#Gastbeitrag
Investmentrunden: So vermeidet man juristische Fallstricke
Das eigene Startup ist gegründet, aus mutigen Visionen sind konkrete Konzepte und Prototypen entstanden und auch das Kernteam steht. Gründer:innen sind in dieser ersten Entwicklungsphase voller Enthusiasmus und Tatendrang, stolpern dann aber häufig planlos in die erste Finanzierungsrunde. Dabei werden sie mit rechtlichen Herausforderungen konfrontiert, auf die sie nicht ausreichend vorbereitet sind, was häufig zu Verzögerungen oder – im schlimmsten Fall – sogar zum Scheitern einer Finanzierungsrunde führen kann.
Ganz entscheidend für die Finanzierung ist dabei das Term Sheet. Aber auch den weiteren Prozess gilt es sauber durchzuziehen, um einer Finanzierungsrunde zum erfolgreichen Abschluss zu verhelfen.
Term-Sheet: Take it or leave it?
Wenn Startup-Gründer:innen ein Term Sheet erhalten, ist die Freude oft groß. Denn das Term Sheet bedeutet den erfolgreichen Abschluss einer Vielzahl von Gesprächen, Treffen und Präsentationen mit mehreren Dutzend Investoren. Insofern ist es vollkommen verständlich, dass das Term-Sheet bereits als eine Art Erfolg gefeiert wird.
Mit der Vorlage eines Term-Sheets ist eine Finanzierungsrunde jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Ein Term-Sheet ist ein vorläufiges Dokument, das die wichtigsten Bedingungen einer geplanten Investition zwischen dem Startup und dem Investor festhält und die Grundlage für die Verhandlung der ausformulierten Verträge bildet. Ein weit verbreiteter Irrglaube unter Gründer:innen ist, dass Term Sheets als unverhandelbare Angebote betrachtet werden müssen. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Verhandlungsgrundlage, und es lohnt sich immer, diese Punkte mit Bedacht zu verhandeln. Verhandeln ist also Pflicht, nicht Kür.
Mehrere Optionen haben: Es ist von großem Vorteil, mehrere Term-Sheets zur Auswahl zu haben. Dadurch lässt sich nicht nur das beste Angebot auswählen, sondern man kann auch die verschiedenen Bedingungen besser miteinander vergleichen. Mehrere Optionen erhöhen den Verhandlungsspielraum erheblich. Auch psychologisch ist der Effekt nicht zu unterschätzen, eine andere Option in der Hinterhand zu haben.
Prioritäten setzen: Nicht alle Punkte im Term-Sheet sind gleich wichtig. Gründer:innen sollten sich frühzeitig Gedanken darüber machen, welche Punkte für sie nicht verhandelbar sind und welche als “nice to have” betrachtet werden. Beispielsweise sind Kontrollrechte für Gründer:innen oft wesentlich wichtiger als etwa die Übernahme von einmaligen Anwaltskosten des Investors.
Frühzeitig juristischen Rat einholen: Viele Klauseln in Term-Sheets können auf den ersten Blick unverständlich sein. Hier ist es ratsam, frühzeitig Anwält:innen hinzuzuziehen, um potenzielle Risiken zu erkennen. Mit dem VC-Markt vertraute Anwälte können außerdem Benchmarks liefern und somit helfen, die besten Konditionen herauszuholen.
Typische Term-Sheet-Fallen
Das Term-Sheet, das die wesentlichen Bedingungen einer Finanzierungsrunde festhält, wird oft als unverbindliche Vereinbarung (“non-binding”) abgeschlossen. Doch dieser Begriff kann täuschen. Wesentliche Punkte müssen bereits auf dieser Ebene verhandelt werden, denn sie legen den Grundstein für alle weiteren Verhandlungen.
