#Gastbeitrag

HealthTech-Trends, die den Markt nachhaltig prägen werden

Die nächsten Jahre werden entscheidend für die Entwicklung des Health Tech-Sektors sein. Für Gründer:innen bieten sich viele Möglichkeiten, sich in einem dynamischen Umfeld zu positionieren und von den neuen Entwicklungen zu profitieren.
HealthTech-Trends, die den Markt nachhaltig prägen werden
Freitag, 20. Dezember 2024VonTeam

Die Zukunft des Gesundheitswesens liegt nicht nur in den Händen von Ärzt:innen und Krankenhäusern, sondern auch in den Algorithmen, die Daten analysieren und den digitalen Tools, die weit über Fitness-Tracker und Gesundheits-Apps hinausgehen. In den kommenden Jahren werden neue Technologien, datenbasierte Ansätze sowie eine Konsolidierung den Markt nachhaltig prägen – und damit die Art und Weise, wie wir Gesundheit verstehen und managen. Doch welche Trends sind es, die uns 2025 begleiten werden?

Konsolidierung und Fokussierung auf Profitabilität

Während die Pandemie dem Health Tech-Markt einen enormen Aufschwung bescherte, kühlte sich das Investitionsvolumen nach dem Höhepunkt 2022 vorübergehend ab. Nun zeichnet sich eine deutliche Erholung ab: Die globalen Investitions- und M&A-Aktivitäten im digitalen Gesundheitsbereich werden bis Ende 2024 voraussichtlich das Niveau von vor der Pandemie übertreffen. Die Zeichen stehen auf Konsolidierung. Allein in den letzten Monaten wurden in Europa wieder große Finanzierungsrunden abgeschlossen: So sammelte das französische Krankenversicherungs-Einhorn Alan 173 Millionen Euro in einer Series F-Runde ein, während sich das deutsche Health Tech Qualifyze 54 Millionen US-Dollar in einer Series B-Finanzierung sicherte.

Dieser Trend wird sich auch 2025 fortsetzen – die zunehmende Konsolidierung ist ein Zeichen dafür, dass Investoren stärker auf nachhaltige Geschäftsmodelle und Profitabilität achten. Unternehmen, die in der Lage sind, mit stabilen Geschäftsmodellen und innovativen Technologien zu überzeugen, rücken in den Fokus potenzieller Übernahmen. 

Regulierung als Katalysator für Innovation und Wachstum

Der stark regulierte deutsche Gesundheitsmarkt wird oft als Herausforderung wahrgenommen. Auch wenn das in 2024 in Kraft getretene Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) die Nutzung solcher Daten verbessert und eine Grundlage für eine dezentrale Dateninfrastruktur schafft, bleibt Health Tech weiterhin einer der am stärksten regulierten Märkte. Doch genau darin liegt die Chance für Startups. Denn junge Unternehmen, die sich in diesem anspruchsvollen Umfeld behaupten und trotz hoher regulatorischer Hürden erfolgreiche Geschäftsmodelle entwickeln können, gelten als besonders robust und werden für internationale Investoren zunehmend attraktiv. Der deutsche Health Tech-Markt gilt als ideale Testregion für skalierbare Innovationen, die später in andere Länder exportiert werden können. Zudem ist ein Zukauf für internationale Unternehmen oftmals leichter als ein eigenes Produkt für den deutschen Markt zu entwickeln und zu etablieren.

Personalisierung und datenbasierte Gesundheitsdienste auf dem Vormarsch

Der Einsatz digitaler Gesundheitsdienste wie Apps, Software und tragbare Geräte geht längst über die Zielgruppen von Biohackern und Spitzensportlern hinaus. Laut dem Digital Health Report von Pava möchten immer mehr Patient:innen ihre Gesundheitsdaten einfach und proaktiv tracken, um Fortschritte bei Behandlungen nachzuverfolgen, traditionelle Therapien zu ergänzen und die Wirksamkeit ihrer Gesundheitsmaßnahmen zu steigern. Obwohl die Bereitschaft zur privaten Zahlung für Gesundheitsleistungen in Europa bisher hinter den USA zurückbleibt, wächst auch hier die Akzeptanz, für Services Geld auszugeben, die über die klassischen Leistungen des Gesundheitssystems hinausgehen. Dieser Trend eröffnet Gründer:innen attraktive Monetarisierungsmöglichkeiten, insbesondere für Direct-to-Consumer-Produkte (D2C). 

Künstliche Intelligenz revolutionieren Diagnostik und Therapie

KI und maschinelles Lernen sind heute nicht mehr wegzudenken, wenn es um die Zukunft des Gesundheitswesens geht. Der Einsatz von KI im Bereich der Diagnostik ermöglicht beispielsweise eine genauere und schnellere Analyse von medizinischen Bilddaten und verbessert die Vorhersage von Krankheitsverläufen. Auch im Bereich der Arzneimittelentwicklung leistet KI wertvolle Dienste: Durch die Analyse großer Datenmengen kann der Entwicklungsprozess neuer Medikamente signifikant beschleunigt und die Erfolgsquote von klinischen Studien erhöht werden. Dies macht Startups, die auf KI setzen, zu begehrten Übernahmezielen für strategische Investoren, die ihr Portfolio durch technologische Innovationen ergänzen möchten. KI-basierte Lösungen in der Arzneimittelentwicklung und Diagnostik bieten enorme Chancen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern und personalisierte Ansätze voranzutreiben.

