Von Team
Freitag, 13. Dezember 2024

Bye bye Vanity Metrics: Wie CEOs 2025 PR richtig messen

2025 wird kein Spaziergang. Die Wirtschaft schwächelt, Investor:innen werden vorsichtiger. Das heißt: Jeder Euro, der in Kommunikationskampagnen fließt, muss sitzen. Andernfalls wird es schnell ungemütlich. Ein Gastbeitrag von Nils Wigger.

Jahresende 2024 – Es ist wieder so weit: Zeit, die PR Erfolge zu feiern, oder? Nicht so schnell. Bevor die Korken knallen, lasst uns mal einen ungeschönten Blick auf eure PR Metriken werfen. Denn sind wir mal ehrlich: In Zeiten, in denen jeder Euro zweimal umgedreht wird, können wir uns keine Augenwischerei mehr leisten. 

Die Vanity-Metrics-Falle: Viel Lärm, wenig Impact

Ihr kennt das: “Wir haben 100 Millionen Leser:innen erreicht!” oder “Der Anzeigenäquivalenzwert liegt bei 500.000 Euro!” Klingt erstmal impressive, oder? Aber nach all der Schulterklopferei mal Hand aufs Herz: Was bringen euch diese Zahlen wirklich? Richtig, nada.

Fakt ist, viele Unternehmen verlassen sich immer noch auf irreführende Reichweitenzahlen oder den Anzeigenäquivalenzwert. Aber die sind weder realistisch noch geben sie wirklich Auskunft darüber, ob ihr eure individuellen Ziele erreicht habt. 

Die harte Realität: PR muss liefern

Spoiler: 2025 wird kein Spaziergang. Die Wirtschaft schwächelt, Investor:innen werden vorsichtiger. Laut einer Studie von Atomico ist das Venture-Capital-Volumen in Europa 2023 um 45 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das heißt: Jeder Euro, der in Kommunikationskampagnen fließt, muss sitzen. Andernfalls wird es schnell ungemütlich.

Aber keine Panik. Das ist eure Chance, PR endlich als das zu etablieren, was es sein sollte: ein messbarer Wertschöpfungsfaktor, der euch hilft, eure unternehmerischen Ziele zu erreichen. 

Um das zu schaffen, müsst ihr PR zielgerichtet planen und mit fixen, aber vor allem sinnvollen KPIs versehen. Doch Obacht: PR ist kein Performance Marketing. Eure Erfolge zeigen sich oft erst langfristig und sind nicht immer klar auf eine spezifische PR Maßnahme zurückzuführen. Schauen wir uns mal an, wie so eine Messung aussehen kann. 

Die Metriken, die wirklich zählen

Ein Wärmepumpen-Startup zum Beispiel generierte durch die Platzierungen rund um eine Finanzierungsrunde 40 neue Leads. Und das ist nur der Anfang: Wenn Investor:innen durch Pressebeiträge auf euch aufmerksam werden oder euer Vertriebsteam dank prominenter Medienlogos schneller Deals abschließt, wird PR zum messbaren Erfolgsfaktor. Hört sich nicht verkehrt an, oder? 

Wichtig also: Ihr solltet eure PR immer an den eigenen Zielen messen und bewerten, ob sie auf diese eingezahlt haben. Fragt euch, warum ihr mit PR angefangen habt – und ob ihr diese Ziele erreichen konntet. 

Euer Ziel war Leadgenerierung über PR? Dann schaut euch an, wie viel Websitetraffic und Leads einzelne Clippings tatsächlich generieren. Ihr wolltet Investor Awareness steigern? Dann zählt mal durch, wie viele VC Leads durch einen Artikel bei euch angeklopft haben. Oder wolltet ihr die Expert:innenpositionierung eurer Spokespeople pushen? Dann solltet ihr Interviewanfragen bekommen haben und wahrscheinlich ein erhöhtes Followerwachstum auf LinkedIn.

