#Interview

“Um an die Spitze zu kommen, braucht man viel hartes Training”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Ich betreibe mizaru nebenberuflich, daher sind viele Prozesse automatisiert. Morgens überprüfe ich, ob neue Bestellungen eingegangen sind, und automatisch wird die DHL-Sendungsnummer gesendet", sagt Gründer Samuel Ernst.
“Um an die Spitze zu kommen, braucht man viel hartes Training”
Freitag, 11. Oktober 2024VonAlexander Hüsing

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Samuel Ernst, Gründer von mizaru. Das Startup vertreibt ein Elektrolytpulver, mit dem er die “Lifestyle Szene revolutionieren” möchte.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Die Idee zu mizaru entstand auf einer Poolparty, aber der Startup-Alltag ist leider keine Party mehr. Ich betreibe mizaru nebenberuflich, daher sind viele Prozesse automatisiert. Morgens überprüfe ich, ob neue Bestellungen eingegangen sind, und automatisch wird die DHL-Sendungsnummer an die Kunden gesendet. Unser Partner verschickt die Pakete. Ich organisiere mich optimal mit “Time-Boxing”. Als Gründer muss man auch abends und am Wochenende arbeiten, was Verständnis von Familie und Freunden erfordert.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Sport hilft mir sehr. Musik hören oder einfach mit meinem Kleinen auf den Spielplatz gehen. Außerdem versuche ich, die erste Stunde nach dem Aufstehen und vor dem Schlafengehen keine Screen-Time zu haben. Einfach mal das iPhone ausmachen :).

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Es ist wie Leistungssport. Um an die Spitze zu kommen, braucht man viel hartes Training, Zeit, Durchhaltevermögen und Glück.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Rechtlich sollte dein Startup von Tag 1 an sauber dastehen. Ein hands-on Steuerberater hilft. In unserem Fall war auch ein Top-Anwalt für Lebensmittel- und Markenrecht wichtig. Viel wichtiger ist jedoch, den Leitsatz zu verinnerlichen: “Don’t run out of cash, trust, or time!”

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Am Anfang habe ich viele Dinge selbst gemacht. Schnelleres Prototyping wäre schön gewesen, aber Deutschland ist stark reguliert. Es ist wichtiger, das mizaru-Produkt ständig weiterzuentwickeln. Christian Steiger, CEO von Lexware, bringt es treffend auf den Punkt: “Du darfst dich nicht in dein eigenes Produkt verlieben.”

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Zurzeit haben wir noch keine festen Mitarbeiter. Es gibt jedoch Interesse im Bekanntenkreis, mit mizaru durchzustarten, sobald ein strategischer Investor einsteigt. Mitarbeiter sollten kulturell zum Startup passen und die Vision von mizaru teilen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Einfach machen, wie Nike sagt: “Just Do It.” Es gibt oft nicht das perfekte Produkt oder die perfekte Dienstleistung. Zu viel Perfektionismus kann jedes Startup töten. Die 80/20-Regel (Pareto-Prinzip) hilft: Schnelles Prototyping und Iterieren sind wichtig.

Ohne welches externes Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Wir haben eine first Cloud-First-Strategie (wie Salesforce) und vertrauen auf Lexware, Shopware, amazon, DHL und Google Cloud. Jede Bestellung wird automatisiert erfasst. Zudem setzen wir auf KI, um z.B. Belege schnell zu erfassen und zu verbuchen. Über Instagram und Google bespielen wir B2C-Kunden mit Kampagnen, und LinkedIn dient als B2B-Kommunikationskanal. Das Startup ist extrem agil aufgestellt.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Als Ein-Mann-GmbH gebe ich alles dafür, dass der Spaß nicht zu kurz kommt. Wenn wir auf Festivals mit freien Mitarbeitern sind, geben wir als Team alles, haben Spaß zusammen und gehen z.B. nach der Arbeit lecker Essen und anschließend Feiern. Ich bin auch Segler, und ein Team sollte wie eine Segelcrew sein. Der Skipper gibt vor, wohin das Schiff segeln soll, aber ohne sein Team ist er verloren.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Zweimal hat die Produktionsfirma von “Die Höhle der Löwen” uns kontaktiert, ob wir ein möglicher Fit für die Staffel sind. Das war 2019 und 2020. Da macht man sich als Startup komplett nackig. Leider haben wir den Zuschlag für die Staffeln 7 und 9 nicht erhalten. Die Jury hat auf ein anderes Nahrungsergänzungsmittel gesetzt. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja nochmals die Chance. Alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): mizaru, Katrin_Hoffmann

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.