denn Unternehmen suchen nach Skalierung und Synergien, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Große Technologiefirmen und Firmen, die schon im Besitz von Private Equity Firmen sind, werden gezielt nach Übernahmekandidaten suchen, die ihre Portfolios erweitern oder Zugang zu neuen Technologien und Märkten bieten. Private Equity Investoren bleiben aktiv, um profitable, gut aufgestellte Tech-Unternehmen zu konsolidieren. Insbesondere in den bereits genannten Sektoren sind vermehrt Zukäufe zu erwarten. In einem schwierigen Talentmarkt werden wir außerdem beobachten, dass beispielsweise Unternehmen Startups übernehmen, um technologische Expertise und Talent ins eigene Haus zu holen. Für Gründer bedeutet das: Eine klare Positionierung und Technologie-Führerschaft können den Weg zu attraktiven Exit-Optionen ebnen.

Im Bereich IPOs erwarten die Marktteilnehmer eine klare Belebung. Börsengänge waren in den letzten Jahren selten, doch beginnend im Jahr 2025 und sich im Jahr 2026 fortsetzend könnte sich für einige Unternehmen die Chance bieten, den Schritt zu wagen – vorausgesetzt, das Marktumfeld bleibt stabil. Mit steigendem Vertrauen in Tech-Aktien könnten Börsengänge wieder an Fahrt aufnehmen. Besonders in wachstumsstarken Sektoren wie B2B-Software/SaaS könnte es erste positive Signale geben. Und auch im Bereich Fintech, wo bereits einige bekannte Player wie Klarna einen IPO planen, könnte das Rad im kommenden Jahr wieder ins Rollen kommen. 

Globale KI-Kräfteverteilung: Europa muss aufholen

Gleichzeitig zeigt sich ein europäisches Problem deutlich: Es gibt im Vergleich zu den USA weniger Tech-Companies und nur wenige führende KI-Firmen. Laut aktuellen Zahlen des US-Marktforschungsinstituts CB Insights haben von Anfang 2024 bis zum Stichtag 08.11.2024 KI-Unternehmen aus den USA 71% des globalen Finanzierungsvolumens eingesammelt – und nur 14% der Gelder gingen an KI-Firmen in Europa und 13% an Firmen in Asien.  Auch KI-Talente konzentrieren sich in den USA, wo über 40 % der weltweiten KI-Unternehmen ansässig sind. Dadurch entsteht ein beträchtlicher Innovations-Gap zwischen den USA und dem Rest der Welt. Die gute Nachricht: Auch außerhalb der USA (und Chinas) bilden sich regionale AI-Hubs, zum Beispiel bei uns in Deutschland aber auch in Frankreich, Italien, Australien und Norwegen. Während sich in den USA die Entstehung neuer AI-Unicorns verlangsamen könnte, wird Europa weiterhin daran arbeiten müssen, im globalen Wettbewerb aufzuholen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: 2025 wird ein Jahr, in dem der Markt von Dynamik und Differenzierung geprägt sein wird. Erfolgreich werden jene Unternehmen sein, die sich international aufstellen, ihre Produktqualität und die Kundenbedürfnisse kompromisslos in den Fokus rücken und sich in von Finanzinvestoren beliebten Sektoren positionieren. Finanzierungsrunden werden wieder einfacher, Firmenverkäufe setzen sich als Exit-Kanal durch, Bewertungen stabilisieren sich und IPOs könnten ihr Comeback feiern. Für Gründer und Investoren gilt es, den Fokus auf nachhaltige, skalierbare Geschäftsmodelle zu setzen. Wer diese Trends frühzeitig erkennt, wird die nächste Wachstumsphase erfolgreich gestalten.

Über den Autor
Julian Riedlbauer ist Partner bei der global tätigen Investmentbank Drake Star und berät Technologieunternehmen bei M&A-Transaktionen. 

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Foto (oben): KI