Um Leads tracken zu können: Fragt nach, über welchen Kanal Kund:innen oder VCs auf euch aufmerksam geworden sind. Denn gerade bei Multichannel Maßnahmen ist das oft nicht so einfach nachzuvollziehen. Tipp: Baut Medienlogos auf eure Landing Pages und in Pitch Decks ein und trackt den Unterschied in der Conversion Rate.

Das ist die Basis. Ergänzend dazu geht’s jetzt um die wichtigsten spezifischen PR Metriken. Denn die sind der Weg zum Erreichen eurer Geschäftsziele. 

Outlet Qualität 

Nicht jede Erwähnung ist gleich wertvoll. Kategorisiert eure Medien mit Blick auf eure Ziele in Tiers:

  • Tier 1: National TV, Branchenleitmedien, große überregionale Zeitungen
  • Tier 2: Fachmedien, regionale Tageszeitungen
  • Tier 3: Alles andere, kleinere Online Portale, Blogs

Ein Tier 1 Hit kann mehr wert sein als zehn Tier 3 Erwähnungen. Und was für die eine Company ein Tier 1 Medium ist, ist für die nächste vielleicht komplett irrelevant – Handelsblatt ist nicht für alle das große Ziel, für manche ist es auch die lokale Tageszeitung. 

Präsenz im Beitrag

Artikel ist nicht gleich Artikel – setzt euch ehrlich mit dem Inhalt auseinander. So könnt ihr unterscheiden:

  • Dedicated: Eure Marke oder die Spokesperson ist Hauptfokus.
  • Significant: Der Artikel enthält mehrere Botschaften über eure Marke.
  • Round-up: Eure Marke wir in einem Absatz erwähnt. 

Dreht sich der Artikel auch um Wettbewerber? Wie ihr im Vergleich dargestellt werdet, kann eine große Auswirkung auf eure Wahrnehmung bei Leser:innen haben. Auch wichtig: Wie viele Zitate gibt es im Artikel? Nur eins oder mehrere? Wenn die sitzen, könnt ihr sie auch direkt für andere Kanäle wie LinkedIn weiterverwenden – zwei Fliegen mit einer Klappe. 

Brand & Message Pull Through 

Wurde eure Kernbotschaft transportiert oder nur euer Name erwähnt? Großer Unterschied!

  • O.K.: Der Artikel enthält eine Kernbotschaft.
  • Gut: Mehrere Kernbotschaften sind im Artikel aufgegriffen – mit Kontext und durch Beispiele verstärkt.
  • Sehr gut: Euer Markenname steht sogar in der Headline. 

Tonalität

Der Ton macht die Musik. Die Stimmung in Medienerscheinungen bestimmt eure Reputation und wie ihr im Markt wahrgenommen werdet. Und der Spruch “All PR is good PR” ist gerade bei Unternehmen, die noch nicht etabliert sind, mit Vorsicht zu genießen (– Pinky Gloves lässt grüßen). 

  • Positiv: Der Beitrag ist durchweg positiv für eure Marke.
  • Neutral: Die Inhalte sind faktisch und ausgewogen.
  • Negativ: Der Artikel ist kritisch.

Backlinks

Man googelt nach eurer Company und auf Google Seite eins findet man mehrere große Artikel über euch. Das sorgt für Trust in euerer Zielgruppe. Wenn die Beiträge auch noch mit Backlinks versehen sind, gibt’s noch einen SEO Boost durch PR. Nimmt man doch gerne mit. Verlinkungen sind zwar nicht überall üblich, aber bei manchen Medienoutlets durchaus möglich. Es gibt bei den Backlinks aber eine wichtige Unterscheidung: 

  • Do-follow-Link: Treibt SEO und eure Domain Authority. 
  • Don’t-follow-Link: Treibt Traffic, aber hilft euch nicht bei der Domain Authority. 

