Von Team
Dienstag, 5. November 2024

Führen statt Kontrollieren: Der Weg aus der Mikromanagement-Falle

Mikromanagement ist die Tendenz, jede kleine Aufgabe und jedes Detail in der Arbeit deines Teams genau zu kontrollieren. Du mischst dich ständig ein, weil du Angst hast, dass ohne deine Anleitung etwas schiefgehen könnte. Ein Gastbeitrag von Dorothea von Wichert-Nick.

Als Gründer:in bist du von Anfang an in jeden Aspekt deines Startups involviert – von der ersten Produktidee bis hin zu Marketing, Vertrieb und Teamaufbau. Du hast jede Entscheidung selbst getroffen und den Erfolg deines Unternehmens auf deinen Schultern getragen. Doch mit dem Wachstum deines Unternehmens ändert sich deine Rolle. Du musst Aufgaben abgeben, um dich auf das Wesentliche zu konzentrieren – Strategie, Wachstum, Vision. Doch hier beginnt die Herausforderung: Wie schaffst du es, die Verantwortung abzugeben und dein Team eigenständig arbeiten zu lassen, ohne das Gefühl zu haben, die Kontrolle zu verlieren? Viele Gründer:innen geraten an diesem Punkt in die Mikromanagement-Falle. Du möchtest loslassen, aber sobald etwas nicht nach Plan läuft, fühlst du dich gezwungen, einzugreifen und alle Fäden wieder in die Hand zu nehmen. Und genau das sollte nicht passieren.

Was ist Mikromanagement eigentlich?

Mikromanagement ist die Tendenz, jede kleine Aufgabe und jedes Detail in der Arbeit deines Teams genau zu kontrollieren. Du mischst dich ständig ein, weil du Angst hast, dass ohne deine Anleitung etwas schiefgehen könnte. Als Mikromanager:in bist du immer präsent – oft so sehr, dass du deinem Team keinen Raum für eigene Entscheidungen lässt. Du gibst ihnen nicht die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, weil du alles selbst im Griff haben willst.

Aus meiner Erfahrung als Coach weiß ich, dass viele Gründer:innen oft gar nicht merken, dass sie in diese Rolle rutschen. Schließlich sind sie es gewohnt, dass ihr Erfolg von ihrem eigenen Engagement abhängt. Aber Mikromanagement hat seinen Preis: Es bremst das Team aus, demotiviert es und führt dazu, dass niemand wirklich Verantwortung übernimmt, denn am Ende wird es vom Management sowieso kontrolliert. Wenn ein Team nur noch Probleme auf den Tisch legt anstatt Lösungen, ist es bereits zu spät. Du ertrinkst in Aufgaben und hast keine Zeit mehr für strategisches Denken. Kurz gesagt: Du wirst zum Bottleneck deines eigenen Unternehmens.

Hier kommen ein paar typische Anzeichen, dass du ins Mikromanagement abrutschst:

  • Du überprüfst ständig die Arbeit deines Teams und gibst unaufgefordert Feedback, selbst bei kleineren Aufgaben.
  • Du hast das Gefühl, dass ohne deine Einmischung nichts läuft – und oft stimmt das dann sogar.
  • Du hast keine Zeit mehr für langfristige Planungen, weil du dich nur noch um operative Details kümmerst.
  • Dein Team ist unmotiviert oder traut sich nicht, eigene Entscheidungen zu treffen.

Ein solches Verhalten führt langfristig zur Erschöpfung – von dir und deinem Team. Denn du kannst nicht alles kontrollieren. 

Zu viel Freiraum ist auch keine Lösung

Manche Führungskräfte gehen ins andere Extrem und führen mit zu langer Leine. Sie vertrauen ihrem Team, übergeben große Projekte, ohne sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden dafür wirklich bereit sind. Die Botschaft: “Du schaffst das schon!”

Doch dabei verlieren sie oft den Überblick und merken nicht, wenn ihr Team überfordert ist. Das Ergebnis: Das Projekt läuft aus dem Ruder, und die Führungskraft muss wieder eingreifen – und landet damit wieder im Mikromanagement. Spätestens, wenn es wiederholte Qualitätsprobleme gibt und Mitarbeitende überlastet sind, gilt es deine Führungsstrategie zu überdenken. Zu viel Freiraum ist im Gegensatz zu Mikromanagement nämlich auch keine Lösung.

Der Schlüssel zur Balance: Vertrauen und klare Strukturen

Der Ausweg aus der Mikromanagement-Falle liegt in der Balance zwischen Vertrauen und Führung. Vertrauen bedeutet nicht, dass du dich komplett zurückziehen musst und dein Team allein lässt. Du musst lernen, Aufgaben abzugeben, ohne das Ergebnis aus den Augen zu verlieren. Schaffe klare Strukturen. Setze Erwartungen, definiere Meilensteine und lass deinem Team Raum, selbst zu entscheiden, wie es diese erreicht. Regelmäßige Check-ins statt ständiger Kontrolle helfen dir, den Überblick zu behalten. So bist du informiert, ohne jede Kleinigkeit steuern zu müssen. Schenke deinen Mitarbeitenden das Vertrauen, dass sie auch ohne deine Einmischung erfolgreich sind.

Das Ergebnis: höhere Motivation und bessere Ergebnisse.

5 Schritte, um der Mikromanagement-Falle zu entgehen

Zum Schluss möchte ich dir fünf konkrete Schritte an die Hand geben, die dir helfen, gar nicht erst in die Mikromanagement-Falle zu tappen:

  • Verstehe die Stärken und Schwächen deines Teams: Setze die richtigen Leute für die richtigen Aufgaben ein. Wenn du weißt, wo ihre Stärken liegen, fällt es dir leichter, Aufgaben abzugeben.
  • Kommuniziere klare Ziele und Erwartungen: Dein Team braucht klare Orientierung. Definiere das “Was”, aber nicht das “Wie”. Gib ihnen die Freiheit, selbst herauszufinden, wie sie die Ziele erreichen.
  • Check-ins statt Kontrolle: Implementiere regelmäßige Check-ins, um den Fortschritt zu verfolgen. Das gibt dir die Sicherheit, dass alles auf Kurs ist, ohne dass du dich in die Details einmischst.
  • Gib deinem Team die nötigen Ressourcen: Damit dein Team erfolgreich sein kann, braucht es die richtigen Werkzeuge, Schulungen und Unterstützung. Das kann auch ein externer Coach sein.
  • Lerne, loszulassen: Akzeptiere, dass einige Dinge anders gemacht werden, als du es vielleicht tun würdest. Konzentriere dich auf das Ergebnis und vertraue deinem Team, dass es den besten Weg findet.

Nur so schaffst du ein Umfeld, in dem dein Team Verantwortung übernimmt und du dich auf das Wesentliche konzentrieren kannst: die Weiterentwicklung deines Startups.

Über die Autorin
Dorothea von Wichert-Nick widmet sich nach einer äußerst erfolgreichen Karriere in der Geschäftsführung digitaler Beratungsunternehmen (u.a. AltmanSolon, etventure, affilinet) der Förderung von erfahrenen Führungskräften. In einer herausfordernden Zeit für Startups und Gründer unterstützt sie mit ihrem Unternehmen volate ihre Klienten dabei, neue Perspektiven zu entwickeln und ihre Führungsfähigkeiten an die sich ständig wandelnden Anforderungen anzupassen. Seit der Gründung von volate vor fünf Jahren hat sie mehr als 160 Gründer und Gründerteams begleitet.

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Foto (oben): Shutterstock