“Non-binding” ist nicht gleich unverbindlich: Das Term-Sheet wird zwar in aller Regel als “non-binding” abgeschlossen, aber es bildet die Grundlage für die späteren Vertragsdokumente. Punkte, die im Term-Sheet eindeutig festgelegt sind, lassen sich in den endgültigen Verträgen kaum noch abweichend vereinbaren. Deshalb sollten Gründer:innen alle wesentlichen Bedingungen bereits auf Ebene des Term-Sheets verhandeln.
Post-Money vs Pre-Money Valuation: Ein weiteres wichtiges Detail ist die Unterscheidung zwischen Post-Money- und Pre-Money-Bewertung. Die Post-Money-Bewertung beinhaltet auch die Investmentsumme der geplanten Finanzierungsrunde, während die Pre-Money-Bewertung den Unternehmenswert vor der Investition wiedergibt. Diese Unterscheidung ist wichtig, um Missverständnisse bei der Unternehmensbewertung zu vermeiden – besonders, wenn mehrere Term-Sheets mit unterschiedlichen Bewertungsansätzen im Raum stehen.
Licht ins Dunkel bringen: Der weitere Prozess zum Abschluss der Finanzierungsrunde
Nach der erfolgreichen Verhandlung und Unterzeichnung des Term Sheets gibt es im Wesentlichen drei weitere Arbeitsstränge, bevor eine Finanzierungsrunde unterzeichnet wird:
Entwurf und Verhandlung der vollständigen Finanzierungsverträge: Die ausformulierten Finanzierungsdokumente sind von Anwälten zu entwerfen. Aus Startup-Sicht ist dabei empfehlenswert, dass diese durch den eigenen Anwalt entworfen werden. Denn dann lassen sich die Verträge deutlich mehr zugunsten des Startups gestalten, als wenn diese aus Hand eines Investor-Anwalts stammen. Auch wenn das Term-Sheet gut verhandelt wurde: Bei der Verhandlung der ausformulierten Finanzierungsdokumente kommt es in aller Regel noch zu weiteren Verhandlungen zu Detailfragen.
Due Diligence: Abhängig von Stadium des Startups möchten Investoren die dem Term Sheet zugrundeliegenden (Bewertungs-)Annahmen im Rahmen einer vertieften Prüfung des Startups (sog. Due Diligence) bestätigen. Diese kann kommerzielle, technische und rechtliche Aspekte umfassen. Hier geht es aus Startup-Sicht darum, eine ordentliche Dokumentenstruktur aufzusetzen und die Rückfragen des Investors in einem professionellen Prozess zu beantworten.
Vollmachten: Für den abschließenden Notartermin müssen Gründer, Investoren und Bestandsgesellschafter an einem Notartermin teilnehmen bzw. sich dort vertreten lassen. Da gerade kleinere Gesellschafter wie zB Business Angels häufig nicht am Notartermin teilnehmen, sind dafür frühzeitig Vollmachten einzuholen.
Um die Abwicklung von Seed-Finanzierungen effizienter zu gestalten, können Angebote wie Seedx helfen. Insgesamt ist es entscheidend, nicht vor lauter Enthusiasmus über ein Term-Sheet die danach umzusetzenden Schritte zu vernachlässigen. Ein schlecht organisierter weiterer Prozess kann sonst zu teuren Verzögerungen oder einem Vertrauensverlust des gerade gewonnenen neuen Investors führen. Finanzierungsrunden sind komplex, und rechtliche Hürden werden dabei häufig unterschätzt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, sich frühzeitig mit den rechtlichen Aspekten auseinanderzusetzen, die richtigen Expert:innen zu konsultieren und alle Optionen sorgfältig zu prüfen. Wer dies tut, hat eine deutlich höhere Chance, seine Finanzierungsrunden erfolgreich abzuschließen.
Über den Autor
Daniel Grisar ist Rechtsanwalt bei PXR, einer auf Startups und Venture Capital spezialisierten Kanzlei. Grisar ist spezialisiert auf Gesellschaftsrecht und M&A-Transaktionen und beriet mit PXR bereits Unternehmen wie Raisin, Cosuno und Planetly.
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