Realistische Reichweite

Wie? Jetzt sollt ihr doch auf Reichweiten schauen? Nicht unbedingt, außer es bringt euch etwas. Das Prinzip “Reichweite” macht an mancher Stelle durchaus Sinn, z. B. wenn ihr eure Markenbekanntheit steigern wollt. Aber nicht alle Unique User, die in den Mediadaten angegeben sind, lesen alle Artikel. Deshalb haben wir eine Näherungsformel entwickelt, die euch die geschätzte Reichweite am Erscheinungstag ausspuckt. 

Ein Beispiel: Das Handelsblatt hat ca. 7.360.000 monatliche Unique User. Ein Blick auf die Daten von Medienhäusern zeigt, dass ca. 15 % davon auch täglich die Seite besuchen. Aber auch von denen lesen nicht alle jeden Artikel, logisch. Als Formel sieht das dann so aus: 

Unique User pro Monat Handelsblatt * geschätzter %-Anteil täglicher User * geschätzter %-Anteil der Leser:innen des Artikels (ist der Artikel gut sichtbar auf der Startseite 0,2 oder weniger gut sichtbar 0,05)

7.360.000 * 0,15 * 0,2 = 220.800 Leser*innen

Vergesst nicht: Das ist ein Näherungswert für die Reichweite am Erscheinungstag. Der Artikel bleibt danach oft jahrelang online und wird immer wieder geklickt. 

So wird PR Erfolg greifbar

  1. Definiert sinnvolle Ziele und KPIs. 
  2. Nutzt Tools wie Google Analytics, Meltwater oder Talkwalker.
  3. Baut ein PR Dashboard auf, das eure wichtigsten KPIs abbildet.
  4. Erstellt monatliche Reports und analysiert Trends.

Agentur-Bullsh*t-Bingo: Lasst euch nicht veräppeln!

Wenn eine Agentur nur mit Reichweiten um sich wirft, sollten eure Alarmglocken schrillen. Fordert klare, geschäftsrelevante KPIs ein. Transparenz ist kein Nice to have, sondern ein Muss.

2025 wird anders: PR als Umsatztreiber

Die gute Nachricht: Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten planen viele Unternehmen, ihre PR Budgets 2025 zu erhöhen. Eine Umfrage unter DACH Scaleups zeigt, dass 77% der Befragten ihre Marketingausgaben im kommenden Jahr steigern wollen. Eine Survey von getpress unter PR-Verantwortlichen bestätigt diesen Trend in einer Zwischenauswertung: Bei 75 % soll das Budget entweder gleich bleiben oder sogar steigen. 

Warum? Weil sie verstanden haben, dass strategische PR in Krisenzeiten Gold wert ist. Als kommunikatives Sicherheitsnetz zahlt PR nämlich nicht nur auf eine stabile Positionierung bei euren Stakeholdern ein, sondern kann euch bei krisenabhängigen Themen wie Investor:innensuche oder der Leadgenerierung langfristig supporten. 

Also Leute, hört auf, euch von glänzenden Zahlen blenden zu lassen. Fordert Transparenz, seid kritisch und lasst eure PR endlich für euch arbeiten. 2025 wird das Jahr, in dem PR vom Kostenfaktor zum Umsatztreiber wird. Seid ihr dabei?

Über den Autor
Nils Wigger ist COO bei getpress, einer der führenden PR Agenturen für Scaleups im DACH Raum. Im Gegensatz zu klassischen Agenturen arbeitet getpress KPI-getrieben, transparent und entlang eines erprobten, journalistischen PR Prozesses. Mehr als 400 Unternehmen konnte das Team schon erfolgreich in der Presse positionieren, darunter Enpal, Komoot, Appinio oder die HUK. Die Vision: Innovation in Europa vorantreiben, indem sie disruptive Ideen in starke Geschichten verwandeln. Nils blickt auf zehn Jahre PR Erfahrung zurück. Er arbeitete schon auf Agenturseite und Unternehmensseite: z.B. als Pressesprecher beim Hidden Champion Wago, dem Luftfahrtverband BDL und dem Automobilzulieferer Brose.

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Foto (oben): Shutterstock