Telemedizin 2.0: Der nächste Schritt in der digitalen Gesundheitsversorgung

Die Entwicklung der Telemedizin geht weiter. In der ersten Welle der Digitalisierung stand die Fernbehandlung im Vordergrund, doch inzwischen entstehen umfassende digitale Gesundheitsplattformen, die weit über virtuelle Arztbesuche hinausgehen. Diese neuen Plattformen integrieren Diagnose, Therapie und Nachsorge in ein ganzheitliches Konzept und setzen verstärkt auf Technologien wie erweiterte Realität (AR), die beispielsweise in der Fernassistenz bei Operationen zum Einsatz kommen.

Ein weiterer Wachstumstreiber ist der Ausbau “digitaler Krankenhäuser”, die Patient:innen eine umfassende Versorgung anbieten können, ohne dass sie physisch anwesend sein müssen. Vor allem in ländlichen Regionen, in denen der Zugang zu medizinischen Fachkräften begrenzt ist, eröffnet dies neue Perspektiven für eine gleichwertige Gesundheitsversorgung.

Wachsender Bedarf an digitalen Lösungen für die mentale Gesundheit

Die Nachfrage nach digitalen Mental Health-Lösungen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, nicht zuletzt aufgrund der Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit der Menschen. Die Bereitschaft, für digitale Angebote im Bereich der mentalen Gesundheit zu zahlen, hat sich ebenfalls erheblich erhöht. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Investitionen wider: Laut dem Digital Health Report von Pava ist Mental Health einer der am besten finanzierten Bereiche innerhalb des digitalen Gesundheitssektors – und die Zahl der Finanzierungsrunden nimmt weiter zu. Digitale Plattformen bieten nicht nur einen niedrigschwelligen Zugang zu psychologischer Unterstützung, sondern auch Möglichkeiten für personalisierte Therapieansätze, die auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzer:innen zugeschnitten sind. Die wachsende Nachfrage nach Lösungen für die psychische Gesundheit und die attraktiven Marktaussichten wecken das Interesse für strategische und finanzielle Übernahmen, kann also durchaus attraktiv sein für Gründer:innen.

Integrative Ansätze für eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung

Ein weiterer Trend ist der verstärkte Fokus auf integrative Gesundheitslösungen, bei denen verschiedene digitale Angebote miteinander verknüpft werden. Das macht die Gesundheitsversorgung effizienter und verbessert gleichzeitig die Patientenerfahrung. Große Unternehmen setzen auf Akquisitionen, um Diagnostik, Therapie und Nachsorge zu integrieren und so eine umfassende Plattform zu schaffen, die alle Aspekte der Gesundheitsversorgung abdeckt. Vor allem US-amerikanische Firmen sehen in Europa attraktive Akquisitionsziele, um ihre Marktpräsenz auszubauen und regulatorische Hürden zu überwinden. Startups, die auf die Kombination von spezialisierten Dienstleistungen und technologischer Innovation setzen, können sich so als führende Anbieter in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt positionieren.

Fazit: Der digitale Health Tech-Markt bietet vielversprechende Perspektiven für Gründer:innen

Die nächsten Jahre werden entscheidend für die Entwicklung des Health Tech-Sektors sein. Die beschriebenen Trends zeigen, dass datenbasierte Ansätze, technologische Innovationen und regulatorische Anpassungen maßgeblich dazu beitragen, den Markt bis 2025 und darüber hinaus zu prägen. Für Gründer:innen bieten sich viele Möglichkeiten, sich in einem dynamischen Umfeld zu positionieren und von den neuen Entwicklungen zu profitieren. Wer sich auf nachhaltige Geschäftsmodelle, technologische Innovation und eine Anpassung an die regulatorischen Rahmenbedingungen konzentriert, hat gute Chancen, als Gewinner aus der aktuellen Konsolidierungsphase hervorzugehen. Gründer:innen, die einen Exit anstreben, sollten sich daher jetzt Gedanken machen: Welche Rolle spielt meine Technologie? Wie einzigartig ist sie und für wen ist sie potenziell strategisch am wertvollsten? 

Über den Autor
Kevin Kissner ist Partner und M&A-Experte im Bereich Software und Health Tech bei Pava Partners, einer der führenden europäischen M&A- und Debt-Advisory-Beratungen für dynamisch wachsende Technologieunternehmen. Er hat bereits eine Vielzahl internationaler Finanzierungsrunden und M&A-Deals im Health Tech-Sektor begleitet und zu seinen Kunden zählten Unternehmen wie Ada Health, Plusdental, Neuronation oder Nimbus Health.

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Foto (oben): Shutterstock